In der A-Jugend der Eintracht begann seine Fußballkarriere in Deutschland, gute 15 Jahre später kehrte der Deutsch-Nigerianer Amodou Abdullei wieder zum Verein zurück. Obwohl aktuell weder Spiel- noch Trainingsbetrieb in Gruppen erlaubt ist, treffen wir den Stürmer frisch geduscht, nachdem er alleine in Krettnach trainiert hat. Die Einschränkungen lassen die Frohnatur offenbar die Laune nicht verderben.
5vier.de: Hallo Amodou. Aktuell darf die Mannschaft nicht gemeinsam trainieren. Wie hälst du dich fit?
Abdullei: Ich trainiere jeden Tag, schon nach dem Aufstehen. Wenn ich nichts für meinen Körper mache, werde ich unruhig. Eben habe ich an meiner Technik gearbeitet, morgen werde ich auf den Beachvolleyballplätzen auf dem Petrisberg Laufeinheiten einlegen. Jeden Tag mache ich etwas anderes.
Denkst du, dass deine Fitness in diesem Kalenderjahr überhaupt noch eingesetzt werden kann?
Im Moment glaube ich nicht, dass wir dieses Jahr noch spielen werden. Aber ich möchte immer bereit sein, falls es doch noch etwas wird.
Ob dieses Jahr noch gespielt wird?
Bist du denn in während der Kontaktbeschränkungen anderweitig im Austausch mit deinen Mitspielern?
Wir schreiben hin und wieder in unserer Gruppe. Oder auch auf Instagram. Einfach wie es uns geht. Jeder ist mit was anderem beschäftigt.
Du bist ja einer der wenigen Neuzugänge im Team. Konntest du dich schnell einfinden?
Ja, es sind tolle Jungs. Ich bin super glücklich, dass ich wieder zu Hause bin. Jeder ist voll motiviert. Dieses Jahr ist unser Jahr. Wir müssen raus aus der Liga. Das spüre ich bei den anderen und beim Trainerteam. Es ist eine wundervolle Zeit im Moment.
Nun hat aber die Eintracht ein besonderes Stürmer-Problem: Mit dir und Jan Brandscheid gibt es zwei sehr erfolgreiche Torjäger, aber das System von Trainer Josef Cinar sieht häufig nur einen Stürmer vor. Zusammen auf dem Feld standet ihr nur selten. Wenn das aber der Fall war, wirkte nicht jede Situation immer besonders selbstlos. Ist die Konkurrenz ein Problem für die Atmosphäre?
Jan und ich haben keine Konkurrenz im Team, wir gehen ganz normal miteinander um, wie mit anderen auch. Ich bin in diesem Geschäft seit ich in Deutschland lebe und habe viel erlebt. Ein Trainer entscheidet alleine, wer spielt. Ich habe über die Jahre gelernt, dass es egal ist, ob man mit einem, zwei oder drei Stürmern spielt. Ich bin immer mental bereit. Natürlich möchte jeder Spieler auch spielen. Aber es gibt keinen Streit oder eine Unzufriedenheit.
Wenn ich in der Startelf stehe, möchte ich alles für die Mannschaft geben. Wenn ich erst eingewechselt werde, ist es genauso. Ich nutze jede Zeit, jede Möglichkeit, auch wenn es nur 15 Minuten sind. Ich spiele und arbeite für die Mannschaft, egal wie. An Konkurrenz will ich dabei nicht denken.
Abdullei denkt schon lange an die Zeit nach der Fußballkarriere
Du sprichst an, dass du schon viele Jahre im Fußballgeschäft bist. Wie sehen deine Pläne danach aus?
Seit 5 Jahren baue ich mir andere Standbeine auf. Ich bin bereits aktiv als Scout und Berater. In Nigeria habe ich eine Akademie gegründet. So kann ich nicht vom Karriereende überrascht werden. Vielleicht werde ich auch irgendwann als Trainer arbeiten. Außerdem habe ich ein Studio aufgebaut, Skala-Records.
Das heißt, du möchtest auch langfristig in Trier leben bleiben?
Ich reise zwar sehr gern. Das muss ich auch für das Scouten. Aber ich bin wieder zurück in meiner Stadt, hier möchte ich mir was aufbauen. Der Skala-Club am Stockplatz wäre seit Frühjahr bereit zu öffnen, wegen Corona ging das aber noch nicht.
Dein Spitzname Skala scheint dir sehr wichtig zu sein, wenn er Namensgeber deiner Projekte ist. Woher kommt er?
Den habe ich schon in Nigeria bekommen. Meine Art Fußball zu spielen und meine Mentalität hat viele an eine nigerianische Fußballlegende erinnert, dessen Spitzname auch Skala war. Sogar meine Mutter ruft mich so. (grinst)
Mama und Papa Abdullei waren noch nie zu Besuch
Ist sie auch fußballinteressiert?
Ja, total. Sie ist Fan! Meine Mutter ist meine Inspiration. Sie sagt mir auch immer, dass es ein harter Job ist. „Don’t relax“ sagt sie mir ständig. Das Motto habe ich überall mit hingenommen.
Lebt deine Familie noch in Nigeria?
Ja, tun sie. Sie waren leider noch nie in Deutschland. Ich plane, dass sie nächstes Jahr hier hinkommen können. Meine Eltern sind noch sehr gesund. Ich möchte mit ihnen zusammen den Aufstieg mit Eintracht-Trier feiern. (grinst)
Um aufzusteigen, müsst ihr auch deinen Ex-Verein TuS Koblenz hinter euch lassen. Du hast dort sehr ordentliche Statistiken aufgelegt. Warum bist du wieder nach Trier gewechselt?
Der Grund des Wechsels war die Pendelei. Anderthalb Jahre bin ich immer von Trier nach Koblenz gefahren. Das war sehr anstrengend, schon zu den Hinfahrten war ich oft müde. Nach dem Training kam ich oft nachts nach Hause.
Aber sonst war das alles in Ordnung. Ich liebe den Verein, der Verein liebt mich, ich liebe die Fans…
Amodou Abdullei liebt sie alle
…Bist du sicher, dass du das als jetziger Eintracht-Spieler öffentlich sagen möchtest?
(Lacht laut, setzt neu an) Ich liebe die Trierer Fans, wirklich. Ich war schon überrascht, wie gut sie zu mir waren, auch wenn ich gegen sie gespielt und Tore gemacht habe. Sie haben mich ja immer danach in der Stadt gesehen, aber waren immer freundlich. Auch auf dem Platz wurde ich nie ausgebuht oder ähnliches. Sie sind grandios, ich liebe sie.
Du liebst also sowohl Koblenz als deinen Ex-Verein, als auch Trier als deinen Ex-Ex-Verein. Kannst du das über jeden Club sagen, für den du aktiv warst? Du hast in deiner Laufbahn extrem oft gewechselt. Das könnte ein Zeichen dafür sein, dass du oft nicht klarkamst oder dass du ein schwieriger Charakter bist.
Nein, alles gut. Egal bei welchem Verein ich anklopfen würde, ich wäre willkommen. Die Gründe für die Wechsel waren immer andere. Das ist Fußball. Nach meiner Jugendzeit bei Trier bin ich nach Ulm in die 3. Liga. Danach war ich fast schon wieder zur Eintracht. Unter Mario Basler war ich mit in der Vorbereitung. Aber dann hat doch ein anderer Stürmer unterschrieben, deswegen kam es nicht zur Rückkehr.
Ich bin dann nach England zu verschiedenen Probetrainings. Bei FC Blackpool, Brighton, Wycombe Wanderers. Da hatte ich Pech. Zweimal wurde der jeweilige Trainer an dem Tag entlassen, als ich einen Vertrag unterschreiben wollte. Dann bin ich nach Belgien gegangen, nach einem Jahr ging der Verein aber insolvent. Ein Jahr war ich wegen eines Kreuzbandrisses nicht aktiv.
Nach Zypern bin ich später gewechselt, da hatte ich ein gutes Angebot erhalten. Aber wegen meiner Tochter bin ich wieder zurückgekommen.
Viele und sehr gute Trainer erlebt
Du hast also sehr viele Trainer erlebt. In deiner Anfangszeit hast du in Ulm gleich zwei Männer kennengelernt, die heute zu den Besten ihrer Zunft gehören: Markus Gisdol (heute FC Köln) und Markus Sorg (Co-Trainer Nationalmannschaft). Waren sie die Besten, die du erleben durftest?
Sorg hat mir meinen ersten Vertrag in Ulm gegeben, bevor er entlassen wurde. Gisdol war sicher einer der Besten. Sehr taktisch, aber er verlangt auch sehr viel Disziplin. Er hat vielen jungen Spielern geholfen. Ich habe sehr viel gelernt unter ihm. Ich hoffe ihn noch einmal zu treffen, aber wegen Corona ist das schwierig.
Josef (Cinar) ist auch ein Top-Trainer. Er ist noch jung, er weiß wie man mit den Spielern umgeht. Wir kennen uns schon lange, er war auch Spieler unter Basler, als ich kurz hier war. Heute ist unsere Beziehung eine andere, ich habe großen Respekt vor ihm.
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