Was für ein Herzschlagfinale: Nach 20 Punkten Rückstand kämpfte sich die TBB Trier vor 4054 Zuschauern und den Kameras von Sport1 zurück ins Spiel, obwohl Ulm schon wie der sichere Sieger aussah. Trotzdem behielten die Gäste mit 82:86 am Ende noch die Oberhand.
Vielleicht überwog erst die Nervosität beim ersten TV-Livespiel seit 827 Tagen, denn gegen die Ulmer Überflieger legte Trier erstmal eine Bauchlandung hin. Vor den Augen der Ex-Nationalspieler Stephan Baeck und Pascal Roller sowie Kommentator Michael Körner hieß es nach kaum zwei Minuten Spielzeit schon 0:10 aus Gastgebersicht. Dann besann sich die TBB auf eine gewisse Bringschuld aus dem Hinspiel, konterte und zog gleich – ihrerseits mit einem 10:0 Lauf. Ein Topspiel war eröffnet.
Gegen den letztjährigen MVP John Bryant (12 Punkte), standen Andi Seiferth und Vitalis Chikoko besonders im Rampenlicht. Wie bremst man einen 130-Kilo-Truck mit dieser Spurbreite beim Rebound aus? Das wusste die lange Garde der Trierer zunächst wohl auch nicht recht, denn der US-Amerikaner schaltete in der Zone nach Belieben. Einzig Jermaine Bucknor verfügte auf Trierer Seite über die Physis, gegen den Ulmer Center aussichtsreich aufzuposten. Neben Bryant und dem brandgefährlichen Keaton Nankivil nervte sich die TBB aber vor allem selbst; schoss gegen die enge Defense der Gäste einige Tickets. Hinzu kam Pech genug für zwei Spiele, immer wieder mussten Jarrett Howell und Kollegen mitansehen, wie der Ball teils kurios aus dem Korb sprang. Dank Howells Dreier aber hielt die TBB bis zur Halbzeit Anschluss; mit 36:42 ging es alles andere als chancenlos ins dritte Viertel. Point Guard und Nationalspieler Per Günther war zuvor umgeknickt und kehrte nicht mehr ins Spiel zurück.
Ulm gibt erst Vollgas – und dann (fast) alles her
Die TBB steigerte sich in der Folge defensiv, konnte sich aus dem Offensivloch aber nicht recht befreien. Immerhin praktizierte man mit dem Pick-and-Roll auf Andi Seiferth das probateste Gegenmittel gegen Bryant, der den ein oder anderen Schritt zu spät kam. Bis zu Joshi Saibous Dreier zum 45:51 blieb die TBB in Schlagdistanz, dann machte Ulm ernst. Ray und Jeter trafen aus allen Lagen und vor allem auch von der Dreierlinie, obendrauf gabs ein Unsportliches Foul für den etwas blassen Bastian Doreth – bei Trier lief hingegen gar nichts mehr zusammen. Mit 50:70 hatten sich die Gäste bis zur Viertelpause komfortabel abgesetzt; die Vorentscheidung schien gefallen.
Vorentscheidung? Nicht in Trier. Per Ganzfeldpresse versuchten es die Gastgeber nochmal von neuem, und das durchaus erfolgreich. Howell, Chikoko und Bucknor brachten Trier schließlich mit ungeahnter Entschlossenheit wieder heran – Chikoko, der zuletzt nicht immer glücklich aussah, räuberte sich von Punkt zu Punkt und erinnerte alle nachdrücklich daran, weshalb man den 20-Jährigen im Sommer aus Göttingen an die Mosel gelotst hat. Nach Jermaine Bucknors Dreier und einem nachsetztenden Chikoko stand es plötzlich 71:78 bei über vier Minuten Restspielzeit – alles wieder offen, alles möglich. Aber Ulm hielt dem Anrennen stand. Bis auf 82:86 kam die TBB noch heran, Stewarts finaler Dreier, den die TBB über das gesamte Spiel schmerzlich vermisst hatte, war nicht mehr als Ergebniskosmetik.
Henrik Rödl, TBB Trier: „Ulm hat uns mit modernem Basketball lange in die Schranken gewiesen. Nächste Woche in Ulm wollen wir aber trotzdem die ganz große Überraschung schaffen.“
Thorsten Leibenath, ratiopharm Ulm: „Ich bin froh, dass wir hier gegen einen starken Gegner gewonnen haben. Nach Per Günthers Ausfall waren wir ohne zwei Starter, daher geht das knappe Ergebnis in Ordnung.“
Schon am kommenden Mittwoch (6.2., 19:30 Uhr) gibt es ein Wiedersehen mit den Ulmern und eine letzte Chance auf Revanche, dann aber in fremder Halle. Für das Pokalspiel wird Per Günther nach eigenen Angaben wohl wieder fit sein.
Statistik
TBB Trier: Bucknor (14), Linhart (13), Harper (12), Seiferth (12), Howell (10), Chikoko (9), Stewart (5), Saibou (5), Doreth (2), Mönninghoff (0)
ratiopharm Ulm: Jeter (17), Nankivil (16), Ray (13), Bryan (12), Schwethelm (11), Esterkamp (10), Günther (4), Betz (3), Theis (0)
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