Sie spielen Tony und Maria in der West Side Story, die den Auftakt zur neuen Spielzeit 2011/12 gibt. Noch während der Probenzeit (5vier.de berichtete) im Trierer Westen sprach 5vier.de-Redakteurin Stefanie Braun mit den beiden Hauptdarstellern.
5vier: Wie aufwändig waren die Vorbereitungen?
Joana Caspar: Die Lieder habe ich während der Voyage-Proben gelernt, dann gab es erstmal eine lange Pause. Auf den Proben habe ich das dann mehr oder weniger wieder hoch geholt, auch den Text, den habe ich mir vorher nur mal angeguckt um zu wissen worum es geht, gelernt habe ich ihn dann erst auf der Probe. Für mich ist es einfacher mir den Text zu merken, wenn ich weiß, was ich in dem Moment mache, in dem ich die Zeilen spreche.
Carsten Lepper: Erstmal lernt man ganz stumpf den Text und die Lieder. Ich hab das ja schon einmal gespielt, deshalb hatte ich den Sprechtext noch relativ gut im Kopf, aber die Lieder musste ich komplett neu lernen, da ich sie vorher auf deutsch gesungen hatte.
5vier: Wie oft hast du den Tony denn schon gespielt?
Carsten Lepper: Ich hab die Rolle des Tony schon zweimal gespielt; aber das erste Mal ist bestimmt hundert Jahre her (lacht), das war noch in meiner Amateurzeit und das kann man, glaube ich nicht mitzählen. Wirklich gespielt habe ich ihn erst einmal.
5vier: Wie ist es wenn man eine Rolle zweimal spielt? Die Rolle ist dann wahrscheinlich nichts „Neues“ mehr für einen selbst?
Carsten Lepper: Doch, auf jeden Fall. Klar, man weiß schon wie die Rolle an sich funktioniert, also wie man emotional daran arbeitet, oder wann man sich wie vorbereiten kann. Es gibt Kollegen, die diese Rolle fünf oder sechs mal hintereinander in verschiedenen Produktionen gespielt haben, das stelle ich mir schon etwas mühsam vor. Aber eine Rolle bietet in jeder Produktion auch neue Herausforderungen. Unsere größte Herausforderung ist momentan noch die Halle, die es mit ihren Dimensionen schwierig macht, Emotionen an den Zuschauer zu bringen. Ich glaube das wird auch für alle, nicht nur für die Parts zwischen Maria und Tony, das Schwierigste werden, eben weil diese Halle so groß ist wie ein Fußballfeld.
5vier: Was sagt ihr denn generell zur Location?
Joana Caspar: Es ist schwierig , aber ich denke zur West Side Story an sich passt es super. Für uns ist es aufgrund der akustischen Verhältnisse nicht so toll. Wir haben noch keine ideale Lösung für das Problem des immensen Halls gefunden. Momentan hängen Stoffe unter der Decke, die den Hall brechen sollen aber auch den Klang immer dumpfer machen. Das sind Probleme, die wir jetzt während der Probenzeit haben, wie es dann aber mit Orchester, Mikroports und so weiter wird, das müssen wir erst noch sehen.
Carsten Lepper: Es wird auf jeden Fall noch spannend, im wahrsten Sinne des Wortes. Ich glaube es wird vor allem für den technischen Apparat ein großes Unterfangen, alles so hin zu bekommen, dass es für den Zuschauer eine schöne Aufführung wird. Im Moment spielen und proben wir zusammen und versuchen auch Gefühle und eine gewisse Ehrlichkeit rein zu bringen, aber durch die Größe der Halle hat man immer das Gefühl im Nichts zu stehen. Diese Halle ist einfach nur groß und die Entfernungen sind riesig. Aber ich glaube es ist alles eine Gewöhnungssache. Es war immer die Frage wie man diese Halle mit seinem Spiel füllen kann, aber ich glaube das wird.
Joana Caspar: Für mich persönlich ist nicht nur die Halle eine besondere Herausforderung, auch das Musical-Genre an sich ist eine neue Erfahrung. Es ist das erste Musical was ich mache und es ist einfach etwas ganz anderes. Sprechen und Gesang gibt’s zwar in der Operette auch, aber in der Oper eben nicht. In der Operette sind die Texte meistens gestelzt und man versucht sie irgendwie rüber zu bringen, aber hier ist es vom emotionalen her was ganz anderes. Im Musical wird eben auch mal rumgeschrien, was man in der Oper eher selten macht.
Carsten Lepper: In der Operette sind die Texte auch eher als Informationstexte gedacht.
Joana Caspar: Genau, in der Realität würde man das nie so sagen. Hier sind die Dialoge näher am Leben dran. Auch wie man spricht, man muss zwar auf Deutlichkeit achten, aber letztendlich zählen die Emotionen. Neu ist für mich auch in welche Richtung man sprechen kann, als Sänger wird man ja darauf geeicht immer nach vorne zu singen und zu sprechen. Hier kann ich eben auch mal mit dem Rücken zum Publikum Singen und Sprechen. Das ist für mich noch mal was Neues. Und es ist sehr viel intensiver vom Spiel und von den Emotionen her.
5vier: Joana, wie war denn deine Herangehensweise an die Maria. Sie ist ja jetzt schon etwas anderes als der Commander in „The Voyage“.
Joana Caspar: Das ist klar was ganz anderes, aber junge, verliebte Mädchen gibt’s ja in der Oper auch. Das besondere ist dieses Sich-darauf-einlassen und den Mut zu haben auch mal rum zu brüllen. Das ist das was anders daran ist. Aber anders vorbereitet habe ich mich nicht.
5vier: Was bedeutet es für euch die Hauptrollen zu spielen?
Carsten Lepper: Ich sehe mich nie als Hauptdarsteller. Gerade bei der West Side Story wäre dies gefährlich, weil es ein Ensemblestück ist. Es müssen alle zusammen funktionieren, sonst kommt die Kernaussage des Stücks gar nicht heraus: Diese Gewalt und auch die Hilflosigkeit dieser Protagonisten. Wenn die Zusammenarbeit nicht stimmt, können auch die beiden so genannten „Hauptrollen“ nach Hause gehen. Dann fehlt es einfach an Dramatik. Ich finde das hat dann auch viel mit Eitelkeit zu tun, wenn ein Sänger nur daran denkt.
Joana Caspar: Man hat mich auch mal gefragt, wie es sich anfühlt bei „The Voyage“, die ja eine deutsche Erstaufführung war, den Commander zu singen und ich muss sagen, dass ich mir da eigentlich keine Gedanken drüber gemacht habe. So geht es mir mit der Maria auch. Klar sind Tony und Maria das Liebespaar um das es geht, aber ich denke gar nicht daran, dass ich in dem Stück jetzt die Hauptrolle habe.
5vier: Was gefällt euch an der West Side Story persönlich am besten?
Carsten Lepper: Die am besten geschriebene Figur ist meiner Meinung nach die Anita. Sie durchlebt wirklich das Schlimmste was einer Frau zustoßen kann. Von ganz tollen Momenten, wie in „America“ und dem Flirten mit ihrem Mann bis hin zum Gegenteil, als sie zum Sex gezwungen wird. Ich finde auch der beste Song im Stück ist „A Boy like that“.
Joana Caspar: Das finde ich ebenfalls am intensivsten, auch diesen gefühlsmäßigen Bruch von „A Boy like that“ zu „I have a love“: dieser Schmerz, den ich als Maria mit Anita teile, weil mein Bruder getötet wurde. Aber dann auch das Entsetzten darüber, als sie mir sagt, dass ich statt Tony einen anderen nehmen soll. Vor allem dieses musikalische Kippen von dem eher vorwurfsvollen „A Boy like that“ zu dem innigen „I have a Love“ ist sehr intensiv.
5vier: Was macht diese Geschichte so besonders?
Carsten Lepper: Die Zeitlosigkeit. Das Stück ist 60 Jahre alt und wird immer noch aufgeführt, welches Musical schafft das schon? Vor allem da es an Aktualität nicht verloren hat, es gibt überall Gewalt auf der Straße, das ist bis heute Thema. Daran hat sich nichts geändert, im Gegenteil es ist eigentlich nur schlimmer geworden. Nur moderner mit Terrorismus und solchen schrecklichen Dingen. Im Prinzip haben wir es hier mit „klassischem“ Terrorismus zu tun. Straßengangs, die sich bekriegen, Schmiergelder kassieren und so weiter. Man kann vieles auf heute übertragen und das macht den Reiz der „West Side Story“ aus.
5vier: Warum lohnt es sich die West Side Story in Trier zu schauen? (Während dem Interview stieß Eric Rentmeister, der den ‚Riff‘ spielt dazu)
Joana Caspar: Ich finde das Besondere ist tatsächlich diese Halle, so schwierig es für uns oder die Technik in unserem Haus ist, aber es passt einfach. Es ist ein dreckiger Ort, wo so etwas einfach stattfindet. Sie bietet einfach eine andere Atmosphäre als die Bühne.
Eric Rentmeister: Die Halle macht es eben innovativ.
Carsten Lepper: Also erstmal finde ich, ist Trier eine schöne Stadt mit tollen Sehenswürdigkeiten; ich mag die Stadt und die Bewohner sehr gerne. Zum anderen ist es bei der „West Side Story“ einfach die Location, die schon an sich etwas besonderes ist.
Joana Caspar: Ich finde auch, dass wir ein gutes Ensemble sind, bunt zusammen gewürfelt mit klassischen Sängern und Musicalsängern, Tänzern, die singen als auch Sängern, die tanzen, dann natürlich noch die Schauspieler. Man hat eben aus allem etwas dabei. Allein dadurch bekommt man schon unterschiedliche Facetten auch in den Charakteren.
Eric Rentmeister: Es ist spannend, dass man die verschiedenen Qualitäten verschiedener Sparten zusammenbringt. Die Aufgabe ist es dann natürlich, alle aufs gleiche Level zu ziehen, damit es später nicht so aussieht als würden alle alles machen und nur ein bisschen können. Das ist die Aufgabe, die wir haben.
5vier.de bedankt sich für das offene Gespräch und wünscht viel Erfolg in der neuen Spielzeit.
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