Andreas Steier, Mitglied im deutschen Bundestag, stellte sich den Fragen des 5VIER-Redakteur Christoph Bredemeyer. Dabei wurde über seine Arbeit im Bundestag und für die Region, die Digitalisierung, die Folgen der Corona-Krise und über die Beziehungen zu den USA.
Teil drei des Interviews mit Andreas Steier. Das sind die Themen: Präsidentenwahl in Amerika, Fake News und Bundestagswahl.
Die Wahlen stehen jetzt vor der Tür. Wir haben gerade oder sie sind ja quasi noch nicht ganz abgeschlossen, wobei sie stehen kurz davor die amerikanischen Wahlen, die uns sehr beeinflusst haben. Eine kleine Einordnung von ihnen dazu?
Ich glaube es ist gut, dass Amerika sich da entschieden hat. Ich war dem amerikanischen System doch positiv gestimmt. Sie haben eine lange Geschichte in der Demokratie, im demokratischen System. Die ein gutes System jetzt mit der „Checks and Balances“ aufgestellt haben. Also mit dem Kongress, in zwei Kammern aufgeteilt, die immer wieder den Präsidenten als Korrektiv begleiten und der Präsident ja nicht alleinige Macht hat. Das wird bei uns ja manchmal etwas fehlerhaft dargestellt. Es ist gut, dass die Wahl jetzt auch so gelaufen ist wie sie gelaufen ist. Ich finde es erschreckend, dass in Amerika manche rumrennen, die Wahlergebnis was durch verschiedene Gerichtsurteile bestätigt ist, immer noch nicht akzeptieren. Dann sogar noch den Senat stürmen und versuchen durch die Androhung von körperlicher Gewalt die Abgeordnete von der Bestätigung einer demokratischen Wahl ab zu halten. Das denke ich, macht mich schon ein bisschen traurig und da sind natürlich auch alle gefragt, dass solche Zustände nicht mehr auftreten.
Es ist jetzt auch richtig, dass der neue Präsident auch eingeführt wird und das Wahlergebnis auch anerkannt wird. Ich persönlich erwarte mir schon, dass da eine Ernüchterung oder auch Entspannung im deutsch-amerikanischen Verhältnis wieder auftritt. Denn ich sehe es schon, wir brauchen die Amerikaner, umgekehrt brauchen die Amerikaner uns auch. Es war immer eine Stärke, dass wir gerade die transatlantische Brücke auch entsprechend auf der Welt hochgehalten haben. Ich erhoffe mir, dass wir unter dem neuen Präsident Biden wieder zu diesen normalen Verhältnissen zurückkommen.
Ist unsere Demokratie geschwächt?
Ich finde Trump hat sehr eindrucksvoll gezeigt oder hat uns sehr einfach gezeigt, dass ein Mensch an die Macht kommen kann, von dem wir niemals geglaubt hätten, dass er es schaffen würde. Wir haben den Sturm auf dem Senat erlebt, wir hatten selber einen Sturm auf die Reichstagstreppen. Wir haben einen politischen Rechtsdruck in Europa, einen aufkeimenden Populismus, die Corona-Pandemie hat mit ihren Kritikern noch mehr Öl in die Flamme gegossen. Ist unsere Demokratie geschwächt?
Wir müssen uns die Frage stellen, warum treten solche Dinge auf und wir müssen auch immer wieder in den Dialog mit den Menschen reinkommen. Ein Donald Trump ist 2016 ja nicht ohne Grund gewählt worden, ist auch demokratisch gewählt worden. Er hat eben Menschen angesprochen, die sich vorher eben verlassen gefühlt haben. Ich denke, da ist auch ein Auftrag als Politiker, dass man auch hinterfragt, machen alle Menschen sowas mit. Ich sehe das als Aufgabe, dass man immer wieder in den Dialog mit dem Menschen eintritt. Das heißt aber nicht, dass wir eine freie Meinung haben, die ist auch notwendig und auch zulässig in der Demokratie. Das muss eine Demokratie aushalten können, aber man muss gleichzeitig auch sagen, das rechtfertigt nicht, die entsprechenden Institutionen ins Lächerliche zu ziehen. Wenn ich da gerade die AFD im Bundestag anschaue, die versuchen sehr häufig gewisse demokratische Institutionen einfach ins Lächerliche reinzuziehen und damit die Institution als solches zu schwächen. Da ist ein Rechtsstaat gefragt, da ist auch Politik gefragt, um zu zeigen: Hier, wir haben klare Dinge, auch klare Systeme.
Letztendlich basieren Entscheidung auf Mehrheiten. Das ist ein System, wo sich jeder zurechtfinden kann und da geht es auch zu zeigen, dass eben gewisse Dinge nicht überschritten werden können. Also ich war ja auch im Reichstag gewesen, auch bei der Debatte um die Coronawelle und das Infektionsschutzgesetzes, da kann auch jeder eine andere Meinung haben. Nur ich kann dann nicht dafür sorgen, dass dann sogenannte Demonstranten sich Zutritt in den Reichstag verschaffen um einen Minister oder andere Kollegen die durch die Menge gehen mussten, zu bedrohen. Da ist ein Rechtsstaat gefordert und da müssen wir auch sehr klar die Grenzen ziehen und auch Sanktionen aussprechen.
Diese ganze Situation führt dazu, dass man gefühlt spürt, dass da irgendwie eine Kluft entsteht in der Gesellschaft. Wie können wir dem entgegenwirken? Wie können wir die Menschen wiedergewinnen, die sich abwenden und sagen, das was die Regierung macht, das funktioniert so nicht?
Also gerade in Corona-Zeiten sehe ich auch ein bisschen, dass doch sehr viele Filterblasen entstehen. Das Menschen sich über soziale Netzwerke dann vermehrt immer nur in einer eigenen Gruppe bewegen und damit immer mehr den Argumenten der anderen Seite mehr ablehnend gegenüberstehen. Da sehe ich den größten Ansatz, dass wir immer wieder versuchen, unsere Argumente auch in der Öffentlichkeit über die Medien, auch über soziale Netzwerke und im Gespräch mit den Menschen immer wieder darstellen. Da sehe ich als einzigen Ausweg, dass wir immer wieder weiter kommunizieren, dass wir auch entsprechend in der Bildung auf die demokratischen Grundüberzeugungen hinweisen. Das dann auch immer wieder öffentlich vertreten. Da ist jeder gefordert, denn da kann der Politiker oder Abgeordnete nicht allein agieren. Ich muss dann natürlich auch jeden, der das hier liest, dazu auffordern, dass er immer wieder auch versucht, in den Dialog reinzugehen und versucht auch mit der Gegenseite ein Gespräch aufzubauen. Ansonsten werden wir noch weit auseinanderdriften.
Ein wichtiger und richtiger Aufruf Ihrerseits
Mit der Filterblase haben Sie einen interessanten Punkt angesprochen. Mit dem Blick auf die Landtagswahl, Bundestagswahl im speziellen. Durch Trump haben wir das Thema Fake News kennengelernt und die Beeinflussung der öffentlichen Meinung, inwieweit betrifft uns das in Bezug auf unsere Wahlen?
Sie müssen schon aufpassen, dass nicht gewisse falsche Wahrheiten verbreitet werden und da haben wir ja auch entsprechende Gesetze verabschiedet, dass falsche Wahrheiten benannt und sogar sanktioniert werden können. Das ist dann auch für jeden Auftrag zu gucken, wenn solche Unwahrheiten, Fake News, verbreitet werden, dass wir den Verursacher auch stellen. Zur Not auch sanktionieren, weil jemand, der falsche Informationen verbreitet, muss auch entsprechend zur Rechenschaft gezogen werden. Ich glaube, da muss ich auch jeden auffordern, da wachsam zu sein und auf der anderen Seite muss ich natürlich auch jeden dazu auffordern, auch Informationen zu hinterfragen. Das ist ein natürliches Recht, dass man Informationen immer hinterfragen sollte. Da müssen wir als erstes in der Schule ansetzen. Das natürlich mit der Fülle der Medien, die heute ja auch möglich sind, was ja erstmal gut ist, weil verschiedene Informationen da sind. Das aber diese Informationen auch irgendwo immer wieder hinterfragt werden und irgendwo eingeordnet werden können und da denke ich, ist der größte Auftrag den ich sehe auch in der Bildung. Das man dort die jüngeren Menschen, aber auch in der Erwachsenenbildung, dazu befähigt, auch Informationen einzuordnen.
Wann geht für Sie der Bundestagswahlkampf los? Hat er schon begonnen?
Gut, ich bin jetzt schon im Oktober nominiert worden. Corona beschäftigt mich doch schon viel und die anderen Themen, die wir besprochen haben, die Zukunftsthemen. Von daher bin ich da auch noch dran die Dinge jetzt mal zuerst zu bearbeiten und auch den Menschen die entsprechenden Antworten zu geben. Es läuft jetzt zurzeit erst mal der Landtagswahlkampf, da sind die Kandidaten gefordert. Ich denke mal so richtig in den Wahlkampf wird es dann nach den Landtagswahlen, irgendwann Richtung Sommer gehen, wo man auch nochmal persönlich darlegen kann, was man gemacht hat und warum man eben auch nochmal kandidiert.
Haben sie schon Themen, die sie mitnehmen wollen?
Ja, ich bin da in den Zukunftsthemen unterwegs. Ich war auch Co-Autor von dem Buch „Neustart“, was wir mit mehreren Abgeordnetenkollegen aus der CDU/CSU Fraktion gemacht haben, wo ich gewisse Themen auch in Berlin spiele. Hier in der Region gibt es auch Themen, die wir weiterentwickeln müssen, da hat die Corona-Krise auch Dinge aufgezeigt, wo wir nachbessern müssen. Einzelhandel, Mittelstand, wie kann ich da strukturell auch die Region stärken. Anbindung ans überörtliche Netz, so wohl Moselaufstieg hängt immer noch in der Umsetzung, der Bund hat das Geld geliefert. Aber auch so digitale Anbindung, Breitbandausbau, dass man da auch die Mittel in die Region reinbekommen, wo wir auch im Bund auch Dinge aufgelegt haben. So ein bisschen mein Steckenpferd ist natürlich auch immer die Großregion. Da ist, denke ich mal auch noch strukturell Verbesserungspotenzial gegeben.
Haben sich die Regierenden bewährt?
Zum Schluss noch eine kleine Einschätzung Ihrerseits, wird es bei den Wahlen große Verschiebungen geben oder glauben Sie, dass sich die Regierenden, so wie sie gerade zusammengesetzt sind, bewährt haben?
Also wir sind ja zurzeit mitten in der Pandemie und man darf sich da nicht zurücklehnen und auf die aktuellen Umfragen schauen. Das hat die Erfahrung auch immer gelehrt, denn nach der Pandemie sind bestimmt neue Aufgaben da. Es ist ja nicht so, dass alle nur Corona im Kopf haben und die Menschen wollen ja sehen, wer hat die besten Antworten auf die Fragen der Zukunft. Von daher dürfen wir uns da nicht zurücklehnen und es war schon gut zu sehen, dass meine Partei jetzt ganz gut im Rennen ist. Aber ich denke mal, die entscheidende Frage wird nachher sein, wer liefert die besten Antworten für die Zukunft? Und danach muss sich auch jeder Wettbewerber ausrichten und das werden wir auch innerhalb unserer Partei machen, dass wir da auch Antworten liefern und uns nicht in den aktuellen Umfragewerten sonnen. Denn eine Wahl ist erst dann entschieden, wenn die Leute gewählt haben. Deshalb sollten man dafür arbeiten, dass man mit seinen Argumenten und Überzeugungen derzeit überzeugen kann.
Das war ein schönes Schlusswort, Ihrerseits. Eine Wahl ist erst dann entschieden, wenn die Leute gewählt haben. Das ist sehr gut, das macht eine Demokratie aus, so sollte es sein. Herr Steier, vielen Dank für ihre wertvolle Zeit. Schön, dass Sie da waren und ich wünsche Ihnen weiterhin viel Erfolg und viel Glück, viele Stimmen für die Bundestagswahl.
Ja, vielen Dank.
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