Die durch die Pandemie ausgelöste Panik hat die Aktienkurse in einigen Ländern stärker sinken lassen als die Faktenlage. Das haben Wirtschaftswissenschaftler der Universität Trier herausgefunden.
Verluste größer als in der Finanzkrise
Zu Beginn der Corona-Krise, am 9. März 2020, verloren die wichtigsten Aktienindizes etwa zehn Prozent ihres Wertes. Dieser Einbruch war der höchste Tagesverlust seit den Anschlägen des 11. September 2001. Die Verluste waren auch größer als in der Finanzkrise 2008. Matthias Scherf und Moritz Johannes Herber von der Professur für Bank- undFinanzwirtschaft an der Universität Trier, haben in einer Studie untersucht, inwieweit sich die Kurseinbrüche durch rationales Verhalten oder durch die Stimmungslage in der Bevölkerung erklären lassen. Dazu wurden die Entwicklungen in China, Deutschland, Indien, Italien, Südkorea und den USA analysiert.
Für die Aktienmärkte in Deutschland, Indien, Italien und den USA konnten die Wissenschaftler zeigen, dass die durch Covid-19 ausgelöste Panik einen größeren Einfluss auf die Kursentwicklung hatte als die tatsächliche Faktenlage. Als die Angst in der Bevölkerung zunahm, gingen die Renditen der nationalen Leitindizes deutlich zurück. Ein Anstieg der Panik um ein Prozent führte in Deutschland, Indien, Italien, und den USA im Durchschnitt zu einem Rückgang der Kurse von 3 bis 4 Prozent. Die Forscher führen dies auf irrationales Verhalten der Marktteilnehmer zurück.
„Panik“ wurde anhand der Anzahl an Suchanfragen mit definierten Schlüsselwörtern im Zusammenhang mit Covid-19 in den Suchmaschinen Google, Naver (Südkorea) und Baidu (China) gemessen. Die Faktenlage wurde durch die Anzahl der mit Covid-19 Infizierten sowie der Zahl der Wiedergenesenen abgebildet. Wider Erwarten hatten diese Fakten jedoch nur einen schwachen Effekt auf den jeweiligen Aktienindex der Länder.
Akteure lassen sich vom Verhalten anderer Marktteilnehmer beeinflussen
Ein Erklärungsansatz für den großen Einfluss der durch Covid-19 ausgelösten Panik auf die Aktienkurse stellt der Herdentrieb dar. Demnach lassen sich Akteure vom Verhalten anderer Marktteilnehmer beeinflussen und folgen deren Handlungen. Irrationales Verhalten der Marktteilnehmer kann die Unsicherheit auf den Finanzmärkten verstärken und rasche Kurseinbrüche nach sich ziehen. Solche Herdeneffekte konnten unter anderem während der Finanzkrise 2007 auf dem britischen Aktienmarkt nachgewiesen werden.
Anders als für Deutschland, Indien, Italien und die USA konnten die Autoren der Studie diese Effekte für China und Südkorea nicht feststellen. Eine mögliche Erklärung ist, dass für diese Länder die Stimmung internationaler Märkte – insbesondere der entwickelten Länder – einen größeren Einfluss hat als die durch Covid-19 ausgelöste Panik.
Solche Dominoeffekte konnten bereits häufiger auf internationalen Finanzmärkten beobachtet werden. Eine weitere Erklärung wäre, dass die Bevölkerung in diesen Ländern durch die SARS-Pandemie von 2002/2003 bereits für solche Gefahren sensibilisiert ist und daher nicht so leicht in Panik gerät.
Die Autoren gehen davon aus, dass ihre Studie trotz der methodologischen Einschränkungen der ausgearbeiteten Modelle einen Beitrag zum besseren Verständnis der Auswirkungen der Covid-19 Panik auf die Aktienkurse leistet. Zur Erhärtung der Ergebnisse empfehlen sie, in zukünftigen Studien ergänzende Variablen zur Messung von Panik und Fakten heranzuziehen.
Die Studie „Rational behavior or mere panic? The effects of the COVID-19 pandemic on the stock markets“ von Matthias Scherf und Moritz Johannes Herber wird im Band „Financial Transformations beyond the Covid-19 Health Crisis” von World Scientific erscheinen.
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Pressemitteilung Universität Trier
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