Text und Fotos: Marie Baum
„Was machen wir denn heute?“ Wir hoffen, diese Frage wird euch nach unserer 5vier-Serie von Ausflugszielen rund um Trier nicht mehr so schnell beschäftigen. Im aktuellen Teil besuchten wir das Volkskunde- und Freilichtmuseum Roscheider Hof in Konz und haben viel Interessantes und Spannendes gesehen.
Das 1976 gegründete Freilichtmuseum in Konz zählt zu einem der größten Volkskundemuseen in Deutschland. Auf seinen 4000 Quadratmetern Ausstellungsfläche und 22 Hektar Freigelände können die Besucher auf dem ehemaligen Gutshof des „Roscheider Hofs“ eine große Volkskundeausstellung, unter anderem über Wein, Viez, Schnaps, bürgerliche Wohnkultur, Schule und auf dem Freigelände Gebäudegruppen aus dem Hunsrück und Mosel-Saar-Gebiet bewundern.
Die Ausstellungen
Die volkskundliche Ausstellung ist in verschiedene Themenbereiche eingeteilt. Hier befinden sich Sammlerstücke etwa vom 15. Jahrhundert bis in die 60er Jahre. So kommt man zuerst durch die Sonderausstellung „Sack und Pack“. Diese ist noch bis Saisonende 2014 zu sehen und bezieht sich auf die gebräuchliche Bedeutung von „mit Sack und Pack“, das heißt mit aller Habe unterwegs sein. Mit welchen Gegenständen jemand reiste und wie umfangreich diese Habe ausfiel, richtet sich nach den zeitlichen Umständen. Egal ob man als Kind mit dem Schulranzen unterwegs war, auf der Flucht mit allem, was man tragen konnte, mit einem zweckentfremdeten Kinderwagen oder einem aus alten Klamotten und Stoffresten genähten Rucksack zum Hamstern in der Nachkriegszeit. So scheinbar wertlos sie auch sein mögen, spiegeln diese Gegenstände jedoch Geschichten wider, die oft von Not, Angst und Zwang erzählen.
Des Weiteren behandelt die Ausstellung Themen wie die Gegenüberstellung der mechanisierten und der von Hand vollzogenen Landwirtschaft seit dem 18. Jahrhundert im Weinbau und dessen notwendige Arbeitsschritte von der Rebenpflanzung bis zur Abfüllung. Oder die Wohnkultur der bürgerlichen Oberschicht vom Biedermeier bis in die Nachkriegszeit, aber auch mit Möbeln aus der Gründerzeit um 1890, im Stil des Art Déco um 1920 und solchen aus den 1950er-Jahren im Heimatstil der 1930er-Jahre. Interessant ist auch die Gestaltung von Handwerk und Gewerbe im 20. Jahrhundert. Hierzu wurde 2002 eine sogenannte Ladengasse eröffnet, in der man zwölf Geschäfte und kleine Gewerbeläden besichtigen kann, die Einblicke durch Fenster und Türen ermöglichen. Erhaschet einen Blick in eine Sparkassenfiliale aus der Kaiserzeit, seht einem Zahnarzt und Metzger bei der Arbeit im 20. Jahrhundert zu oder betrachtet die Entwicklung des ländlichen Einzelhandels in den drei Tante-Emma-Läden von 1890, 1940 und 1960!
Aber auch für Kinder ist der Besuch des Freilichtmuseums eine spannende Angelegenheit. In den sogenannten „Kinderwelten“ sind etwa 100 Puppen ausgestellt. außerdem Blechspielzeuge, welche ohne Bausätze detailgetreu und voll funktionsfähig mit Motoren ausgestattet wurden. In der Abteilung „Spielzeug aus aller Welt“ sind, wie der Name bereits sagt, Spielzeuge aller Art aus Europa und ferneren Ländern präsentiert. Gesammelt wurden die über 5000 Spielfiguren von der Kölner Fachhochschul-Professorin Barbara Schu. Schwerpunkte sind die umfangreichen Kollektionen von seltenen Holzspielzeugen aus dem Erzgebirge, Puppen und die der Volkskunst, des Brauchtums und der Souvenire aus Lateinamerika, Russland und Asien. Freilichtmuseen sind generell kinderfreundliche Museen. Hier können die Kleinen sich frei bewegen, laufen und spielen und ganz nebenbei erfahren, wie die Kinder auf dem Land früher gelebt haben. Daher bietet das Freilichtmuseum Roscheider Hof viele Projekte und Führungen speziell für Kinder an.
Hunsrückweiler und Mosel-Saar Dorf
Von Weitem hört man einen Hahn krähen. Wir folgen den Rufen und gelangen zu „Hunsrückweiler“. Die Gebäudegruppe besteht aus insgesamt zehn Fachwerkhäusern und einem Backhaus aus dem Hunsrück. Es war das erste wieder aufgebaute Museumsdorf des Roscheider Hofs. Angefangen hat alles mit dem 1974 wieder errichteten Dorfrathaus aus Gödenroth und den Abschluss machte vorläufig 2008 der Innenausbau der Schule aus Würrich. Erwähnenswert ist hierbei, dass das Dorfrathaus von einer kommunalen Selbstverwaltung zeugt, obwohl während der kurfürstlichen Zeit keine demokratischen Einrichtungen geduldet wurden. Das Schulhaus ist das älteste wieder erbaute Gebäude des Museums. Das Holz des Fachwerks wurde im Frühjahr 1680 geschlagen und verbaut. Wenn man davon ausgeht, dass das Gebäude von Anfang an als Schule vorgesehen war, lässt sich also die Schulgründung auf die 80er Jahre des 17. Jahrhunderts datieren.
Geht man nun etwas weiter und verlässt Hunsrückweiler, gelangt man zu den Gebäuden von Mosel-Saar. Anders als im Hunsrückweiler sind diese Häuser durchweg Steinbauten, weswegen die Übertragung in das Museum mit deutlich höherem Aufwand und höheren Kosten verbunden war. Repräsentativ für die landestypischen Häuser des Südwesten Deutschlands ist das Saargauhaus.
Diese sogenannten Quereinhäuser kamen im Trierer Land und im angrenzenden Luxemburg und Lothringen zwar in allen Größen und Ausstattungen vor, aber besonderes Ausmaß nahmen sie im Saargau, im Mittelgebirgsstreifen und zwischen Saar und Obermosel an. Die fünfachsige Fassadengliederung weist darauf hin, dass es sich hier um ungewöhnlich geräumige und repräsentative Gebäude handelt. Jenes im Roscheider Hof ist mit einem tonnengewölbten Mittelflur und einer Küche ausgestattet, was auf seinen Ursprung im 18. Jahrhundert hindeutet.
Unsere Eindrücke des Roscheider Freilichtmuseums sind durchweg positiv. Mit viel Liebe zum Detail beherbergt das Museum eine beachtliche Sammlung vieler alter und wertvoller Gegenstände. Man fühlt sich in die dargestellte Zeit zurück versetzt und kann das Leben, wie es früher war, gut nachvollziehen. Man sieht, mit wie viel Mühe und Arbeit der lange Weg bis zur Fertigstellung der Ausstellung und der beiden Gebäudegruppen verbunden war und womöglich noch ist. Denn stets wird das Museum an Gegenständen und Gebäuden bereichert. Das Gelände an sich lässt einen gemütlichen Spaziergang zu. Man kommt an vielen Obstbäumen, einem großen Rosengarten und kleinen angelegten Gärten und Blumen der Museumshäuser vorbei. Als Abschluss bietet das Freilichtmuseum einen netten Ausklang in der Hofschenke, wo es Kaffee und Kuchen gibt. Für die, die es deftiger mögen, steht auch gute Hausmannskost auf der Karte.
Zu den Ausstellungen
Auf dem Freigelände
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