Mit „Rock of Ages“ hat sich Regisseur Adam Shankman an die Verfilmung eines erfolgreichen Broadway-Musicals gewagt, in dem der Geist des Hardrocks der späten achtziger Jahre mit Bands wie Bon Jovi, Twisted Sister oder Poison auflebt. 5vier.de-Redakteur Andreas Gniffke hat sich den Film im Trierer Cinemaxx angesehen.
Wir schreiben das Jahr 1987 und der Rock ’n‘ Roll ist bedroht. Das Zeitalter des Pop kündigt sich an, die Helden des Hardrocks sind alt geworden und selbst über dem Epizentrum dieser Musik, dem Bourbon Room in Los Angeles, kreist der Pleitegeier. Mit einem Bündel ihrer Lieblingsschallplatten unter dem Arm kommt die junge Sherrie (Julianne Hough) nach LA und wird prompt ausgeraubt. Drew (Diego Boneta), Kellner in eben diesem Bourbon Room, verguckt sich gleich in das niedliche Landei aus Oklahoma und verschafft ihr einen Job als Kellnerin im Club, der Beginn einer zarten Romanze. Doch der Auftritt von Drews Band mit dem ultimativ bescheuerten Namen „Wolfgang Von Colt“ im Vorprogramm des exzentrischen Rockstars Stacee Jaxx (Tom Cruise) verändert alles, nachdem Drew einen vermeintlichen Seitensprung seiner Sherrie mit dem durchgeknallten Star beobachtet hat. Das alles ist selbst für eine Teenie-Romanze etwas arg vorhersehbar inszeniert und jedem ist natürlich klar, dass es für das Blondchen und den Lockenkopf ein Happy-End geben wird.
Es ist die Musik und das damit verbundene Lebensgefühl, das im Mittelpunkt des Films stehen soll. Es wird also viel gesungen und getanzt, wer damit ein Problem hat, sollte einen großen Bogen um das Kino machen. Und hier liegt auch das große Problem von „Rock of Ages“. Echte Rockfans dürften bei den teilweise extrem weichgespülten Klassikern von Def Leppard, Twisted Sister oder Foreigner fluchtartig den Saal verlassen und auch die gesanglichen Darbietungen der Darsteller sind teilweise nur schwer zu ertragen. Julianne Hough ist zwar mit einem anbetungswürdigen Körper und einem süßen Antlitz gesegnet, klingt aber leider weniger nach Lita Ford oder Joan Jett, sondern eher wie Kermit der Frosch. Hough ist von Hause aus Countrysängerin, was zu ihrer quietschenden Stimme sicher deutlich besser passt als die Rockhymnen, die hier dargeboten werden. Deutlich besser singt dagegen Diego Boneta, dem man den Rocker aber auch zu keinem Zeitpunkt abnimmt. Rein optisch erinnert Boneta eher an das Mitglied einer Boygroup, und so kommt es auch im Film, als ihn sein schmieriger Manager als Star einer grauenvollen New Kids on the Block-Karikatur vorsieht. Sicher eine der lustigsten Szenen des Films.
Dass „Rock of Ages“ letztendlich kein komplettes Fiasko geworden ist, liegt an den teilweise hervorragenden Nebenfiguren. Vor allem Tom Cruise überzeugt als abgewrackter und wahnsinniger Stacee Jaxx auf ganzer Linie. Man könnte seine Darbietung als grelle Überzeichnung interpretieren, wenn man nicht wüsste, dass es genügend Beispiele in der Musikhistorie gibt. Axl Rose lässt grüßen. Die irre Rampensau nimmt man Cruise voll und ganz ab. Während Catherine Zeta-Jones als Bürgermeistergattin wie Sarah Palin auf Speed wirkt, ist Alec Baldwin als Besitzer des Bourbon Room der große Sympathieträger des Films. Mit leidenschaftlichem Idealismus betreibt er den Club als Herzensangelegenheit im Dienste des Rock. Ihm zur Seite steht sein verrückter Assistent, gespielt von Russell Brand, der im Prinzip genauso spielt wie in seinen bisherigen Rollen, aber dennoch den Geist des Hardrock besser verkörpert als die übrige prominente Besetzung.
Es stellt sich die Frage nach der Zielgruppe des Films. Echte Rockfans dürften wenig begeistert sein und bleiben besser bei den Originalen. Für die jugendliche Zielgruppe könnten zwar die beiden Hauptdarsteller ein Grund sein, den Weg ins Kino zu finden. Ob sich die Generation Bushido aber von den alten Hits angezogen fühlt, mag man bezweifeln. Bleiben also fast nur Musicalfans, denn auch wenn für den Film die Vorlage stark verändert wurde, haben wir es mit einer klassischen Musicalverfilmung in der Tradition von „Mamma Mia!“ zu tun.
Für Musik-Nostalgiker gibt es zumindest bessere Alternativen, die den Geist der Rockmusik weitaus authentischer einfangen, als dies „Rock of Ages“ tut. Von Sex, Drugs and Rock ’n‘ Roll ist auf jeden Fall wenig zu spüren. Zwar tanzen und räkeln sich unzählige Prachtkörper durch den Film, doch das alles versprüht die Verruchtheit eines Disneyfilms. Alles klinisch rein und selbst die traditionell versifften Toiletten des Bourbon Room eignen sich bedenkenlos für ein kleines Techtelmechtel von Stacee Jaxx mit einer Journalistin. Wer sich also auf einen filmischen Trip in die musikalische Vergangenheit begeben will, dem sei noch einmal „Almost Famous“ ans Herz gelegt, eine Liebeserklärung an die Musik der Siebziger von Cameron Crowe aus dem Jahr 2000. Liebevoller ist der Rockmusik noch nie ein Denkmal gesetzt worden.
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