Cassandra Arden studiert momentan in Schweden und berichtet auf 5vier.de von ihren Erfahrungen. Nun gibt es den viertel Teil ihres Reiseberichts. Leinen los: Let`s go to Russia!
Nach fünf Monaten Wohnheimflavor, Seminaren auf Englisch und kleinen und großen Ausflügen, empfindet man sich weniger als Tourist und mehr als Einwohner. Alles erkunden und fotografieren, was nicht schnell genug weglaufen konnte, weil meistens tonnenschwere Gebäude, Brücken und Kirchen; so sah die erste Hälfte meines Aufenthalts aus. Aber nach einem knappen halben Jahr hat man sich eingelebt, man wird gelassener und erfreut sich an den Dingen ohne sie zu fotografieren. Die Stadt ist einem vertraut, von dem Supermarkt im Studentenwohnheim ganz zu schweigen.
An der Uni grüßt man Leute, trifft sich auf einen Kaffee zwischen den Seminaren – wie zu Hause. Nur eben doch nicht. Man vermisst – vermisst Freunde und Familie, die Porta Nigra oder die Lieblingskneipe. Witzigerweise fällt mir das gerade jetzt, wenige Tage bevor ich dem schwedischen Leben den Rücken zukehre, auf. Ich werde wohl mit einem lachenden und einem weinenden Auge gehen – wenig überraschend eigentlich.
Während ich meine Sachen zusammen sammele, wegwerfe, mein Gepäck ein Dutzend mal wiege und überlege was sentimentaler Überfluss und was tatsächlich eine schöne Erinnerung ist, meldet Facebook, dass meine Freunde von zu Hause ganz aus dem Häuschen sind und meine hier Liebgewonnenen am liebsten den „gefällt mir nicht“ Button einführen würden und daher mit „dislike“ kommentieren.
Kananda, Australien und Brüssel. Das Reisefieber ist geweckt…
Es ist ein merkwürdiges Gefühl sich das so durchzulesen! Zwischen Vorfreude und einem Stich in der Magengegend. Und doch, der Abschiedsschmerz ist ein so kleiner Preis. Auch wenn mein schwedisches Leben zu Ende geht, so bleiben die Freunde.
Wahrscheinlich wird es nicht möglich sein mit jedem guten Kontakt zu halten, aber unser harter Kern hat es sich fest vorgenommen. Und seien wir mal ehrlich: Wie einfach ist es doch für unsere Generation geworden Kontakt aufrechtzuerhalten – dem Internet sei Dank.
Und so schmieden wir Pläne. Wie wäre es mit einem Trip nach Kanada? Australien? Vielleicht werde ich mit Brüssel anfangen. Was man wirklich mitnimmt aus einem Auslandsemester ist mehr, als fachliche Abwechslung und die vielen, vielen Eindrücke, die man gewonnen hat, es sind eben auch Kontakte über die halbe Welt. Soviel zum sentimentalen Aspekt meiner letzten Wochen.
Es ist aber noch mehr passiert. Russland!
„Unbeschreiblich“, war immer meine erste Antwort, wenn ich gefragt wurde, wie Sankt Petersburg war. Und die Fotografiererei feiert ein vier Sterne Revival. Die fünf Millionen Einwohner Stadt wurde im Jahre 1703 von Peter dem Großen gegründet. Der Zar, sah in Sankt Petersburg eine Hauptstadt und machte sie zu einer. Schon 1710 wurde Moskau als Hauptstadt ausrangiert und bis 1918 Sankt Petersburg das Zentrum des Zarentums und später des Russischen Kaiserreichs.
Tatsächlich fühlt es sich immer noch an, als wäre man in einer Hauptstadt, wenn man durch das Zentrum mit seinen unzähligen imposanten Gebäuden läuft! Unsere Reiseführerin berichtete, dass es nicht erlaubt war graue oder schwarze Häuser zu errichten. In Sankt Petersburg ist es im Winter kaum hell, daher wollte Peter der Große eine freundliche Stadt bauen, die die Winterdepressionen nicht noch verschlimmert, indem sie trist und dunkel ist.
Die Straßen werden also von überwiegend pastellfarbenen Gebäuden gesäumt.
Eine Stadt mit dramatischer Geschichte und eine Architektur zum niederknien.
Nach dem Tod Lenins, wurde Sankt Petersburg in Leningrad umbenannt. Leningrad wurde während des Zweiten Weltkrieges fast 900 Tage von deutschen Truppen besetzt. Der Befehl lautete allerdings nicht Leningrad zu erobern, sondern vielmehr die Stadt systematisch von jeder Versorgung abzuschneiden. Leningrad sollte vom Erdboden verschwinden, es gab seitens der Wehrmacht kein Interesse an der Hafenstadt. In knapp drei Jahren Belagerung starben etwa zwei Million Russen, davon waren fast die Hälfte Zivilisten.
Der Wiederaufbau wurde zu einem prestigeträchtigen Unternehmen und es wurden allein zu diesem Zweck eine Million Arbeiter in die Stadt geholt. Die UNESCO wertet 15 Prozent der Gebäude als Denkmäler der Architekturgeschichte. Ein Großteil der Innenstadt ist UNESCO Weltkulturerbe.
1991 nach dem Zusammenbruch der Sowjet Union, wurde das Volk befragt, welchen Namen die Stadt tragen solle. 54 Prozent sprachen sich für den ursprünglichen Namen aus.
Sowohl architektonisch, als auch Geschichtlich ist Sankt Petersburg eine unglaublich interessante Stadt und wäre ich für Reisetipps zuständig würde ich jedem empfehlen die alte Zarenstadt in all ihrem Prunk aufzusuchen!
Allerdings sollte man nicht dem Irrglauben erliegen, dass einem Englisch weiterhilft. Wer gut in nonverbaler Kommunikation ist, wird aber vermutlich den richtigen Burger zum Mittagessen und ein U-Bahn-Ticket in die gewünschte Richtung bekommen.
Nach drei Tagen staunen und viel laufen schippern wir zurück gegen Stockholm und sind uns in unserem Votum einig: Sankt Petersburg ist eine der Städte, die man verlässt und sich denkt: Ich wäre auch noch länger geblieben und oh ja, dass war eine Reise wert! Zufrieden lassen wir die Ereignisse Revue passieren und freuen uns auf unsere letzten Tage in Stockhome.
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