Die Hochschule Trier präsentiert sich in neuem Erscheinungsbild und tritt damit ungewollt eine Welle des Spotts los. Ein sogenanntes Meme ist der Ursprung…aber was ist das überhaupt?
Trier. Ein (Internet-)Meme ist ein Konzept in Form eines Links, Bildes oder Videos, welches sich rasend schnell über das Internet verbreitet. Seit dem Siegeszug der sozialen Netzwerke entwickeln sich derartige Memes mit einer unberechenbaren Eigendynamik. Die US-Sängerin Beyoncé versuchte beispielsweise Anfang 2013 unvorteilhafte Bilder ihrer Live-Performance bei der Halbzeitshow des Superbowls aus dem Internet entfernen zu lassen und erntete prompt den Spott der Internetgemeinde, die den Schnappschüssen zu zweifelhaftem Weltruhm verhalf. Das Internet vergisst bekanntlich nichts.
Aus solchen Bildern werden oft sogenannte „Image macros“. Dies bezeichnet Memes, die aus einem Bild und meist zwei Textzeilen im Vordergrund bestehen. Der Bildinhalt ist in der Regel den Internet-affinen Nutzern bekannt und sollte zur jeweiligen Situation passen, die das jeweilige Meme bzw. seine Textzeilen beschreiben. Für schwer lesbare Texte wird beispielsweise ein Schnappschuss einer alten Dame vor einem Computer-Bildschirm verwendet, die sichtlich Schwierigkeiten hat den Bildschirminhalt zu verstehen.Für Memes, die derartige Situationen beschreiben, wird in der Regel immer nur dieses eine Bild verwendet. Für den dazugehörigen Text sind der Kreativität der Internet-Community keine Grenzen gesetzt. Diese Meme-Kultur, mit welcher der Rest der Welt meist nur in Berührung kommt, wenn sich ein Medienhype wie im Falle Beyoncé’s entwickelt, wächst und gedeiht online auf dutzenden Fun-Plattformen, aus denen immer wieder vereinzelte Kreationen den Siegeszug um die ganze (Online-)Welt antreten. Dabei sind die Plattformen selbst auch alles andere als Nischenprodukte. Der Marktführer 9gag beispielsweise verzeichnet täglich 50 bis 100 Millionen Aufrufe und gehört damit zu den 200 meistgenutzten Webseiten weltweit. Einer derartigen Reichweite muss sich dann sogar Beyoncé geschlagen geben.
Nun hat es auch die Hochschule Trier getroffen, die – wie von uns berichtet – vergangene Woche ihr neues Erscheinungsbild vorgestellt hat. Dabei fand sich weniger der neue Slogan „grenzenlos. pulsierend. visionär.“ im fragwürdigen Rampenlicht des Internet-Spotts wieder, als viel mehr der neu entworfene Schriftzug. Die Hochschule Trier sieht darin die Visualisierung von Freiraum für Entwicklung, Handeln und Denken.
Die studierenden Internetnutzer haben offensichtlich etwas anderes gesehen und publizierten ihren Spott mithilfe der verwirrten Internet-Seniorin. Wurde das Bild zunächst in privaten Facebook- und Whatsapp-Gruppen geteilt, fand es recht schnell den Weg in die öffentlich zugänglichen Bereiche der sozialen Netzwerke. Seitdem teilt die Studentenschaft das Meme unaufhörlich, dass mittlerweile eine Eigendynamik entwickelt hat, die sich nicht mehr aufhalten lässt. Durch „Gefällt mir“-Markierungen, geteilte Beiträge und Markierungen anderer Personen entsteht ein unüberschaubares Netzwerk, dass sich binnen weniger Tage weit über Studentenkreise ausgedehnt hat. An der Hochschule Trier wurde das Bild von einigen gewitzten Studenten gar großformatig ausgedruckt und unerlaubterweise in mehreren Gebäuden auf dem Campus aufgehangen.
Eins haben alle Reaktionen gemeinsam: eine regelrecht vernichtende Rezeption des neuen Designs. Einige vermuten den Postillon als Urheber der Buchstabenanordnung, andere zerbrechen sich den Kopf über die Kosten für das Design, wieder andere sammeln in eigens dafür eingerichteten Facebook-Gruppen die besten Sprüche. Tatsächlich wurde der neue Schriftzug von verschiedenen Vertreterinnen und Vertreten diverser Fachbereiche sowie einer externen Designerin umgesetzt. Die Hochschule wollte laut der Pressemitteilung zum neuen Corporate Design „einen zeitgemäßen, innovativen Akzent in der Bildungslandschaft setzen und so ihre Position als starke Marke bekräftigen.“
Die Stimmung am Campus der Hochschule spiegelt die verhaltenen Reaktionen aus der Online-Welt wieder. Viele verstehen nicht, wie ein derartiger „Buchstabensalat“ offiziell als neues Erscheinungsbild präsentiert werden kann, wo doch der alte Schriftzug bereits als einprägsames Logo in der Region etabliert war. Eine Studentin erklärt ihre Abneigung: „Ich mag Logos nicht, wo ich erst mal ewig drauf schauen muss, bis ich es entziffern kann.“ Ihr Begleiter braucht einen Moment, um seine Gedanken in Worte zu fassen: „Es sieht für mich aus wie…Tetris.“ Viele vermuten unerfahrene Design-Studenten hinter der Buchstaben-Anordnung. Die Tatsache, dass die Umsetzung gar nicht aus dem entsprechenden Fachbereich stammt, sorgt Campus-weit für Staunen. Auch am Design-Campus am Paulusplatz kommentiert man den Schriftzug mit knappen, aber vernichtenden Worten. Interessant ist, dass gleich mehrere Studierende das Logo gar nicht von offizieller Seite, sondern ausschließlich durch das Meme kennen. Wieder andere sind nur durch die unerlaubten Meme-Poster auf dem Campus auf die Thematik aufmerksam geworden.
Getreu dem Sprichwort „Es gibt keine schlechte Werbung!“ ist die Hochschule Trier mit ihrem neuen Corporate Design zur Zeit immerhin in aller Munde. Ob der von Studenten als „Buchstabensalat“ abgestrafte Schriftzug aber ein wirklich gutes Licht auf den Hochschul-Standort Trier wirft, darf bezweifelt werden.
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