Ihr Lieben!
Nachdem ich mich beim letzten Mal so über den Heirats- und Scheidungsboom ausgelassen habe, hat sich dieser fast schon erschreckend schnell gelegt.
Ein anderes Thema ist in den Vordergrund gerückt. Die Bundestagswahl. Ich weiß, dass es nur wenige gerne zugeben – aber Hand aufs Herz – in wessen Freundeskreis wurde nicht über den Rechtsboom diskutiert? Jeder von uns hat doch den Nachbarn der die AfD wählt „weil die Merkel alles kaputt gemacht hat“ oder „die ganzen Typen über den Ozean einschwimmen lässt“ und die Altparteien ja sowieso alle unwählbar sind.
Es ist immer wieder ein Feuertanz sich dann selbst Schweigen zu verordnen. Nicht, weil man Überzeugungsarbeit leisten will, nein, weil es einfach so traurig ist, dass Menschen Parteien aus Protest wählen. Doch wo bleibt eine ehrliche Analyse der Fakten. Und vor allem, wo findet sich das Profil des authentischen Berufspolitikers mit Format noch wieder. Die Menschen sind frustriert, weil ihre Probleme nicht wahrgenommen werden- eine logische Konsequenz, wenn man vom Stand eines Otto-Normalverbrauchers ausgeht, der Politik nur im Fernsehen wahrnimmt und seine Abgeordneten im Wahlkampf an jeder Ecke stehen sieht, das Jahr über aber immer seltener – außer er ist auf einer Parteiveranstaltung. Die Zeiten in denen der „Willi“ von nebenan beim Bäcker den Wirtschaftsminister mit „Du“ anspricht, weil er zufällig beim selben Verein kickt werden immer seltener.
Fraktionszwang nennt man das, wenn alle abwinken was die Vorderen vorgeben. Doch wo sind Sie eigentlich hin, die eigenständigen Kämpfernaturen die nicht nur die eigenen, sondern auch die allgemeinen Interessen vertreten. Wir leben in einer Zeit, wo das eigene Wohl bei vielen über dem der anderen steht. Eine logische Konsequenz, wenn man bedenkt, dass man ja selbst dem Kuchen nachrennen muss, wenn man Teil des großen Ganzen sein und nicht als Krümel auf der Platte zurückbleiben will. Aber gerade das ist es, was den Bürger abschreckt. Er möchte mitgenommen werden, verstehen warum die Handelnden ein Stück vom Kuchen abgeben. Er möchte verstehen, warum es keine anderen Optionen gab. Ich möchte nicht ausschließen, dass es die wahren Charaktere nicht mehr gibt in der Politik. Man findet sie, wenn man genau hinschaut. Oftmals versteckt auf hinteren Rängen, oftmals resigniert und wenig motiviert dem Gegenwind noch weiter standzuhalten. Und immer wieder reizt es mich laut aufzuschreien „wacht auf Leute, Deutschland braucht sie, die Politiker mit Format“.
Je länger ich darüber nachdenke, desto mehr suche ich auch im wahren Leben nach den Helden. Ab und an finde ich welche. Letzte Woche stand ich in einem Supermarkt und ein kleines Mädchen stand an der Kasse als ein älterer Herr die Kassiererin mit unschönen Worten bedachte und über die lausige Qualität der Waren schimpfte. Das Mädchen beobachtete den Mann eine Weile. Niemand der Wartenden sagte etwas. Einige schauten peinlich berührt zu Seite, andere starrten geradeaus. Als der Mann seinen Wagen einräumte legte das Mädchen seine Hand auf den Arm der Kassiererin und sagte laut „Sei nicht traurig, der Mann ist sicher selber unglücklich und meint das nicht böse“. Ich sah, wie die Kassiererin mit den Tränen kämpfte und dem Mädchen einen Lutscher schenkte. Der Mann hielt inne, schaute das Mädchen an und verließ wortlos den Laden.
Das sind die wahren Helden des Lebens.
Daje und bis zum nächsten Mal,
Eure
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