Am Freitag, 31. August, war es endlich soweit. Nach zwei gelungenen Previews in Losheim und Monschau, erlebte das Theater Trier mit dem Musical „Evita“ seine erste Premiere der neuen Spielzeit. 5vier.de war dabei.
Andrew Lloyd Weber und Tim Rice haben sich für ihr Musical „Evita“ eine beeindruckende Persönlichkeit der Geschichte als Inspiration gesucht: Eva Perón, Mädchen des vierten Standes, Radiomoderatorin, Schauspielerin, Präsidentengattin, todkranke Frau. Ihr Leben war kurz, sie starb im Alter von 33 Jahren an Gebärmutterhalskrebs, dafür aber umso ereignisreicher.
Mit 15 zog es sie vom Land, wo sie als uneheliches Kind ein eher bescheidenes Schicksal erwartete, in die Großstadt Buenos Aires. Tatkräftig unterstützt wird die junge Evita, gespielt von Neuzugang Kristina Stanek, von dem Sänger Augustin Magaldi, alias Svetislav Stojanovic. Als dieser sie dann irgendwann nicht mehr so tatkräftig unterstützen kann, wird er kurzerhand durch den Nächsten ausgetauscht.
Ein Dasein als Präsidentengattin
So geht es weiter, bis Evita irgendwann eine bekannte Schauspielerin ist und auf den Mann ihres Lebens trifft: Oberst Perón, der mit einer Aussicht auf ein Dasein als Präsidentengattin schnell ihr Herz erobert hat. Gespielt wurde dieser von Alexander Trauth. Kommentiert wird das bunte und oft gewalttätige Treiben rund um Evita von dem engagierten, kritischen Che, als Figur angelehnt an Che Guevara. Dieser kommentiert nicht nur, er konfrontiert auch mit einigen Ungereimtheiten in Evitas Lebenslauf und wird selbst mit ihren Schlägern konfrontiert.
„Evita“ zieht mit seinem Ohrwurm „Don’t cry for me Argentina“ die Massen ins Theater, so auch bei der Premiere am Freitag. Unter der Regie von Sven Grützmacher, mit dem Bühnenbild von Dirk Immich und den Kostümen von Alexandra Bentele, werden schnell Erinnerungen an die West Side Story aus der letzten Spielzeit wach (5vier berichtete). Und natürlich dementsprechende Erwartungen. Die leider nicht erfüllt werden. War vielleicht auch etwas hoch gegriffen. Schließlich wartete die damalige West Side Story mit noch etwas mehr auf als die jetzige Evita. Da waren allein die spektakuläre Kulisse, die mitreißenden Songs und das gesamte Drumherum, die jeden West Side-Abend zu einem Event machten. Bei Evita hätte das anders laufen müssen. Zwar wollte Sven Grützmacher von vorneherein kein Tanztheater-Musical aus seiner Evita machen und setzte stattdessen mehr auf seine begabten Darsteller, doch etwas mehr Musicalfeeling wäre einfach wünschenswert gewesen.
Chor, Orchester und eine unglaublich lautstarke Band
Es fing leider schon etwas wacklig an, wollten Chor, Orchester und die unglaublich lautstarke Band doch einfach nicht zusammenpassen. Das klang schief; danach ging es erst mal nicht wirklich besser weiter. Der erste Teil des Abends lässt sich vonseiten des Publikums leider mit einem Satz zusammenfassen: „Weniger laut, bitte.“ Was sich auf das Orchester bezogen hat. Im Verhältnis waren die großartigen Solisten einfach nicht zu verstehen, was ein Einschwingen auf das Stück schwierig gemacht hat. Der zweite Teil gestaltete sich glücklicherweise ausgewogener. Dirigent Christoph Jung, der nur eine Probe Zeit hatte um den Part von Valtteri Rauhalammi, der Trier verlassen hatte, zu übernehmen, zeigte sich sichtlich glücklich, als er sich endlich seinen Applaus abholen konnte. Trotz aller Patzer, Hut ab vor dieser Leistung.
Trotzdem hätte man sie dann doch gerne mehr gehört, die Sänger, die mit zwei talentierten Neuzugängen aufwarteten. Stanek und Stockinger (5vier sprach bereits mit den beiden), sie als ehrgeizige, zielstrebige Evita, er als Sunny Boy und kleiner Volksheld, machten Appetit auf mehr. Generell lebt diese Evita von ihren Darstellern, von Alexander Trauth als zögerlichem Präsidenten, dem eine starke Frau den Rücken frei halten muss, über Svetislav Stojanovic als schmalzigen Sänger, dem die Frauenherzen zu Füßen liegen bis zum natürlich nicht unwichtigen Part des Chors und Tanzensembles.
Es fehlt an Tiefe
Leider bekommt man trotzdem das Gefühl, dass einem etwas entgangen ist, dass man die Tiefe nicht mitgekriegt hat, den Abgrund der Figuren. Zwar gibt es einige gute, sogar sehr gute Sequenzen, kleine Regiemeisterstücke, wie die „Reise nach Jerusalem“, die die politischen Irrungen und Wirrungen andeuten soll oder Evitas gesangliche Rede vom Fenster aus. Hier, wie auch an anderer Stelle, zeigt sich der Reiz des Bühnenbildes: die rote Backsteinmauer in Verbindung mit den schönen Kostümen von Alexandra Bentele tragen schon eine schöne Wirkung.
Trotzdem bleibt eine tiefer gehende Wirkung aus; in dieser Inszenierung braucht man keine Taschentücher, trotzdem hat sie einige Glanzmomente, die teils auf kleinen Sahnehäubchen der Inszenierung liegen, aber zu einem größeren Teil auf der tollen Besetzung. Man darf besonders gespannt sein, was die beiden Hauptdarsteller in dieser Spielzeit noch leisten werden. Für Evita wünscht 5vier.de toi, toi, toi für die weiteren Vorstellungen.
Fotos: Theater Trier
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