Am Samstag, 20. April, feierte (im wahrsten Sinne des Wortes) das Theater Trier die Uraufführung des Tanztheaterstückes „Falco – The Spirit never dies“. Die Leistungen von Tänzern, Sänger und Regisseurin wurden mit Standing Ovations belohnt.
Den Namen ‚Hans Hölzel‘ kennen nur wenige, meist Vertraute, alte Bekannte, wahre Fans. Mit „Falco“ können die meisten dann doch mehr anfangen. Jener Künstler, der es als erster und bisher einziger österreichischer Musiker in die Charts der USA geschafft hatte.
„Rock me Amadeus“, „Jeannie“, „Der Kommissar“ sind Songs, die ihre Anziehungskraft und ihren Esprit bis heute nicht verloren haben. Ein Ausnahmetalent. Und eine zutiefst zerrissene Seele.
Als Falco bereiste er fremde Länder, stand auf den Bühnen dieser Welt, feierte große Erfolge. Als Hans Hölzel hungerte er nach Anerkennung, versank im Drogen- und Alkoholsumpf, unfähig eine gesunde Beziehung zu führen. Unter der Regie von Amy Share-Kissiov betraten sein Leben und vor allem seine seelischen Abgründe noch mal die Bühne.
Getanzt wird er von David Scherzer, gesungen von Alexander Kerbst, der eine der Mensch, der andere die Kunstfigur. Zusammen stehen sie auf der Bühne, der eine genießt seinen Ruhm, der andere hockt melancholisch an der Bar und leert ein Glas nach dem anderen. Immer hin und her gerissen zwischen Engelchen und Teufelchen. Wieder im wahrsten Sinne des Wortes. Schon die ersten zarten Minuten der Aufführung enthüllen die Botschaft.
Hans Hölzel, alias David Scherzer, alleine auf der Bühne, der balanciert auf einem unsichtbaren Drahtseil. Über ihm schwebt in einer Kanzel Falco, alias Alexander Kerbst, singt „Out of the Dark“, es endet mit der Frage: „Muss ich denn sterben, um zu leben?“ Danach, eine dunkle Bühne, Autogeräusche, zwei Scheinwerfer fahren auf die Zuschauer zu, Geräusche eines Autounfalls. Stille.
Eine dichte Inszenierung
Begonnen hat Falcos Künstlerdasein bereits in jungen Jahren, als Kind besuchte er mit seiner Mutter das Theater. Er war fasziniert und eine Vision entstand in seinem Kopf. Jahre später, über die Hippiephase enttäuscht, bekommt das Kind beim Fernsehen einen Namen: „Falco“. So soll er heißen. Es folgen Auftritte, der übereifrige Produzent, noch mehr Auftritte, noch mehr Erfolg. Aber auch noch mehr Alkohol, noch mehr Drogen, noch mehr Einsamkeit. Dabei zieht sein persönlicher Dämon, getanzt von Reveriano Camil, ihn immer weiter in seine persönliche Hölle hinein, während sein „Schutzengel“, getanzt von Cécile Rouverot, immer wieder versucht ihn menschlich aufzurichten.
Der Kampf ist aussichtslos, arbeiten der Teufel und die selbst geschaffene Kunstfigur Falco doch Hand in Hand. Letzten Endes tanzt Hans mit dem Teufel und Falco, ein Autounfall unter Drogeneinfluss beendet sein Leben. Die Songzeile bekommt einen bitteren Beigeschmack: Hans Hölzel muss sterben, damit Falco leben kann.
Die Vision lebt
Eine dichte Inszenierung, die zum Nachdenken anregt, den Zuschauer auch lange nach dem Theaterbesuch noch nicht loslässt. Share-Kissiov gelingt hier ein Drahtseilakt aus Spannung, Feingefühl und künstlerischem Know-how, die Tänze sind originell, zugleich einfühlsam.
Alexander Kerbst und sein tänzerischer Gegenpart David Scherzer wissen es zu faszinieren, sie sind eine Person und doch vollkommene Gegensätze. Schlimmer noch: Falco säuft, kokst, führt sich an Grenzen, Hans landet im Krankenhaus. Falco bekommt den Beifall, feiert seinen Ruhm und seinen Erfolg, Hans sitzt allein und abgewrackt an der Bar. Falco trinkt mal wieder einen zu viel, Hans baut den tödlichen Autounfall. Falco lebt. Hans stirbt. Je melancholischer und verlassener Hans rüberkommt, umso arroganter und selbstgefälliger, fast brutaler erscheint seine selbst geschaffene Kunstfigur.
Sensibel und doch mitleidlos führt Share-Kissiov mit ihren Tänzern und ihrem Sänger hinter die schillernde Maske, enthüllt den ständigen Mangel, den Hans Hölzel spürt und die Unmenschlichkeit einer Figur, wie Falco sie eigentlich war.
Die Musik unterstreicht diese Zerrissenheit: Ist Hans der Part im Mittelpunkt, herrscht Stille, ist Falco derjenige, der im Rampenlicht steht, ertönen seine Songs, eindrucksvoll „Falcohaft“ vorgetragen von Kerbst in einem Neu-Arrangement von Frank Nimsgern. Die wirkungsvolle Ausstattung besorgte Olga von Wahl.
Die Stimmung im Publikum sagte alles. Standing Ovations, minutenlanges Klatschen, mehrere Vorhänge für alle Beteiligten. Hier ist ein ganz großer Coup gelungen. Glückwunsch an das Theater, an die Tänzer und Sänger und natürlich an alle Zuschauer, die diese Aufführung sehen dürfen.
Fotos: Theater Trier
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