Wenn es um Aufstiegskandidaten in der Regionalliga geht, stand vor der Saison der Wuppertaler SV auf den Zetteln der meisten Experten. Doch nach den ersten Monaten liegen die Bergischen bereits 21 Punkte hinter den Sportfreunden Lotte. Am Samstag tritt der einstige Titelfavorit bei Eintracht Trier an (14 Uhr). 5vier.de sprach vorher mit Trainer Hans-Günter Bruns.
Ein Jahr lang eine Mannschaft hautnah zu begleiten, aus einer Box mit Gummibärchen bei Poker-Abenden der Spieler naschen zu dürfen und bei Kabinenansprachen einen Blick durch das Schlüsselloch werfen zu können, ist eine echte Meisterleistung. Das Fußballmagazin 11Freunde hat das im Jahr 2009 geschafft, bei Rot-Weiß Oberhausen. Dort wird die Geschichte erzählt, wie der Traditionsverein vom Niederrhein mit einem Mini-Etat aus der Oberliga bis in die 2. Bundesliga durchmarschierte, wo er mit Teamgeist und Herz sogar das kleine Wunder vom Klassenerhalt vollbrachte.
Wenn Hans-Günter Bruns an die Jahre zurückdenkt, lächelt er entspannt. Der 57-Jährige war damals der Architekt des „Geistes von Oberhausen“, indem er als Trainer und später als Manager eine Elf bastelte, die mit ihrer kraftvollen Harmonie und Malochermentalität ganz Fußball-Deutschland über Jahre hinweg erstaunte. Als „Buddha“ wurde die Rolle des Fußball-Lehrers in Oberhausen gewürdigt, die er mit stoischer Ruhe und väterlicher Umsicht ausfüllte.
Auf der Suche nach dem „Geist von Oberhausen“
Beim Wuppertaler SV fehlt Hans-Günter Bruns in seinen ersten Wochen noch dieser „Geist von Oberhausen“. Ihn auch den Bergischen einzuhauchen, ist sein großes Ziel. Am 22. September übernahm der vierfache Nationalspieler und frühere Bundesligaprofi von Borussia Mönchengladbach das Trainer-Amt beim WSV, wo es nach der Entlassung von Karsten Hutwelker kräftig rumorte. Schwer wog der Frust, den Zug zur 3. Liga am Horizont davoneilen zu sehen, obwohl das gelöste Ticket für die erwünschte Fahrt im Vergleich zu den Kosten der Liga-Konkurrenz deutlich teurer war. In Wuppertal wurde im Sommer mächtig aufgerüstet, wie so oft in der Vergangenheit, 15 Spieler wurden angelockt, Experten hatten den Klub aus der Schwebebahn-Stadt als klaren Meisterschaftsfavoriten auf dem Zettel. Doch nun liegt der Klub 21 Punkte hinter Tabellenführer Sportfreunde Lotte. Der Aufstiegszug scheint abgefahren.
Bruns soll nun einen neuen Weg einschlagen. Die Enttäuschung des Umfelds erlebte er bei seinem 1:4-Debüt bei Bochum II, wo Fans den Platz stürmen wollten. „Die Saison steht unter keinem guten Stern“, weiß der Trainer-Guru. Dafür macht er zwei Gründe verantwortlich. „Die Liste der Ausfälle ist lang“, weist er auf Verletzungen von Stefan Lorenz, Dennis Brinkmann, Björn Weikl, Benjamin Baltes und Jerome Assauer hin. „Alles andere als optimal“ ist für Bruns auch die Zusammenstellung des Kaders. „Vermeintlich gute Namen machen noch keine Mannschaft. Hier wurden vermeintlich namhafte Spieler verpflichtet, aber bei vielen ist nur noch der Name übrig geblieben.“ Bruns fehlt es an Leidenschaft, an Mentalität. „Ich verzichte bei Fußballern lieber auf die spielerische Qualität und habe dafür einen Spieler, der menschlich top ist. Das ist eine Stärke, die sich auf die ganze Mannschaft auswirkt.“ Das Beispiel hat er in Oberhausen erlebt. Dort gab es Poker-Abende. Und Gummibärchen. „Die Erfolge haben wir nicht gefeiert, weil wir so unglaublich stark waren, sondern weil Moral und Leidenschaft uns getragen haben“, sagt Bruns.
Experimente beim Traditionsverein
Der „Buddha“ will so die Klassenreform nutzen, um behutsam eine Mannschaft nach seinen Vorstellungen zu formen. „Wir wollen Pflöcke einsetzen im Hinblick auf die neue Saison.“ Experimente stehen auf der Tagesordnung, taktisch mit dem von Bruns so geschätzten 3-5-2-System, personell mit dem Einsatz junger Spieler, im Winter mit einigen Transfers als weiteren Mosaiksteinchen. Mit Christoph Semmler kam ein neuer Torwart, der unter Bruns schon in Oberhausen zwischen den Pfosten stand. Leistungsträger wie Torjäger Christian Knappmann (12 Treffer) und Tom Moosmayer (früher Emden, RW Ahlen) bilden ein starkes Gerüst. Bleibt die Frage, ob Präsident Friedhelm Runge den Weg unterstützt. Der langjährige Geldgeber steht mit seinem Ehrgeiz für die Erwartungshaltung in Wuppertal, wo von 1972 bis 1975 Bundesliga gespielt wurde. „Ihm war klar, wofür ich stehe“, glaubt Bruns an die Rückendeckung.
„Trier steht tiefer als Lotte“
Gleichzeitig will der Trainer aber nicht nur für einen neuen „Geist“ am Zoo sorgen, sondern auch Punkte einfahren. Auch im Trierer Moselstadion, wo Bruns noch nie war, obwohl er seit 1973 als Spieler oder Trainer im Fußballgeschäft ist. „Das ist ein neues Fähnchen, das ich auf der Landkarte einstecken kann“, lacht er. Die Eintracht beobachtete er beim 1:1 in Bochum, nur einen Tag, nachdem Wuppertal Lotte unglücklich mit 1:3 unterlegen war. „Trier steht tiefer und ist schneller hinter dem Ball. Lotte geht hingegen offensiver zur Sache, stört früher und hat dann kürzere Wege zum Tor, wodurch sie vielleicht schon mehr Treffer geschossen haben“, war sein Eindruck im Vergleich der Titelkandidaten. Trotzdem schwärmt er von den spielerischen Mitteln von Eintracht Trier, die er vor dem Auftritt seiner Mannschaft aber nicht zu hoch hängen will. „Mir ist es egal, ob wir in Idar-Oberstein oder Trier spielen. Wir wollen eigene Akzente setzen und uns auf keinen Fall verstecken.“
+++++Gewinnspiel+++++
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