Von Jan Kowalski (Text und Fotos)
Ein verregneter Abend an der Mosel. Die meisten Menschen treibt es in ihre Wohnungen und Häuser. Doch einige landen nicht vor dem Fernseher um sich die Bundesliga anzuschauen, sondern strömen erwartungsvoll in die TuFa, um der Lesung von Frank Goosen zu folgen. 5vier war mit dabei.
Kurz vor 20 Uhr füllen sich die Reihen des Großen Saals in der Tuchfabrik mit einem gespannten Publikum. Einige haben sich bereits das Werk „Sommerfest“ am Eingang gekauft und blättern durch die knapp 300 Seiten. Nachdem alle Gäste ihren Platz gefunden haben, die erste Reihe ist komplett von Bochumfans in Trikots besetzt, tritt Frank Goosen hinter dem Vorhang hervor. Der Autor, Kabarettist und stellv. Aufsichtsratsvorsitzende des VfL Bochum, unterzieht das Publikum zunächst einem ersten Qualitätscheck, bevor er sich an seinen Tisch setzt. Mit dem von der Bühne aus erspähten ist er halbwegs zufrieden, die Herren in der ersten Reihe werden für ihre VfL-Textilien gelobt und ein Zuschauer in einem Frank Goosen-Fanshirt bekommt eine besondere Erwähnung. Danach wird die Anwesenheit von Dortmundern und Schalkern überprüft und diese mit einige Sprüchen bedacht. Das Publikum ist jetzt schon heiter gestimmt und klatscht zum ersten Mal Beifall.
Nachdem also die wichtigsten Dinge in Sachen Fußballanhängerschaft abgehandelt sind, beginnt der Bochumer mit einer Einleitung zu seinem neuen Werk „Sommerfest“, aus dem er heute vorlesen wird. Goosen gibt einen schnellen Abriss über den Inhalt und die Geschichte des Heimkehrers Stefan, der für nur ein Wochenende ins Ruhrgebiet zurückkehrt und alten Bekannten begegnet. „Das Buch hat natürlich autobiografische Züge“, gibt der Autor lächelnd zu. „Schließlich komme ich auch aus Bochum, aus einer Gegend, durch die der Bücherbus mit verhängten Scheiben durchgerast ist.“
Spontane Sprüche am Fließband
Frank Goosen beginnt seine Lesung mit einer Situation in einer klassischen Ruhrgebietslocation, einer Seltersbude. Doch der Bochumer liest nicht nur vor, sondern reagiert auf das Publikum und unterbricht öfters für spontane Ausführungen zu Jazzmusik, Pressefotografen oder Mikrorauschen. Dabei haut der Kabarettist spontane Sprüche am Fließband raus und bedient sich seiner Spezialität, der extravaganten Wortwahl.
Diese Arbeit mit der deutschen Sprache kennt man noch aus den Zeiten des Duos „Tresenlesen“, mit dem Frank Goosen seine Bühnenkarriere begann (zusammen mit Jochen Malmsheimer, bekannt aus ZDF-Sendung „Die Anstalt“). Das Publikum in der Tufa kichert dauernd und bricht immer wieder in herzhaftes Lachen aus. Die Lesung ist keineswegs unlustiger, als die spontanen Abschweifungen, denn Goosen hat nicht nur einen an vielen Stellen lustigen Roman geschrieben, sondern gibt den Charakteren auch verschiedene Stimmen, die Ruhrgebietsfloskeln und Sprüche zum Besten geben.
Etwa zu Mitte des Textes unterbricht Frank Goosen seine Lesereise erneut und testet das Fußballfachwissen des Trierer Publikums im Hinblick auf seinen VfL. Zum Glück sitzen in der ersten Reihe einige Herren mit blau-weißem Blut und so können die meisten Fragen zur Frühzeit der Bochumer Bundesligageschichte beantwortet werden. In der Folge wird der Text immer wieder von kleinen Fußballanekdoten unterbrochen und Goosen sinniert kurz über Bier in Bügelflaschen. Nachdem er dem Publikum seinen alternativen Titel für das Buch verraten hat („Auch schöne Frauen haben Stuhlgang“), beginnt nach etwa einer Stunde im Text ein emotionaler Teil.
Die Hauptperson Stefan ist gerade in einer Sinnkrise, er besucht das Grab seiner Eltern und schaut sich alte Bilder aus dem Ruhrgebiet an. Das Publikum erlebt das Leiden der Hauptperson und erfährt Vieles über das neue Ruhrgebiet und Heimatverklärung. Goosen hat mit diesem Kapitel auch einen sehr kritischen und ungewöhnlichen Teil in den Roman eingebaut und zeigt das Ruhrgebiet und seine Hauptperson von einer anderen Seite.
Gesprächs- und Fragerunde mit dem Publikum
Nach diesem etwas ernsteren Teil beendet der Kabarettist die Lesung und beginnt eine Gesprächs- und Fragerunde mit dem Publikum. Um das Eis zu brechen, erzählt er zunächst aus seinem Leben und seiner Arbeit und berichtet begeistert von seiner Tätigkeit als Jugendtrainer im Kinderfußball. Man merkt dem Bochumer seine geschilderte Begeisterung für den Fußball an und er erzählt auch einige witzige Geschichten. „Neben seiner Hochzeit und den Kindern, war die Entscheidung Kindertrainer zu werden das Beste, was ich die letzten Jahre getan habe“, gibt der zweifache Familienvater offen zu.
Das Publikum ist nun warm geworden und fragt den Autor Einiges über das Buch und seinen Verein VfL Bochum. Frank Goosen antwortet spontan und witzig auf jede Anfrage und verliert sich in der Beschreibung seines nächsten Projekts, indem er einige groteske Ideen vorstellt, die im nächsten Roman vorkommen.
Als keine Fragen mehr gestellt werden und auch Goosen nichts mehr einfällt, beendet der Autor den Abend mit dem Signieren seiner Werke. Das Publikum wird wieder in die kalte Herbstnacht entlassen und hat doch die Gedanken bei einem Sommerfest und dazu ein schmerzendes Zwerchfell.
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