Wir haben November. Nicht Weihnachten. NOveihnachten. Das Kunstwort, das mir heute auf dem Weg durch die Stadt eingefallen ist und auf das ich auch recht stolz bin (Google Suche sagt, dass es das noch nicht gibt), befasst sich mit dem übergreifenden Weihnachtswahnsinn, noch bevor der Spaß eigentlich beginnt. Heute berichte ich euch von der Festzeit Noveihnachten.
Trier. Oh Tannenbaum, Oh Tannenbaum, wie gern will ich ins Schaufenster schauen. Das schwirrt einem durch den Kopf, wenn man aktuell in den Straßen von Trier einkaufen geht. Schon recht skurril das Ganze. Ein Schaufenster zeigt Halloween Deko, in einem anderen huscht eine Dekorateurin durch die Gegend und zieht der Schaufensterpuppe das Drindl aus, nur um es in ein sexy Weihnachtsfraukostüm zu stecken.
Klar, Weihnachten hat schon seltsame Züge angenommen und die Grenzen zwischen Kitsch und Tradition werden immer fließender. Aber darum geht es mir gar nicht, denn ich mag den offensichtlichen Kitsch. Mir geht es eher um den Frühstarter aller Feste: Noveihnachten.
Ich weiß ja nicht ob der Kalender der Kaufhäuser einen Monat Vor geht, aber mein Laptop sagt mir, dass wir Anfang November haben und noch nicht Dezember. Das heißt: wir eifern schon jetzt, acht Wochen vor dem eigentlichen Fest, Weihnachten entgegen. Oder sollen es zumindest… Natürlich ist mir klar, dass dies eine rein kommerzielle Geschichte ist, um dieses Fest in den Kaufhäusern möglichst lange aufleben zu lassen.
Mir ist bewusst, dass es kein rein trierisches Phänomen ist und es allen Städten in Deutschland so abläuft. Dennoch wirkt es irgendwie falsch, wenn schon rotleuchtende Lichterketten zwischen den Häusern aufgespannt sind, wobei noch nicht mal der Weihnachtsmarkt steht. Dieser eröffnet nämlich auch erst in etwa drei Wochen. Ab da könnte man auch schon von der eigentlichen Weihnachtszeit sprechen, denn dann wird jede Woche eine weitere Kerze angezündet.
Die Sehnsucht des Konsumenten nach einem warmen und familiären Fest ist total nachvollziehbar, denn der November ist ja auch schon recht kalt und trist. Aber zwischen jetzt und Weihnachten liegen noch St. Martin und Nikolaus (und vielleicht noch der eine oder andere christliche Feiertag, den ich nicht kenne). Wir haben schon Halloween, den Valentinstag und zum Teil auch schon den St. Patricksday aus den USA importiert. Vielleicht sollten wir das auch mit Thanksgiving machen. Denn bei den Amerikanern gibt es kein Noveihnachten. Die freuen sich jetzt schon auf Truthahn und Superbowl.
Ja, das wird es sein. Den Deutschen mangelt es an kommerziellen Festen für die kalte Zeit. Wir sind dazu gezwungen Weihnachten in eine unglaubliche Länge zu ziehen, die ein Sechstel des Jahres einnimmt. Wenn es draußen kalt und dunkel wird, ist es nicht verwunderlich das wir Trierer uns nach Weihnachten sehnen. Etwas festliche Stimmung kann vielleicht nicht schaden. Am besten geht man mal raus und genehmigt sich einen November Glühwein, bis wir ein Fest haben, das die Lücke zwischen Oktoberfest und Weihnachten ausfüllt. Bis dahin feiern wir weiter nix halbes und nix ganzes und überbrücken damit diese Zeit, die sich weder wie Herbst noch wie Winter anfühlt. Ein frohes Misch-Masch der Feste. Ein frohes Noveihnachten.
Raphael Wlotzki
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