Von Andreas Gniffke
Die Beziehung eines Mannes zu seinem Fußballverein ist etwas Besonderes. Selbst notorische Fremdgänger bleiben ihrem Club trotz eines sportlichen Desasters nach dem anderen treu ergeben. Für die Frauen, die in dieser Konstellation grundsätzlich die zweite Geige spielen, hat Sportmoderatorin Jessica Kastrop mit „Liebe in Zeiten der Champions League“ nun einem Beziehungsratgeber geschrieben, der dem weiblichen Geschlecht helfen soll, Verständnis zu erlernen, aber auch die eigene Position durch subtile Tricks zu verbessern. Männer sind in Frau Kastrops Welt nämlich erstaunlich simpel gestrickt und verdammt leicht zu manipulieren.
Jessica Kastrop? War das nicht die… Genau, sie war es, die durch einen Kopfballunfall nach einem Schuss von Khalid Boulahrouz zur Internetikone wurde. Grundsätzlich lassen sich nahezu alle Lebenssituationen perfekt mit Fußballmetaphorik beschreiben und diese Methode zieht sich von Beginn an durch ihr Buch. Einen roten Faden sucht man aber häufig vergeblich.
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Aber beginnen wir vorne. Für verzweifelte Singlefrauen bietet das Stadion laut Frau Kastrop eine perfekte Umgebung, um Männer in ihrem natürlichen Lebensraum kennenzulernen. Geboten werden Tipps zur perfekten Verkleidung („Beim Fußball zählt Lokalpatriotismus!“), dem geeigneten Ort (natürlich die Fankurve, keinesfalls die Sitzplätze!) und die besten Strategien bei der Kontaktaufnahme. Frau soll also dahin gehen, wo es wehtut (oh nein, Phrasendrescherei scheint ansteckend zu sein…). Die Kurve eignet sich vor allem durch das weitgehende Fehlen von weiblicher Konkurrenz und einem dementsprechenden Überangebot an potenziell paarungswilliger Beute hervorragend als Jagdrevier. Doch Vorsicht ist bei der ersten Kontaktaufnahme angesagt:
Verkneifen Sie sich jede Bemerkung darüber, wie sehr Ihnen die muskulösen Beine der Fußballer gefallen, oder wie schade Sie es finden, dass es eine Gelbe Karte fürs Trikotausziehen gibt – bei DEN Waschbrettbäuchen. Solche Kommentare wirken auf den Mann mit dem One-Pack, der sich gerade 1000 Kalorien in Form von Gerstensaft gönnt, unnötig verstörend. Behaupten Sie einfach ganz trocken – wer kann für die Vorlieben der Spieler schon die Hand ins Feuer legen: ‚Cristiano Ronaldo ist bestimmt schwul, da gehe ich jede Wette ein‘, und Sie haben alle Sympathien auf Ihrer Seite.
Ja klar. Doch die Beziehung zu einem ansonsten völlig normal wirkenden Fußballfan hat vor allem im alltäglichen Zusammenleben so seine Tücken. Viele Männer dürften die Erfahrung gemacht haben, dass es die Partnerin nicht immer leicht hat, vor allem wenn sie dem runden Leder so rein gar nichts abgewinnen kann. Konflikte sind so vorprogrammiert. Gegenseitiges Verständnis ist der Schlüssel zum Erfolg. Frau muss allerdings lernen, ihre Wünsche und Bedürfnisse in mundgerechte Stücke zu zerlegen und klar zu artikulieren, denn „nur wer quietscht, wird auch geölt!“. Komplexe Botschaften oder subtile Hinweise prallen am Mann nämlich ab, bzw. erkennt er diese gar nicht als solche. Soll der Mann auf etwas verzichten, müssen Alternativen her, oder eine zielgerechtete Überzeugungsstrategie mit subtilem Druck:
Wenn es am Wochenende darum geht, ob er noch zum siebzehnten Auswärtsspiel seiner Mannschaft fahren muss, dann sagen Sie ihm ruhig, aber bestimmt, dass sie schon sechzehn Wochenenden auf ihn verzichtet haben und dass Sie jetzt mal dran sind. Dann denken Sie bitte an die Wahlalternativen. Bieten Sie ihm in diesem Augenblick eine Auswahl von zwei oder mehr Möglichkeiten – und es wird funktionieren. Bestimmt.
Leider verlässt Jessica Kastrop nach einiger Zeit den eingeschlagenen Weg und beschäftigt sich weniger mit der Frage, wie man denn das Beziehungsleben mit einem Fußballfreak gestalten solle. Sie bietet vielmehr einen allgemeinen Beziehungsratgeber, den sie mit Fußballmetaphorik aufzuhübschen versucht. Frauen sollen ihr Leben selbst in die Hand nehmen und „ihr eigener Spielführer werden“. Wie der Fußball ist auch die Liebe ein Mannschaftssport und ein eingespieltes Team aus Freunden und vor allem Freundinnen hilft aus vielen misslichen Beziehungslagen heraus. Und auch den Beziehungsabpfiff müssen die Frauen am Besten selbst in die Pfeife stoßen. „Ein Pfiff, und der ganze Spuk ist vorbei. Oft gibt es eine Nachspielzeit, vielleicht auch noch ein Elfmeterschießen, aber spätestens danach ertönt er, der rettende Pfiff.“ Nach dem Spiel ist vor dem Spiel, wie schon Sepp Herberger wusste.
Auf dem im Moment in jeder Buchhandlung heranwachsenden Haufen mit Fußballbüchern findet sich auch dieses Buch, obwohl es besser in die überquellenden Regale der Beziehungsratgeber gesteckt werden würde. Oder man wartet noch ein paar Monate, dann wird es „Liebe in Zeiten der Champions League“ sicher in ausreichender Menge in der Kiste mit den Mängelexemplaren geben. Denn auch wenn die Autorin netterweise einen kleinen Crashkurs in die Fußballregeln bietet, hat ihr Buch mit Fußball wirklich nur am Rande etwas zu tun. Vielmehr versucht sie mit Hilfe der den meisten Männern gut vertrauten Fußballsprache Hilfestellung beim Beziehungsalltag zu liefern, vertritt dabei aber ein durchaus merkwürdiges Männerbild. Stereotype machen ein Buch lustig, das ist nun keine Kastropsche Erfindung. Aber bei der Frage, ob sie einen leicht albernen Comedyratgeber oder tatsächlich einen ernst zu nehmenden, wenn auch augenzwinkernden, Ratgeber schreiben solle, wirkt sie etwas unentschlossen. Vieles kann einfach nicht ernst gemeint sein. Aber zumindest in einem Punkt ist Jessica Kastrop voll zuzustimmen:
Und bedenken Sie: Männer wollen sich als Mann fühlen, also überlassen Sie ihm, egal was passiert, den Grill!
Jessica Kastrop
Liebe in Zeiten der Champions League
Die besten Beziehungstipps für fußballgeplagte Frauen
Knaur-Verlag, 232 Seiten, 8,99 €
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