Rund 6.700 Menschen in der Stadt Trier und im Landkreis Trier-Saarburg werden vom Jobcenter betreut und beziehen Arbeitslosengeld II. Tatsächlich angewiesen auf die staatliche Grundsicherung sind aber viel mehr Menschen, denn was die Zahl der Hartz-IV-Empfänger nicht zeigt, sind die Kinder, die sich in den sogenannten Bedarfsgemeinschaften verbergen. Darauf macht der bundesweite Aktionstag „Einstellungssache! Jobs für Eltern“ am 3. September aufmerksam. Und er erinnert: Eltern brauchen Arbeit, damit Kinder Vorbilder haben, die ihnen den Weg ins Leben ebnen.
In diesen Tagen beginnt für viele Mädchen und Jungen der viel beschworene „Ernst des Lebens“: Sie kommen in die Schule. Trotz der anfänglichen Begeisterung verlangt dieser Schritt ihnen ein hohes Maß an Disziplin ab – und das Tag für Tag. Die meisten Kinder kennen das, denn schließlich müssen auch Mama und Papa jeden Morgen zur Arbeit gehen und Geld verdienen. „Für Mädchen und Jungen, deren Eltern schon lange arbeitslos sind, ist das jedoch keinesfalls selbstverständlich. Womöglich sind sie die einzigen, die morgens raus müssen. Diese Umstellung fällt dann natürlich doppelt schwer. Und an neue Klamotten, einen Besuch im Restaurant oder gar eine Urlaubsreise ist ohnehin nicht zu denken, wenn die Eltern den Lebensunterhalt nicht aus eigener Kraft bestreiten.“
Marita Wallrich, Geschäftsführerin des Jobcenters der Stadt Trier, weiß, dass Arbeitslosigkeit keinesfalls nur das Problem der unmittelbar Betroffenen ist. Denn nicht nur sie leiden unter dem Gefühl, nicht richtig dazu zu gehören. „Arbeitslosigkeit betrifft immer die ganze Familie. Und gerade Kinder kommen mit den Folgen meist nur schwer klar.“ Doch das Gefühl – oder auch das konkrete Erleben – von Ausgrenzung, die häufig damit verbundene Scham und die Hilflosigkeit, die diese Kinder erleben, sind nur die eine Seite der düsteren Medaille, erklärt Wallrich. „Hinzu kommt, dass Kinder in ihrem Elternhaus eben auch kein Vorbild haben, das ihnen die tägliche Disziplin vorlebt. Ihre Väter und Mütter können ihnen eben nicht zeigen, dass Arbeit und Anstrengung sich lohnen, weil man am Ende seinen sicheren Platz in der Gesellschaft hat und sich das eine oder andere leisten kann.“
Damit, ergänzt Rainer Drautzburg, Teamleiter im Jobcenter Trier-Saarburg, hätten viele Kinder aus den sogenannten Bedarfsgemeinschaften vom Start weg schlechtere Chancen als ihre Altersgenossen, deren Eltern Arbeit und ein geregeltes Einkommen haben. „Das ist natürlich auch meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Jobcenter klar. Sie bemühen sich intensiv, diesen Familien neue berufliche Perspektiven zu eröffnen.“
Wie zum Beispiel der 32-jährigen Katharina (Name geändert) aus Schweich: Die alleinerziehende Mutter eines Sohns im Grundschulalter ist selbst Erzieherin und seit einem Jahr auf Jobsuche. Davor hat sie zehn Jahre in einer Einrichtung der Jugendhilfe gearbeitet. Nach mehreren Umstrukturierungen beim Arbeitgeber ist sie arbeitslos geworden, nach einiger Zeit in Hartz-IV abgerutscht und seither auf der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz: „Ich mag meinen Beruf wirklich gerne und will unbedingt wieder arbeiten. Wenn man als Mutter aber erst einmal arbeitslos geworden ist, ist eine Teilzeitstelle schwer zu finden und nach und nach spitzt sich die finanzielle Situation immer weiter zu“, erzählt sie. Um einen Ausweg aus der Arbeitslosigkeit zu finden, betreuen die Mitarbeiter des Jobcenters Frauen wie Katharina intensiv, helfen bei der Suche nach Betreuungsplätzen, verstärken die Vermittlungsbemühungen oder bieten Kurse speziell für Alleinerziehende an. Das allein reiche aber häufig nicht aus, meint der Chef der Trierer Arbeitsagentur, Heribert Wilhelmi. Auch die Öffentlichkeit und vor allem die Arbeitgeber müssten für das Problem sensibilisiert werden.
Deshalb gehen die Mitarbeiter der Jobcenter und der Arbeitsagentur rund um den Aktionstag „Einstellungssache – Jobs für Eltern“ am 3. September noch einmal offensiv auf die Betriebe in der Region zu und stellen ihnen Bewerber vor. „Selbstverständlich achten wir bei der Auswahl darauf, dass die Frauen und Männer die Leistungen erbringen können, die der Arbeitgeber von ihnen verlangt. Wir wollen aber auch darauf aufmerksam machen, dass die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ein sehr wichtiges Thema ist, wenn man für Eltern wirklich gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt und im Betrieb schaffen will“, so Wilhelmi. Und weiter: „Auch unter den Langzeitarbeitslosen gibt es viele, die hoch motiviert sind und gute berufliche Qualifikationen mitbringen. Für diese möchten wir eine Lanze brechen. Dort, wo es tatsächlich eine fachliche Lücke gibt, helfen wir den Beteiligten selbstverständlich dabei, diese zu schließen – auch mit finanziellen Förderungen.“
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