Von Andreas Gniffke (Text) und Alexandra Geissler (Fotos)
„Krawall und Satire“ waren angekündigt, was Martin Sonneborn im Trierer Exhaus dann aber bot, war eine knallharte Propagandaveranstaltung für seine Partei Die Partei, die seit Jahren mit wachsendem Erfolg nach der Macht in der Bundesrepublik greift. 5vier.de hat sich in den Exhaus-Keller gewagt und glaubt nun auch an den bevorstehenden Machtwechsel in Berlin.
Nein, Martin Sonneborn ist nicht zum Anbiedern nach „Dings“ gekommen, der kaputten und unbedeutenden Nicht-Stadt an der äußersten Peripherie der Bundesrepublik. Etwaige Zweifel am Status Trier als älteste Stadt Deutschlands waren für den Künstler nach dem Besuch des leicht maroden Exhauses wie weggewischt. „Rheinland-Pfalz geht uns am Arsch vorbei“, endlich mal ein Politiker der klaren Worte. Der ehemalige Chefredakteur des Satiremagazins Titanic lieferte im prall gefüllten Exil eine politische Powerpoint-Präsentation der besonderen Art.
„Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten. Außer uns.“
Mit der Forderung nach der endgültigen Wiederherstellung der deutschen Teilung trat Die Partei im Jahr 2004 mit einem Paukenschlag auf der politischen Bühne auf. Sonneborn zeichnete im ersten Teil seines Auftritts die Historie seiner Partei nach und verwies auf die zahlreichen Wahlerfolge und spektakulären Auftritte seiner Mitstreiter. Unmissverständlich machte er klar, dass der Weg der Partei noch lange nicht am Ende sei und die Machtergreifung schon rein statistisch nur noch eine Frage der Zeit sei. Gerade die plakativen und provokanten Aktionen brachten Sonneborn und seine Genossen immer wieder in die Schlagzeilen, so zum Beispiel der symbolische Mauerneubau an der hessisch-thüringischen Grenze 2004 oder der Fackelzug durch das Brandenburger Tor 2011. GröVaZ Sonneborn (Größter Vorsitzender aller Zeiten) machte deutlich, dass seine Partei die modernste aller Parteien darstellt, da sie Inhalte für verzichtbar hält und die Menschen an den Herzen packen möchte. „Hamburg – Stadt im Norden“ – besser hätte man den Wahlkampf im Stadtstaat kaum überschreiben können.
„Auch das Saarland muss eingemauert werden!“
Das auffällig junge Publikum war begeistert und Sonneborn ließ zum Ende seines Propagandateils auch Fragen zu, wovon reichlich Gebrauch gemacht wurde. Die Herzen der Zuhörer hatte er offensichtlich erreicht und so kamen durchaus kreative Vorschläge zutage. Die dringend notwendige räumliche Trennung vom Osten könne doch durchaus auch auf das Saarland angewendet werden. Ein Bundesland (laut Sonneborn noch unnötiger als Rheinland-Pfalz), das sowieso schon viel zu viel Leid über Deutschland gebracht hätte. Man denke nur an Honecker und Lafontaine. Der Vorsitzende war begeistert, ein politisches Talent wurde entdeckt. Dazu passte auch die Information, dass Die Partei in Kürze auch einen Ortsverband in Trier gründen wird. „In einer Stadt, in der die NPD einen Ausländer in den Stadtrat schickt, ist alles möglich.“ Da hat er recht… Trotz des weitgehenden Verzichts auf Inhalte, hat Die Partei durchaus Lösungen für die drängendsten Probleme unserer Zeit zu bieten. Der Frage nach Antworten auf die aktuelle Finanzkrise wurde mit Politrhetorik vom Feinsten begegnet: „Die Partei ist gegen Krisen. Wir lösen das über Luxemburg und holen unser Geld heim.“ Dass er dies durchaus ernst meint, belegt schon die Tatsache, dass die Hintner-Jugend, die Jugendorganisation der Partei, bereits einmal versucht habe Liechtenstein zu annektieren. Leider vergeblich, aber ein ähnliches Vorgehen wäre auch in Luxemburg definitiv gerechtfertigt.
Martin Sonneborn ist ein glaubwürdiger Politiker. Böse und mit einem süffisanten Grinsen auf dem so harmlos wirkenden Gesicht führt er die Mechanismen unserer Demokratie ad absurdum. Ein großes Vergnügen für jeden, der vor Ort war. Im zweiten Teil stellte er dann noch einige Videos vor, die er hauptsächlich für die ZDF Heute Show produzierte und in der er als investigativer Journalist Politiker in den Wahnsinn treibt oder aus unbedarften Ost-Rentnern (mit hessischem Dialekt) den mehr oder weniger heimlichen Nazi herauskitzelt. Fast schon legendär ist sein Interview mit dem Pharma-Lobbyisten Peter Schmidt, der sich um Kopf und Kragen redete und wenig später seinen Job verlor. Zumindest mit ihm hatte Martin Sonneborn Mitleid. Zumindest etwas…
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Nach etwa zwei Stunden beendete Martin Sonneborn sein Programm. Es war ja immerhin schon nach zehn Uhr und der Trierer muss ja früh raus und wieder aufs Feld oder in den Weinberg. Ein kurzweiliger, bösartiger und gelungener Abend ging zu Ende und der zukünftige Kanzler konnte sich endlich wieder auf den Heimweg aus der kaputten und unbedeutenden Nicht-Stadt Dings machen.
Im Oktober steht eine weitere interessante Lesung im Exhaus auf dem Programm. Gemeinsam mit der Agentur Alphadoubleplus präsentiert 5vier.de am 20. Oktober die 11 Freunde -Lesereise. Ein Termin, den sich alle Fußballfans rot im Kalender anstreichen sollten!
Andreas Schönhöft meint
Das Datum und der Ort zur Eröffnung des Ortsvereines der Partei DIE PARTEI Trier stehen fest.
16.06.2012 um 17Uhr im Kokolores – Domfreihof 1b.