Text: Matthias Spieth / Fotos: Vinzenz Anton
Drama im 5. Akt: Trier zeigt gegen die Giessen 46ers in der Verlängerung Nerven und lässt mit der 71:74-Niederlage wichtige Punkte liegen. Dem Team stehen schwierige Wochen bevor.
An den Zuschauern lag es nicht: Angeführt vom Fanblock und Hallensprecher Chris Schmidt peitschten die TBB-Fans ihr Team von Beginn an nach vorne. Lange Zeit auch mit Erfolg, denn trotz guter Defense auf beiden Seiten konnte Trier sich nach zehn Minuten mit 23:16 leicht absetzen. Die Aktion des Viertels gebührte Center Maik Zirbes, der erst mit einem saftigen Block gegen Robert Oehle abräumte, und im direkten Gegenzug zu Punkten kam. E. J. Gallup, dessen bis Ende November laufender Vertrag nicht verlängert wird, setzte dem Trierer Zwischenspurt mit einem sehenswerten Dreier die Krone auf. Der US-Amerikaner, zuletzt ohne rechtes Wurfglück, freute sich sichtlich.
Nervöses Duell auf Augenhöhe
Dass beide Teams den Sieg bitter nötig hatten, wurde spätestens im zweiten Viertel offensichtlich. Eine wachsende Zahl von Ballverlusten auf beiden Seiten, harte Defense und erzwungene Würfe entzogen dem Spiel die Leichtigkeit. Nach den auskurierten Magen-Darm-Infektionen von Oskar Faßler und John Bynum grassieren außerdem noch immer zwei Krankheiten im Trierer Kader: Dreier- und Freiwurfseuche (32 bzw. 59%) beutelten die Mannschaft in wichtigen Situationen. Immerhin wurde Gießen bis zur Pause nichts geschenkt, was auch dem wiedergenesenen John Bynum zu verdanken ist: Seine Energie hatte bei der Niederlage gegen Braunschweig noch schmerzlich gefehlt. Sehenswerte Aktionen gab es auf beiden Seiten; Andi Seiferth schloss nach behender Drehung um seinen Gegenspieler per Dunking ab, auf der anderen Seite gab sich Ex-Nationalspieler Misan Nikagbatse mit einer Flugeinlage die Ehre. Zur Pause stand es 34:32.
Auftakt zum großen Finale
Im dritten Viertel hatte Trier mehr als einmal die Gelegenheit, sich deutlich abzusetzen. Denn auch auf Gießener Seite lief vieles nicht zusammen. Das wuselige Tandem Bynum-Joyce konnte die gelegentlichen Abstimmungsprobleme aber nicht wettmachen: Oskar Faßler – diesmal für Gallup in der ersten Fünf – warf den Ball ohne Not ins Aus, wenig später gerieten Maik Zirbes und Philip Zwiener verbal aneinander. Da sich die Mannschaft dessen ungeachtet als Einheit präsentierte und E. J. Gallup das Viertel mit einem verrückten Fadeaway-Dreier abschloss, lag die TBB mit 9 Punkten in Front.
Schlussakt mit Verlängerung
Als Dru Joyce die Arena nach einem Block von Kollege Zwiener zum Kochen bringt, stehen die Zeichen eigentlich auf Sieg. Ein alter Bekannter ist damit gar nicht einverstanden: Ex-Trierer Barry Stewart schenkt seinem ehemaligen Arbeitgeber nach der Auszeit drei Punkte ein und dämpft jegliche verfrühte Euphorie. Irgendwann in dieser Phase beginnt auch das persönliche Drama des Philip Zwiener, dessen Fehlerquote exponentiell anstieg. Der Small Forward haderte sichtlich mit sich selbst und vergab entscheidende Freiwürfe – ein schwarzer Tag für den Leistungsträger.
Die Begegnung war anschließend an Spannung kaum zu überbieten. Ein Dreier von Nikagbatse brachte Gießen in Führung, Maik Zirbes antwortete per Dunking. Erstaunlich außerdem, dass Henrik Rödl in den Schlussminuten E. J. Gallup aufs Parkett brachte – ein Zeichen großen Vertrauens in die Nervenstärke und Erfahrung des Distanzschützen. Beim Stand von 68:68 sind noch 15 Sekunden zu spielen, Trier ist in Ballbesitz; Gießen verteidigt mit Zähnen und Klauen. Und mit Erfolg: Dru Joyce zieht zum Korb, vergibt – Verlängerung.
Die begann noch hoffnungsvoll: Spielmacher Joyce steckt durch auf John Bynum, der auch mit 33 Jahren noch Luftpost liefern kann und per Dunk abschließt. Viel mehr lief jedoch nicht zusammen – insgesamt kam die TBB in der Verlängerung nur auf drei Punkte. Barry Stewart und Maurice Jeffers zogen den Zahn, Trier vergab mit dem letzten Wurf die Möglichkeit zum Ausgleich und verlor 71:74.
„Wir sahen aus wie der vermeintliche Sieger. Als es darauf ankam, haben wir nicht getroffen“ – Henrik Rödl auf der Pressekonferenz
Nach der vermeintlichen Pflichtaufgabe gegen Gießen stehen den Trierern schwere Wochen bevor. Nach zwei Auswärtsspielen in Frankfurt und Ludwigsburg muss die TBB gegen Berlin, München, Bamberg, Bonn und Oldenburg ran – die wohl stärksten Vereine der Liga werden keine Geschenke machen. Coach Henrik Rödl glaubt trotzdem an sein Team: „Wir sind heute als Einheit aufgetreten. Die Mannschaft wird in Zukunft für ihr Auftreten belohnt werden.“ Und dann wären da noch die Fans – mit der lautstarken Rückendeckung dieser Partie sehen die nächsten Wochen gleich weniger düster aus.
Statistik
TBB Trier: Joyce (13), Zwiener (11), Dojcin (8), Faßler (2), Zirbes (8), Linhart (6), Seiferth (4), Gallup (6), Picard (0), Bynum (13)
LTi Giessen 46ers: Stewart (19), Ovcina (5), Jeffers (14), Archibong (15), Bernard (6), Perl (0), Zazai (1), Prewitt (0), Oehle (6), Nikagbatse (8)
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