Am vergangenen Freitag veröffentlichte die lokale Band „Chopsticks“ ihr Debütalbum „Red Nose Revolution“ (5vier berichtete). Wir waren auf der Release-Party dabei und haben uns natürlich auch das Album in aller Ruhe zu Gemüte geführt.
Bereits um halb neun ist der Mergener Hof gut gefüllt, von Ausverkauft zu sprechen wäre zwar übertrieben, aber für eine lokale Amateurband ist der Andrang beachtlich. Viele sind über drei oder vier Ecken mit der Band bekannt, jeder kennt jeden. Die Atmosphäre ist locker, die Chopsticks wuseln durch die Menge und schütteln Hände, während sich die Vorband, „Radio Moskau“ aus Saarlouis, im Backstage Bereich auf den Auftritt vorbereitet. Gegen 21 Uhr geht es los.
„Radio Moskau“ rockt!
Bevor sich dieser Bericht den Headlinern des Abends zuwendet, muss eines erwähnt werden: „Radio Moskau“ rockt! Durch zwei elektrische Gitarren, einen charismatischen Sänger und, besonders sympathisch, deutsche Texte, entsteht ein interessanter Mix, der textlich an diverse deutsche Songwriter erinnert, ohne dabei musikalisch dem Kerl-mit-Holzgitarre-auf-Barhocker-Klischee zu entsprechen. Als Nächstes werden die Jungs auf dem Rock gegen Rechts-Festival in Saarbrücken spielen. Geheimtipp!
Heimspiel für die Chopsticks
Gegen 22 Uhr betreten dann die „Chopsticks“ die Bühne und haben das Publikum direkt auf ihrer Seite, noch bevor der erste Akkord gespielt wurde. Nach den ersten Songs merkt man deutlich: Das ist auch für die erfahrene Band ein besonderer Tag, zumal der Gig auch aufgrund anderer Aktivitäten der Bandmitglieder einer von nur ganz wenigen in 2012 gewesen sein könnte. Neben den Songs, die sich auch auf dem Album befinden, spielt die Band auch neuere und ältere Songs aus der sechsjährigen Bandgeschichte. Fast zwei Stunden lang wird so das Publikum auf Trab gehalten, bis die Band das reguläre Set mit „My Girl“, dem Hauptstück des Albums, beendet.
Auch danach bleibt die Stimmung ausgelassen, der Party-Teil der Releaseparty steht jetzt im Vordergrund. Nahezu alle der fast 100 Zuhörer bleiben länger. Alles in allem ein sehr unterhaltsamer Abend mit gleich zweimal guter Musik. Mehr kann man definitiv nicht verlangen.
Das Album
„Red Nose Revolution“ ist mit sieben Songs ein eher kurzes Album geworden, dafür ist es mit 4 Euro extrem preiswert zu haben. Es startet sofort mit der Single „My Girl„. Jeder, der schon mal einen Song von den Chopsticks gehört hat, hat vermutlich diesen gehört, nicht zuletzt, weil die Band dafür auch ein Video gedreht hat. Deutlich merkt man, dass dieser Song als Einziger in einem professionellen Studio aufgenommen und produziert wurde, der Sound ist hier einfach klarer und man will es einer Amateurband gar nicht zum Vorwurf machen, aber er ist deutlich professioneller als der Rest des Albums.
Der zweite Song „Broken Home“ ist dann einer der Songs, die aus dem Album herausstechen: Valentin Henning singt den Text in einer Art Sprechgesang, der an Linkin-Park-Balladen oder die frühen Songs von Limb Bizkit erinnert. Auch Elena Lorscheid, als Zweitstimme im Refrain, verleiht dem Song zusätzliche Faszination.
Das nächste Stück „Fly“ ist, zumindest meiner persönlichen Meinung nach, der unspektakulärste Song des Albums. Das bedeutet nicht, dass er schlecht wäre, aber selbst beim dritten Hören fällt mir außer einem recht coolen Gitarrensolo nichts auf, was herausstechen würde. Aber ein Album kann ja auch nicht nur aus Tophits bestehen.
Anders die Nummer vier, „Somewhere Between„. Wie im Interview erwähnt, waren Streicher auch zeitweise in die Band integriert, die in diesem Song voll zum Einsatz kommen. Dass diese Instrumente in einer Hobbyband eher selten vertreten sind, muss wohl nicht extra erwähnt werden, weshalb man beim ersten Hören sehr überrascht sein könnte. Die Musik erhält fast einen Folk-mässigen Einschlag, der vielleicht nicht jedermanns Sache ist, aber Fans des Genres sehr glücklich machen dürfte.
Song Nummer fünf ist ein älteres Stück, „State of Mind„, das wohl alleine dafür verantwortlich ist, dass der Sound der Band mit „System of a Down“ verglichen wurde: Besonders das Intro hätte aus der Feder von Daron Malakian stammen können und klingt so sehr nach SOAD, dass man sich fragt, ob hier gesampled wurde. Dass das nicht der Fall ist, spricht besonders für Gitarrist Luca Schaan, der den typischen Sound nahezu eins zu eins hinbekommt.
Der vorletzte Song ist schließlich das Namen gebende Stück „Red Nose Revolution„. Hier liefert die Band ihre beste Arbeit ab: Musikalisch, stilistisch und textlich passt alles super zusammen. Schade, dass nicht auch dieser Song die professionelle „Studio-Behandlung“ erfahren durfte. So ist der Sound zwar auch kaum zu beanstanden, aber teilweise sind einige Übergänge etwas unsauber geraten.
Den Abschluss bildet die Ballade „All of my Senses„, die von Diana Goetzke geschrieben und auch gesungen wurde. Sicherlich kein typischer Chopsticks-Song, aber verdammt noch mal, melancholisches Gitarrengefrickel (in diesem Fall auch von Diana Goetzke) geht eigentlich immer. Wenn die Sängerin dann auch noch eine wirklich umwerfende Stimme hat, darf auch eine Rockband gerne mal kitschig werden. Mein persönlicher Favorit!
Am Rande sei übrigens noch erwähnt: Die physische CD und die Hülle sehen richtig gut aus, bedruckte Scheibe und sogar ein kleines Booklet. So lobt man sich das!
Alle Unentschlossenen, die erst jetzt Lust bekommen haben, können das Album weiterhin auf der Facebookseite der Band für 4 Euro erwerben.
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