Am Freitagabend fand zum 1. Mal das neue HipHop Festival „Under the Ground” im Mergener Hof statt. Sechs verschiedene Acts trainierten die Nackenmuskulatur der Freunde des gepflegten Kopfnickens. Es bleibt zu hoffen, dass es nicht beim einen Mal bleibt. Die Ticketnachfrage war zumindest ausbaufähig.
Trier. Die Vorfreude der Interessierten ist groß. Sowohl regionale HipHop-Größen als auch bundesweit Bekannte aus der Szene stehen auf dem Veranstaltungsplakat. Der Timetable sieht ungewöhnlich aus. Damion Davis, der wahrscheinlich Bekannteste aus der Reihe, tritt schon als zweiter Rapper des Abends auf. Warum das so ist, wird er später noch erklären.
Eingeleitet wird der Abend durch Styles mit Tiefgang – kurz SMT – der eine noch sehr überschaubare Gruppe zur Bühne lockt. Auf überzeugenden Beats, mit „Snares, fein wie Kaschmir“, gibt er lautstark tatsächlich Texte zum Besten, die einen ins Grübeln bringen können. Wer aber meint, dass sein Auftritt deswegen bedächtig ist, liegt falsch. Die kleine Gruppe, die SMT gegenüber steht, geht voll mit seiner kräftigen Stimme mit.
Danach folgt nach nur kurzem Umbau schon besagter Damion Davis, ein leidenschaftlicher Vertreter der HipHop-Subkultur. Nicht nur als Sprechsänger, auch als Writer macht er sich seit der Jahrtausendwende einen Namen. Doch auch außerhalb der Musikbranche ist er aktiv. Regie, Kamera, Schauspiel – ein echtes Multitalent. An diesem Abend beschränkt er sich aber auf sein umfangreiches Können am Mikrofon.
So langsam werden die Lücken in der Miez kleiner. Und jeder, der bis dato noch nicht erschienen ist, wird nach Schilderung der Zeugen des Auftritts sich schwarz ärgern. Davis legt los wie eine Rakete, ist häufiger außerhalb als auf der Bühne. Man merkt ihm seine Liebe zum HipHop an, zur Aufmerksamkeit, zur Unterhaltung. Auch heute ist er nicht nur der Rapper, er spricht auch ein Gedicht voller Wortspielerei im Stile von „Spoken Word“, einem Genre ähnlich dem Poetry Slam.
Doch nicht nur feinsinnig performt er die Kunst der Worte, mit seiner großartigen Stimme könnte er problemlos als Leadsänger einer Metal-Band einen weiteren Karrierezweig aufmachen. Die Bühne bezeichnet er als sein Spielzimmer, was er in jeder Stadt zu Verfügung gestellt bekommt – für ihn ein Traum. Dort hinein lässt er auch seine Zuhörer, indem er diese auf die Bühne schickt, während er die Tanzfläche fast komplett für sich alleine hat. Man braucht eben auch mal Perspektivwechsel. Es ist schade, dass Davis‘ Energie schon um 21:40 Uhr vorbei ist, doch er muss seinen Zug erwischen. Denn sein Sohn wartet in der Hauptstadt darauf, am nächsten Tag mit seinem Vater den 8. Geburtstag zu feiern. So wird ihm dann der frühe Abgang verziehen.
Große Fußstapfen hinterlässt der Ost-Berliner, die Wosko ausfüllen darf. Es rächt sich das frühe Auftreten von Davis ein wenig, passt die teils düstere Atmosphäre des Rappers zunächst nicht so wirklich ins Programm. Auch die Technik und ein Texthänger machen den Einstieg schwer. Doch je länger der Auftritt dauert, desto mehr kommt Wosko rein. Und mit ihm dann auch wieder die Zuschauer, nachdem es zwischenzeitlich wieder recht kahl vor der Bühne wurde. Er zeigt Körpereinsatz, wirft sich auf die Bühne als der Text es hergibt. Mit seinem letzten Lied wandelt er „Deine Mudda“-Sprüche zu etwas Positivem, eine witzige und kreative Idee, die er zudem raptechnisch sehr gut darbietet. Auch er bekommt am Ende trotz der Startschwierigkeiten seinen verdienten Applaus.
Es folgt der letzte Lokalmatador des Abends. DMO trat erst im März in der Miez als Support von Dexter auf. Man hört, dass er seine Anhänger mobilisiert hat, die teilweise seine Parts für ihn singen. Er sei ein Live-, kein Studio-MC, sagt er von sich. Ersteres kann man definitiv bestätigen, seine Artikulation und Technik klingen blitzsauber. Die Beats sind eher chillig, sodass es in der Crowd nicht ganz so wild zugeht. Doch DMOs Enthusiasmus steckt die Menschen an, es ist eine Freude ihm zuzusehen und –hören.
Um den Namen der Veranstaltung schließlich alle Ehre zu machen, tritt Rapper Eloquent auf. Sein Stil repräsentiert an diesem Abend den deutschen Untergrund mit Abstand am meisten. Fast jede Silbe wird prägnant ins Mikro gespuckt, ein wahres Silbengewitter. Leider hat er nicht seinen besten Tag, Textausfälle in gleich mehreren Songs überraschen. Der Stimmung der mittlerweile etwa halbvollen, begeisterten Miez tut das aber keinen Abbruch. Dabei hilft ihm sein DJ Saje, ein Meister an den Turntables.
Das Ende läutet dann FloFilz ein, ebenfalls ein Mann, der hinter den Plattentellern steht. Er lässt mit HipHop- und Funk-Beats den Abend würdig ausklingen. Das Festival wirkt gut vorbereitet, die Pausen zwischen den Auftritten sind kurz, die Abläufe stimmen großteils. Einer von vielen Gründen, UNDER(the)GROUND hoffentlich ein weiteres Mal zu organisieren. Dann idealerweise auch mit dem Zuspruch, der ihm gebührt.
friederike koltes meint
Jau, weiter so