5vier ist unterwegs in der Musiklandschaft in Trier und entdeckt tolle Musik, interessante Veranstaltungen und faszinierende Persönlichkeiten.
Joachim Mayer-Ullmann ist weit herumgekommen. Nachdem er elf Jahre lang Kapellmeister des Trierer Theaters war, übernahm er Oper- und Musicalproduktionen in Deutschland und im Ausland. Nach einer Deutschlandtournee von „Cabaret“ produzierte er zuletzt die deutsche Erstaufführung von „Harry und Sally“ als Musical Director am „Hansa-Theater” in Berlin, “Aida” bei der “Ruhr 2010” in Essen sowie „Männer“ und die „Rocky Horror-Show“ in seiner Heimatstadt Trier, die ihn nun seit einiger Zeit wieder hat.
Er ist derzeit Lehrer an der städtischen „Karl-Berg Musikschule“ und kümmert sich um die Ausbildung des Nachwuchses. Mayer-Ullmann hat es sich zur Aufgabe gemacht, das Angebot der Schule auszubauen und um neue Bereiche zu erweitern.
Junge Menschen und „Alte Musik“
Das erste große Projekt Mayer-Ullmanns dreht sich um Barockmusik. In Zusammenarbeit mit Birgit Häusser gründete er das „Junge Ensemble für Alte Musik“, das es sich zur Aufgabe gemacht hat zu zeigen, wie zeitlos und spannend auch Musik aus vergangenen Jahrhunderten sein kann, wenn man sie hinterfragt und „zum Sprechen“ bringt. Die Gruppe konnte bereits bei zwei Benefizkonzerten hier in Trier begeistern.
„Über den Erfolg und das Potential dieses Ensembles sage ich nur dies: Zwei unserer Musiker haben bei „Jugend musiziert“ in diesem Jahr 1. Bundespreise geholt. Es gab sechs 1. Preisträger in ihrer Altersgruppe. Einer kam aus Hessen, zwei aus Nordrhein-Westfalen und drei aus Trier. Das sagt doch alles“, freut sich Mayer-Ullmann.
Die „Musical-School“
Mayer-Ullmanns persönliche Passion ist inzwischen auch bei „Jugend musiziert“ als eigene Sparte vorhanden und sehr komplex zu unterrichten – das Musical. Die Karl-Berg Musikschule bietet nun schon seit zwei Jahren im Rahmen der „Musical-School“ Unterricht in den drei Säulen diese Bühnengenres an: Gesang, Schauspiel und Tanz.
„Die Dozenten sind alle Profis, die direkt von der Bühne kommen, sich dort profiliert haben und ihre Erfahrungen an alle interessierten Jugendlichen weitergeben wollen,“ erklärt der diplomierte Pianist und Dirigent, „ob sie nun aus Spaß oder als Karriereperspektive teilnehmen, ist den Teilnehmern natürlich selbst überlassen.“ Eine Schule, die sich auf diese Weise mit der Musical-Ausbildung beschäftigt, ist in der Region und darüber hinaus einzigartig.
„Da muss man schon nach Mainz oder weiter gehen“, lacht Joachim Mayer-Ullmann. Die Ausbildung für Musicalbegeisterte erfolgt in drei Unterrichtsstunden pro Woche, immerhin müssen die Schüler in allen drei Sparten ausgebildet, dann die Performance zusammengeführt werden. Jedoch ist sie damit auch nicht zeitaufwändiger als jedes ambitionierte und zielorientierte Training, z.B. im Sport.
„Wir versuchen das Ganze immer zeitlich zusammenzulegen und den Zeitplänen der Schüler anzupassen, und das funktioniert meist auch sehr gut“, so Mayer-Ullmann, „Der Lohn für die Arbeit ist die Leidenschaft und die Qualifikation für die Bühne. Wir haben hier viele junge Menschen, die wirklich für die Sache brennen und dafür gerne ihre Freizeit investieren.“
Von Potential und Werbung
Viele werden sich jetzt vielleicht wundern: Eine „Musical School“ und ein Barock-Ensemble in Trier? Warum habe ich da noch nichts von gehört? Ein Problem, das Mayer-Ullmann nur zu gut kennt.
„Es dauert außerhalb der Großstädte immer einige Zeit, bis sich neue Angebote und Projekte herumsprechen. Klar, Barockmusik ist nun etwas sehr Spezielles, das interessiert nicht jeden. Die bisherigen Konzerte stießen beide auf großes Interesse, aber dennoch ist es ein Spartenbereich“, meint er, „Das Musical hat jedenfalls ein wesentlich größeres Zielpublikum. Allerdings wird die Sache oft ein bisschen unterschätzt: Schauspiel, Gesang und Tanz müssen gleichwertig und oft auch gleichzeitig ablaufen, das gehört zu den anspruchsvollsten Dingen, die man auf einer Bühne präsentieren kann und bedarf jahrelangen Trainings. Ich habe manchmal den Eindruck, das ist bei einigen noch nicht so ganz angekommen. Wir versuchen in der „Musical-School“ jedenfalls, bei entsprechender Begabung den Weg zu einer professionellen Ausbildung zu ebnen, die Hochschulen nehmen nur wenige Prozent der Bewerber an. Einige unserer Schüler haben es auch schon geschafft: eine Ehemalige hat inzwischen ein Stipendium an der „Joop van den Ende-Akademie“ in Hamburg, eine andere ist bei der „Stage“ in Köln in professioneller Ausbildung. Die Grundlagen dafür haben sie hier bei uns bekommen.“
Die Vorteile einer Ausbildung in diesem Genre sind aber nicht nur für Berufsinteressierte offensichtlich.
„Man lernt, sich ohne Scheu überzeugend vor einer Gruppe zu präsentieren, in diese Situation kommt man im täglichen Leben sehr oft. Die Auseinandersetzung mit solch komplexen Sachverhalten hat auf Selbstbewusstsein und Persönlichkeit einen ausgesprochen positiven Einfluss.“ Damit die Begeisterung so richtig Funken schlägt, müssen auch die Lehrer einen Schritt über die reine Dienstleistung hinaus wagen.
„Wir sind hier mit Herz dabei und leben für die Sache. Wenn dann begabte Schüler auf begeisterte Lehrer treffen, entsteht ein Sog und die Sache kommt ins Rollen. Da kann man als Lehrkraft oft nicht auf sein Stundenlimit achten“, weiß Mayer-Ullmann zu berichten, „Wenn der Erfolg erst mal da ist, dann kommen auch Andere und wollen sich anschließen. So kann daraus etwas Besonderes entstehen.“
Moderne Probleme
Ganz ohne Probleme ist eine solch umfangreiche Ausbildung natürlich nicht.
„Wir leben heute in einer „Event-Kultur“, die Jugendlichen von allen Seiten Fun und Unterhaltung verspricht. Viele erwarten heute, einfach nur „bespasst“ zu werden, weil dies dem Zeitgeist entspricht. Diesem Trend wollen wir entgegenwirken: Spaß – ja, natürlich, aber nicht umsonst. Selbst wenn dies etwas schulmeisterlich klingt: Auch in diesem Genre muss man erst mal Arbeit investieren, bevor man dauerhaft etwas rausbekommt. Alles andere ist eine kurzlebige Illusion, wie sie in den letzten Jahren in den Medien Jugendlichen gerne verkauft wird. Nach kurzem Höhenflug fallen die meisten tief, weil die Basis fehlt. Es reicht eben nicht, nur begabt zu sein, die richtigen Leute zu kennen und so „entdeckt“ zu werden. Es braucht ein Fundament – nicht nur in der Musik, auch in praktisch allen anderen Bereichen des Lebens.“ Und genau darum geht es Mayer-Ullmann und dem Dozenten-Team der „Karl-Berg Musikschule“ – mit Erfolg. Mayer-Ullmann weiß: „Wenn die Schüler erst einmal da sind, dann fangen viele auch Feuer – nur das Hinkommen scheint heute durch die vielseitigen Aktivitäten und Ablenkungen deutlich schwieriger zu sein.“
Wie es weitergeht
Wir können in den nächsten Monaten noch einiges von der „Karl-Berg Musikschule“ und Joachim Mayer-Ullmann erwarten. Das „Ensemble für Alte Musik“ hat sich bereits etabliert und wird auch weiterhin in der Region aktiv sein. Das nächste Konzert ist kurz vor Weihnachten geplant und wird im Kurfürstlichen Palais wieder als Benefizkonzert für Kinder stattfinden. Die „Musical-School“ wird im kommenden Jahr den Sprung auf die Bühne wagen.
„In den letzten beiden Jahren haben wir uns bewusst primär um die Ausbildung gekümmert, um eine Basis zu schaffen. Einige Teilnehmer wurden bereits letztes Jahr bei meiner Stadttheater-Produktion „Rocky-Horror-Show“ im Chor eingesetzt und konnten dort erste Profibühnen-Erfahrung sammeln. Nun ist die Zeit reif für die erste eigene Produktion, die auch vielen, die hier lernen die Möglichkeit gibt, ihrem Ausbildungsstand entsprechend eingesetzt zu werden. Wir wollen, soweit dies zeitlich machbar ist auch Ehemalige einbinden, die Jazz-und Rock-School, als eine andere Abteilung unseres Hauses, wird mit einbezogen, für Rollen, die nicht intern besetzt werden können, wird ein zusätzliches Casting stattfinden – viele Kräfte sollen hier zusammengeführt werden.“ Genaue Details kann er noch nicht bekanntgeben, dazu sei es noch etwas zu früh. An Begeisterung fehlt es Joachim Mayer-Ullmann aber auf jeden Fall nicht:
„Das ist ein Pilotprojekt, das stellen wir auf die Beine!“
Bell meint
Schön endlich mal was von der Musi-Schule lesen zu tun. Hat so ein cooles Angebot und echt sauwere Lehrer. Schade, dass man so wenig hört.