Zwei Opern an einem Abend, das klingt, als müssten die Zuschauer gutes Sitzfleisch mit ins Theater bringen. Doch es zeigte sich, dass es auch anders geht: Zwei Kurzopern feierten am Samstagabend Premiere im Theater Trier: “Die Kluge” von Carl Orff und “L’Heure Espagnole” von Maurice Ravel.
Nach der Pause wartete die zweite Oper des Abends auf die Zuschauer: Maurice Ravels „L’Heure Espagnole“, auf Deutsch „Die Spanische Stunde“. Die „Spanische Stunde“ bezeichnet genau jene Stunde, in der Conception, die gelangweilte und vernachlässigte Frau des etwas trotteligen Uhrmachers Torquemada, Ruhe vor ihrem Uhren-verliebten Gemahl hat. In dieser einen Stunde stellt er nämlich die Uhren der Stadt, eine Stelle, die ihm der Einfluß- und Körperumfangreiche Don Inigo Gomez verschafft hat. Dies ist die Zeit, in der der poetische Gonzalvo seine Geliebte Conception nicht nur mit schönen Versen erfreuen kann.
Allerdings will ausgerechnet an diesem Tag, zu dieser Stunde der einfache, schüchterne, jedoch zupackende Eseltreiber Ramiro seine Uhr reparieren lassen. Zudem taucht dann noch der Don Inigo Gomez auf, um für seine Stellenvermittlung eine kleine Gegenleistung bei der Schönen zu verlangen.
Viel Witz und Charme
Heraus kommt eine gekonnte Versteck- und Beschäftigungsaktion der gewieften Conception, die bald verzweifelt über die miesen Leistungen ihrer beiden Geliebten und in dem einfachen, aber „handwerklich“ begabten Ramiro doch noch einen „richtigen Spanier“ findet.
Die Inszenierung lässt sich kaum beschreiben, ohne das fantastische Bühnenbild Hanna Zimmermanns zu erwähnen. Die Welt, die durch Musik und Bühnenbild erschaffen wird, ist eine surreale Welt, deren Figuren Karikaturen von sich selbst darstellen und mit ihren Versteckspielen ein bisschen an „Alice im Wunderland“ erinnern.
Da verschwinden Männer in Uhrenkästen, die Hauptdarstellerin hüpft hinten über den schrägen Rand der Bühne ins Nichts, der verrückte Uhrmacher sitzt am Minitisch. Die Story ist zu kurz und zu absurd um tiefer gehende Emotionen dahinter zu suchen, es gibt den liebenswert einfachen Eseltreiber, die gelangweilte kokette Ehefrau, den poetischen aber vergeistigten Liebhaber, den liebestollen, alternden Verehrer, den trotteligen, auf Uhren fixierten Ehemann.
Keine langen Arien, die Geschichte wird singend erzählt, mit viel Witz und Charme. Die Gags entstehen im flotten Spiel der schablonenhaften Figuren. Daneben, darüber, darunter die minutiöse Musik Ravels.
Karrikaturen und Schablonen
Grützmacher, der hier wieder Regie führte, schlug nach „Die Kluge“ eine ganz andere Richtung ein: Heiter, witzig, verspielt, ein Schmankerl zum Abschluss, um die Laune zu heben. Die Kostüme, passend zu den Figuren, verführerisch, lachhaft, schöngeistig, einfach und sogar etwas zu knapp bemessen für den stattlichen Bauchumfang. Ein rundes, stimmiges Paket. Besonders schön: das stimmungsvolle, zauberhafte Bühnenbild. Der Zuschauer fühlt sich für (ganz) kurze Zeit hineinversetzt in eine kleine, aberwitzige Welt, schaut ein paar lustigen Figürchen bei ihrem Spiel zu und verlässt diese Welt schließlich wieder, als sich der halbdurchsichtige Vorhang senkt. Generalmusikdirektor Victor Puhl führt auch in „L’Heure Espagnol“ ein strenges Regiment über sein Orchester, treibt zu Höchstleistungen an und bekommt verdient einen gehörigen Applaus. Verdientermaßen bekamen den auch diejenigen Darsteller, die sowohl in „Die Kluge“ als auch in „L’Heure Espagnol“ zu sehen waren, allen voran Amadeu Tasca, der schon in „Die Kluge“ sprang, sang und kletterte und in „L’Heure Espagnole“ dann noch mannshohe, „gefüllte“ Uhren schleppen musste.
Fazit: Dieser Doppelabend ist zu loben. Zwei kurze, knackige Opern, zwei vollkommen unterschiedliche, aber stimmige Inszenierungen, zwei besondere Komponisten. Ein starkes Ensemble, ein gestandenes Orchester, ein wohlgesonnenes Publikum. Hier ist für jeden was dabei. Garantiert.
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