Ein Blick hinter die Kulissen. Im 1. Teil sprach Alexander Bergweiler von der FSB Spielerberatung GmbH zusammen mit Leonard Lamberty über Antonio Rüdiger, die FIFA und rechtliche Grauzonenbereiche. Hier lest ihr nun über die Kooperation mit dem SV Eintracht Trier, surreale Marktwerte und Vetternwirtschaft.
Herr Bergweiler, wozu braucht ein Spieler überhaupt einen Berater?
Bergweiler: Es geht erstmal um die Beratung bzgl. der abzuschließenden Arbeitsverträge. Nehmen wir die sechswöchige Lohnfortzahlung in Deutschland. Für einen Fußballspieler ist das denkbar ungünstig. Da gibt es die Beitragsbemessungsgrenze von 3.500 Euro. Jetzt verdient der 100.000 Euro im Monat, bezahlt davon das Haus ab, unterstützt die Familie und Ähnliches. Dann kommt der Kreuzbandriss. Nach normalen deutschen Standardverträgen bekommt er „nur“ 3.500 € von der Krankenkasse, mit dem Moment des Ablaufs der 6-Wochen-Frist. Das kann zum Zusammenbruch des gesamten Sozialsystems des Spielers führen, bis hin zur Insolvenz, da der Spieler viel höhere Belastungen hat. Das Risiko muss abgesichert werden.
Die Berater versuchen dann die Frist zur Entgeltfortzahlung zu verlängern, dass so beispielsweise sechs Monate abgesichert sein sollen. Aber das zahlen oft selbst große Vereine nicht. Die Alternative wäre dann eine Versicherung, da schaut man, wie teuer die sind. Die sind nämlich extrem teuer. Da muss mit dem Spieler überlegt werden, ob und wie das Risiko abgesichert wird. Als junger Spieler mache ich mir normalerweise überhaupt keine Gedanken darüber.
Die FSB unterstützt in vielen Bereichen
Wir versuchen die Spieler dazu zu bewegen, einen Finanzplan zu machen. Das heißt, sich ein Budget zu setzen. Ein Profi hat zehn bis zwölf Jahre Zeit, ein Vermögen aufzubauen. Bis dahin sollte sich jeder ein so großes Polster aufgebaut haben, um zumindest den Übergang in eine normale Erwerbstätigkeit vollziehen zu können.
Es gibt viele Dinge, bei denen man Hilfestellung geben kann. Und besonders in den Verhandlungen mit den Vereinen denke ich, dass viele Spieler überfordert sind. Ich sehe immer wieder, wie Familienmitglieder versuchen, diese Verhandlungen zu führen. Aber die haben keine Vergleichssummen, kennen nicht die Nuancen in den Verträgen.
„Die Spieler wollen entsprechende Unterstützung.“
Alexander Bergweiler
Auch in den Ausrüsterverträgen gibt es noch die Mär, dass man als Spieler in der Bundesliga von Adidas oder Nike ein bis zwei Millionen Euro kassiert. Erstens ist es nicht so viel, zweitens gibt es dort dermaßen harte Klauseln, wann was bezahlt wird. Da wollen die Spieler auch die entsprechende Unterstützung. Und sie müssen nicht selber die Berater zahlen, die zahlt ja der Verein.
Ausrüster und Rundumbetreuung
Lamberty: Dazu kommt die Rundumbetreuung. Ob bei Schulsachen, Wohnungssuche oder einfach ein Ansprechpartner bei menschlichen Problemen. Wir sind zudem selber erfahren als Fußballspieler, da kann bei fußballerischen Fragen Hilfe von uns kommen.
Sie haben von den Talenten gesprochen, die Sie aus ganz Deutschland rekrutieren. Kommt da nicht auch mal bei denen der Gedanke: Was soll ich denn mit einer kleinen Agentur aus der kleinen Stadt Trier?
Bergweiler: Sahr Senesie kennt viele Spieler aus seiner aktiven Zeit, da entsteht einfach eher Vertrauen. Die Spieler mit bspw. polnischen Wurzeln werden auch von einem Berater betreut, der einen entsprechenden Hintergrund hat. Es gibt daher immer unterschiedliche Anknüpfungspunkte. Der Bezug zur Stadt ist da gar nicht entscheidend, es ist personenbezogen.
Der Hauptsitz ist für Spieler nicht entscheidend
Lamberty: Ich denke die Spieler achten auch eher darauf, welche Namen sich in einer Agentur befinden. Wo sich der Hauptsitz dieser Agentur befindet, wissen viele gar nicht, weil es nicht so wichtig ist.
Bergweiler: Man muss auch sagen, SportsTotal (Agentur, unter anderem Toni Kroos und Marco Reus als Klienten) nehmen nicht jeden. Die Nominierung für die Juniorennationalmannschaft ist in dem Bereich schon oft Voraussetzung für die Betreuung. Das ist dann die Chance für kleinere Agenturen.
Gibt es auch Spielerinnen, die Sie vertreten? Oder sind da die Marktwerte zu gering?
Bergweiler: Im Moment würde ich sagen, dass sich das nicht lohnt. Das mag aber anders werden. Wir sehen in der Entwicklung, zum Beispiel in den Nationalmannschaften, dass sich da Prämien etwas angleichen, da sich die Verbände nicht mehr trauen, die Männer und die Frauen völlig unterschiedlich zu bezahlen. Das passt nicht mehr in unsere Zeit. Aber Fakt ist, dass momentan in der Damen-Bundesliga viel weniger verdient wird, als dies im Männerbereich der Fall ist. Für Berater ist es daher oftmals finanziell unattraktiv.
In der Damen-Bundesliga wird viel weniger verdient
Alexander Bergweiler
Was wir beobachten, ist der E-Sport-Markt. Da könnte die Entwicklung relativ schnell dahin gehen, dass dort Berater gebraucht und bezahlt werden. Da gibt es auch schon ein oder zwei in dem Geschäft. Der ehemalige Geschäftsführer der Basketball-Bundesliga, Jan Pommer, ist jetzt Geschäftsführer der größten E-Sport-Vereinigung Deutschlands. Die positive Entwicklung ist eindeutig zu erkennen.. Viele der Fußball-Bundesligaclubs haben mittlerweile ein eigenes E-Sport Team. Da müssen aber die jungen Leute ran, da bin ich zu alt für.
Sie kooperieren seit diesem Sommer offiziell mit Eintracht Trier. Was bedeutet das für die Zukunft?
Bergweiler: Ich habe Sahr Senesie, Josef Cinar und Fritz Fuchs bei der Eintracht kennengelernt. So kamen wir zusammen. Mittlerweile haben wir ein relativ großes Netzwerk. Wir haben bei verschiedenen Vereinen gesehen, was gut funktioniert und wo oft Probleme liegen. Insoweit haben wir angeboten, zu helfen. Diese Hilfe wird mittlerweile durchaus in Anspruch genommen.
Ist es eine Gratwanderung zwischen Netzwerken und Vetternwirtschaft? Wo verläuft die Grenze?
Bergweiler: Wir nehmen von der Eintracht keine Gebühr. Die Eintracht verpflichtet sich zu nichts. Wir bieten ihnen etwas kostenfrei an, ob es angenommen wird, muss der Verein entscheiden.
Lamberty: Die Entscheidungsgewalt liegt komplett bei der Eintracht. Da wird nichts von der Agentur reingepresst oder erzwungen. Wenn es mal zu einer Möglichkeit kommt, einen interessanten Jugendspieler zu verpflichten, der von uns betreut wird, kann man sich das anschauen. Aber es gibt keinen Zwang.
Es gab in der Vergangenheit aber schon kritische Stimmen. Als Mario Basler noch Trainer in Trier war und sein Schwager mehrere Spieler dorthin vermittelte.
Bergweiler: Damals waren viele (Stamm)Spieler dieser Agentur da. Da setzt man sich einer gewissen Macht des Beraters aus. Nochmal: Außer Kevin Kling (19), der von uns betreut wird, haben wir keinen Spieler bei der Eintracht. Da wird auch überhaupt nichts an die Agentur gezahlt. Ich sehe da das Risiko nicht. Wir wollen mithelfen die Strukturen aufzubauen, anstatt mit aller Macht kurzfristig irgendetwas erreichen zu wollen. Dies klappt ohnehin meist nicht.
An der sogenannten Basis wird seit Jahren und mit stetigem Wachstum die Kommerzialisierung des Fußballs kritisiert. Begriffe wie „moralfreie Zone“ werden beispielsweise auch von Politikern aufgegriffen. Können Sie das nachvollziehen oder freuen Sie sich über die steigenden Beträge, die man verdienen kann?
Bergweiler: Man muss verschiedene Dinge trennen. Wir haben eine sehr große Diskussion darüber, ob Deutschland im internationalen Vergleich zurückhängt, weil nicht genügend Geld im Markt ist. Der Fanzuspruch ist in Deutschland aber absolute Spitze. Wenn in der 3. Liga bis zu 40.000 Zuschauer auf den Betzenberg kommen, ist das unvergleichbar. Ein anderes Beispiel wäre Borussia Dortmund mit den meisten Zuschauern europaweit. Das Produkt muss also eine gewisse Qualität haben.
Marktwert ist, wenn es gezahlt wird
Wenn ich nun sage, mir sind die Ablösen zu hoch, dann muss ich auch sagen, ich will keine Marktwirtschaft mehr. Die Ablöse ist nur so hoch, wie der aufnehmende Verein bereit ist zu zahlen.
Wenn aber ein Scheich so surreal viel Geld reinsteckt, würde ich nicht von einem Markt sprechen.
Bergweiler: Fakt ist, es ist ja in der Regel nicht nur ein Scheich. In England sind es meistens Kapitalgesellschaften. Wenn wir zum Beispiel Liverpool angucken, gehören LeBron James (Basketball-Superstar von den Los Angeles Lakers) zehn Prozent. Der ist einer von mehreren Investoren. Dies führte aber dazu, dass in England Fußballclubs regelmäßig verkauft werden, um Gewinne zu realisieren. Ich glaube aber, dass der Verkauf von Clubanteilen kein Allheilmittel ist. Man bekommt einmal Geld und die Anteile sind weg.
„Das ist dann der Marktwert.“
Bergweiler über Petromillion
Auch der FC Bayern, der sehr vernünftig wirtschaftet, bereitet sich laut Uli Hoeneß auf den ersten großen Transfer vor. Da reden wir dann wahrscheinlich von über 100 Millionen Euro. Das ist dann Marktwert. Auch wir haben gewissen Respekt vor solchen Summen.
Gehälter im Spitzenbereich sind exorbitant hoch, aber entsprechen wiederum der Entwicklung am Markt. Wir reden hier von den besten 100 oder 150 Spieler in Europa. Wenn man dann beispielsweise in die 3. Liga schaut, haben die Spieler kaum die Möglichkeit, etwas für die Zeit nach dem Fußball anzusparen.
Ich persönlich schaue mir gerne Partien von Eintracht Trier an, weil ich dann emotional als Fan dabei bin. Ich genieße die Stimmung bei Rot-Weiß Essen in der Regionalliga. Bei der TSG Hoffenheim vermisse ich ab und an diese Stimmung, obwohl dort sportlich gerade im Jugendbereich unglaublich gute Arbeit geleistet wird.
Traditionsvereine haben größeres Potential
RB Leipzig hat es insoweit sehr gut geschafft, die Fans vor Ort mitzunehmen und dies mit einer sehr modernen Struktur zu verbinden. Meines Erachtens haben die Traditionsclubs das größte Potential. Wenn sie vernünftig arbeiten und die Fans mitnehmen, kann man eine sehr gute Arbeit vollbringen. Und beim Hamburger SV sieht man, dass Investoren und hohe investierte Summen nicht automatisch Erfolg bedeuten.
Letzte Frage: Wo sehen Sie Ihre Agentur in zehn Jahren?
Bergweiler: Ich stelle mir vor, dass wir dann zehn Bundesligaspieler haben und fünf weitere Profis, die in den jeweiligen besten ausländischen Ligen spielen. Daneben betreuen wir weiterhin viele Jugendspieler, die es nicht alle schaffen werden. Die haben dann aber alle eine vernünftige Ausbildung, man freut sich immer wenn man sich sieht, egal ob man irgendwie dem Fußball erhalten geblieben ist oder einen ganz anderen Weg gegangen ist.
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