Von Stefanie Braun (Text und Fotos)
Zwar ist die Premiere des Spielzeitauftaktes 2012/13 erst am 31. August, doch bereits am 14. und 15. Juli kann man „Evita“ auf Open-Air-Bühnen in Losheim am See und Monschau besuchen. Die Arbeiten sind bereits in vollem Gange und 5vier.de hat sich eine der Offenen Proben einmal angesehen.
„Evita“ heißt das weltberühmte Musical von Andrew Lloyd Webber und Tim Rice, welches sich um das glitzernde sowie tragische Leben von Argentiniens Präsidentengattin Nummer eins dreht: María Eva Duarte de Perón, besser bekannt als Eva Perón, besser bekannt als Evita. Die schaffte es in ihrem kurzen Dasein, sie wurde aufgrund von Gebärmutterhalskrebs nicht mehr als 33 Jahre alt, von einem ärmlichen Mädchen zur Schauspielerin und schließlich zur First Lady Argentiniens zu werden. In den Kreisen ihres einflussreichen Mannes General Perón war sie alles andere als gerne gesehen und es kursierten hartnäckige Gerüchte, dass sie sich sprichwörtlich „hochgeschlafen“ habe. Zwar war sie beim einfachen Volk aufgrund ihrer vielen wohltätigen Stiftungen sehr beliebt, doch von Politik verstand sie herzlich wenig und einigen ihrer Feinden passierte manches Mal ein unvorhergesehener „Unfall“. Doch trotz aller Zweifel gilt sie bis heute bei vielen Argentiniern als DIE First Lady.
Webbers und Rice‘ Evita spiegelt sich im Musical in der Figur des Che, einem einfachen Burschen aus dem argentinischen Volk, der ihren Machenschaften mal schmunzelnd, mal kritisch, mal verachtend gegenübersteht. In Trier übernimmt diese Rolle Neuzugang Matthias Stockinger, seines Zeichens Musicaldarsteller. Die Evita mimt ebenfalls ein neues Gesicht: Kristina Stanek, die frisch von der Uni kommt und als Mezzosopranistin die Stelle von Claudia-Denise Beck einnehmen wird. Bereits in der Offenen Probe kann man eines feststellen: Staneks Stimme ist wunderschön und dem Spiel von Stockinger sieht man nur allzu gern zu. Auch wenn es noch ein paar Tage bis zur ersten Vorstellung in Losheim sind, merkt man dem Stück doch schon einen Unterschied zu sonstigen Evita-Produktionen an. Diese Evita ist nicht wie viele Evitas vor ihr, so auch die bekannte Madonna-Version, ein auf Glamour und Effekt gemünztes Bühnenspektakel, sondern vielmehr eine Charakterstudie mit einer Evita-Persönlichkeit. Darauf zielte Regisseur Sven Grützmacher, der schon den letztjährigen Spielzeitknüller „West Side Story“ inszenierte. Seine Evita soll mehr sein als die große Bühnenshow, sondern soll die Tragik und die extreme Fallhöhe widerspiegeln, die Eva Peróns Leben durchzog. Ihren extremen Ehrgeiz, gepaart mit dem großen Charisma, das ihr anheim gewesen sein musste. Der Abscheu gegen die, die sie nie in ihren Kreisen akzeptierten und das Ausnutzen ihrer eigenen ärmlichen Vergangenheit, um bei der breiten Masse beliebt zu sein. Und schließlich die Krankheit, die sie mit 33 Jahren dahinraffte.
Genug Potenzial für Tragik und großes Theater. Zwar sieht die Inszenierung von Grützmacher im jetzigen Zustand noch etwas nach Rohbau aus, doch wer den Chef-Choreographen kennt, der weiß, dass er mit nur wenigen zarten Details einiges beim Zuschauer bewirken kann. Geprobt wird noch auf der Großen Bühne, das Bühnenbild, eine mehrstöckige Häuserwand mit bespielbaren Fenstern und Türen ist fertig, die Wege sind einstudiert. Doch in nur zwei Wochen wird alles schon wieder ganz anders aussehen, darin sind sich Regisseur und Technischer Leiter Peter Müller einig, denn sowohl Losheim als auch Monschau werden mit Freilichtbühnen aufwarten. Das Bühnenbild, eben jene mehrstöckige Häuserwand, kann nicht eben mal dorthin transportiert werden. Eigens für diese beiden Freilichtauftritte musste sich die Technik des Theaters etwas einfallen lassen.
„Es wird ein dreidimensionales, drehbares Element geben, welches zusammen mit vier Bühnenwänden das Bühnenbild nachzeichnen wird“, erklärt Peter Müller anhand einer Miniaturnachbildung. Das dreieckige Gebilde ist von innen durch eine Leiter erkletterbar und kann ganz einfach vor Ort zusammengebaut werden. Die einzelnen Bauteile werden über ein Bühnenstecksystem montiert. Klingt erst einmal ganz einfach, trotzdem wird die Freilicht-Evita eine ganz andere sein als die Bühnen-Evita im Großen Haus, nicht nur weil erstere bei schlechtem Wetter sprichwörtlich ins Wasser fallen kann. Die Gänge müssen vollkommen neu ausgerichtet werden, Auftritte müssen neu arrangiert werden. Lauter „kleine Problemchen“, die den reibungslosen Ablauf aber empfindlich stören können.
Bleibt nur noch die Daumen zu drücken. Einmal, dass die ersten zwei Auftritte nicht durch Regen oder Schlimmeres zunichtegemacht werden. Zum anderen, dass Grützmacher wieder einen fulminanten Spielzeitauftakt hinlegen kann. Was nach dieser ersten Offenen Probe durchaus im Bereich des Möglichen liegt, mit ein paar kleinen liebevollen Details kann diese Evita zu einem würdigen Nachfolger der West Side Story werden. Neuzugang Kristina Stanek legt als Evita viel Gefühl in die Rolle und kann so nicht nur mit ihrer Stimme punkten. Die Männer an ihrer Seite, so auch „Alte Hasen“ wie László Lukács als Juan Perón und Svetislav Stojanovic als Augustín Magaldi, müssen aufpassen, dass sie hinter der kleinen, schmalen, blonden Person nicht zurückbleiben. 5vier.de ist jetzt schon gespannt auf das Ergebnis der Probenarbeiten und wünscht allen Beteiligten Toi Toi Toi.
Weitere Bilder von der Offenen Probe
Fotos: Die Fotos entstanden während der Offenen Probe in Probenkleidung.
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