Von Alexandra Geissler (Text und Fotos)
Im Schatten des Trierer Doms liegt ein hellblaues Haus, das vermutlich viele Trierer schon einmal wahrgenommen haben. Manch einer mag sich fragen, was sich hinter den Mauern verbirgt, doch die meisten werden es unbeachtet links liegen lassen. Dieses Haus beherbergt das Institut für Cusanus-Forschung, dessen Mitarbeiter sich mit Leben und Werk des Nikolaus von Kues (1401-1464) beschäftigen, Theologe, Philosoph und Kirchenpolitiker aus Kues an der Mosel. Doch wer glaubt, man interessiert sich nur in seiner Heimat für den Mann von der Mosel, der irrt. Auf der ganzen Welt gibt es Forscher, die Cusanus, wie Nikolaus von Kues auch genannt wird, in den Fokus ihrer Forschungen stellen.
Seit Anfang diesen Jahres hat das Cusanus-Institut zwei Gastforscher zu Gast: Catalina Cubillos und ihren Mann Miguel Saralegui. Catalina kommt aus Santiago de Chile, also fast vom anderen Ende der Erde und Miguel stammt aus Bilbao im Baskenland. 5vier.de hat die beiden besucht und sie gefragt, wie und warum es sie nach Trier verschlagen hat.
Catalina hat in Santiago de Chile Philosophie studiert und in diesem Rahmen 2005 für sechs Monate ein Auslandssemester in Spanien, genauer in Pamplona, absolviert, wo sie auch ihren späteren Ehemann kennenlernte. Im Jahr 2008 ist sie für die Doktorarbeit dorthin zurückgekehrt. „Eigentlich wollte ich mich mit Hegel auseinandersetzen, doch mein späterer Doktorvater Ángel Luis González von der Universität von Navarra riet mir, mich mit Nikolaus von Kues und seinem Werk zu beschäftigen“, erzählt sie. Angefangen hat sie mit „De non aliud“ einem späten Werk des deutschen Philosophen und Theologen. Es löste bei Catalina direkt große Begeisterung aus und führte dazu, dass sie auch die anderen Schriften des Cusanus geradezu verschlang. Menschen, die sich nicht in der Welt der Philosophie oder Theologie beheimatet fühlen – das dürften wohl die meisten sein – sei gesagt, dass schon sehr viel Leidenschaft dazugehört, diese Art von Literatur in verhältnismäßig kurzer Zeit in sich aufzunehmen.
Ihre Doktorarbeit hat Catalina dann auch nach Trier geführt, denn im spanischsprachigen Bereich fehlt bislang eine systematische Auseinandersetzung mit Cusanus. „Die Bibliothek in Navarra ist zwar sehr gut, aber die meisten Bücher, Aufsätze und Artikel über Cusanus und seine Gedankenwelt erscheinen noch immer auf Deutsch und in der Bibliothek des Cusanus-Instituts findet sich alles an einem Ort vereint“, zeigt sie sich von den Arbeitsbedingungen in Trier begeistert. Das Institut versucht möglichst viel Literatur, nicht nur die in deutscher Sprache, in ihrer Bibliothek für Forscher bereitzustellen. Außerdem hat sie hier ganz andere Möglichkeiten mit Cusanus-Forschern im und außerhalb des Institutes Kontakte zu knüpfen und sich mit diesen auszutauschen. Zudem ist für Catalina auch die Nähe zu Bernkastel-Kues von zentraler Bedeutung, ermöglicht doch die Bibliothek des St. Nikolaus-Hospitals den Blick in die mittelalterlichen Handschriften. Fast unerlässlich für Forscher, die sich mit Nikolaus von Kues auseinandersetzen, sind Kenntnisse der deutschen Sprache. Catalina Cubillos hat in bemerkenswert kurzer Zeit unsere selbst für Muttersprachler oft schwere Sprache gelernt. Angefangen hat sie damit bereits in Spanien, im letzten Jahr folgte dann ein Intensivkurs in Marburg und seit Januar baut sie ihre Kenntnisse in Trier aus. Finanziert wird ihr Aufenthalt in Europa durch ein Stipendium der chilenischen Regierung.
Catalinas Ehemann Miguel Saralegui kommt aus Bilbao im Baskenland und hat an der Universität von Navarra in Pamplona Philosophie studiert. Promoviert hat er jedoch an der Universität in Barcelona über Niccolò Machiavelli. Sein Interesse gilt nicht Nikolaus von Kues. Miguel hat seine Fühler momentan in mehrere Richtungen ausgestreckt. Er arbeitet an einer Übersetzung von „De rerum natura“/“Über die Natur der Dinge“ des italienischen Philosophen Bernardino Telesio (1508/09-1588). Daneben bleibt er Macchiavelli treu und befasst sich mit der Rezeption des Italieners in Spanien und der politischen Philosophie in Italien. Finanziert wird sein Aufenthalt in Trier durch ein Forschungsstipendium vom DAAD (Deutsche Akademische Austauschdienst).
Während Catalina im Büro der Instituts-Bibliothek untergekommen ist – eben möglichst nah bei den Büchern, hat sich Miguel in einem Büro unterm Dach eingerichtet. Auch seine Regale sind bis obenhin mit Büchern gefüllt. Sie sind froh, eine längere Zeit an einem Ort zu verbringen, denn vor allem das letzte Jahr war ziemlich rastlos. Bevor Catalina und Miguel ihre Zelte in Trier aufgeschlagen haben, waren sie im letzten Jahr für zwei Monate in Italien, es folgte der Intensivsprachkurs in Marburg und über Weihnachten 2010 und den Jahreswechsel waren sie in Catalinas südamerikanischer Heimat. Beide fühlen sich sehr wohl in der ältesten Stadt Deutschlands. „Die Lebensqualität in einer kleinen Stadt wie Trier ist größer als beispielsweise in meiner Heimatstadt Santiago“ meint Catalina. „Santiago hat über fünf Millionen Einwohner und alles ist sehr weit von einander entfernt. Dort kann man nicht alles zu Fuß erreichen so wie hier.“ Und man höre und staune, das Wetter sei hier besser als im spanischen Pamplona, das eher mit Extremen aufwartet.
Die Menschen, die sie hier bisher kennen gelernt haben, seien immer sehr nett und höflich gewesen. Aber es sei schwer Freundschaften zu knüpfen. Vielleicht hat das auch etwas mit dem sehr unterschiedlichen Temperament zu tun.
Wo sie im nächsten Jahr leben werden, wissen sie noch nicht. So ist das wohl bei modernen (Wissenschafts-) Nomaden.
Thomas Johannbroer meint
Hallo Willi,
es hat sich herumgesprochen, dass du in Chile lebst.
Bei der Spurensuche stießen wir auf obigen Artikel und deinen/ euren Kommentar und diese Kontaktmöglichkeit.
Ich lebe in Mecklenburg-Vorpommern.
Melde dich doch mal unter [email protected].
Liebe Grüße – Thomas Johannbroer
abou meint
Halo Barbara/Willi,
ich bin Abou bitte melden.
F. Wilhelm Simon + Barbara Schwarzer meint
wir haben catalina und miguel in santiago kennen und schaetzen gelernt und sind total begeistert von ihnen, sowohl als menschen als auch als wissenschaftler. um so weniger koennen wir verstehen, dass sich bisher keine Freundschaften bilden konnten. ich (willi) selbst bin gebuertiger Pfaelzer und war immer der meinung, meine landsleute seien offene weltbuerger, so, wie sie es (wobei dies fuer ganz deutschland gilt) 2006 waehrend der fussball weltmeisterschaft in unserem lande allen gaesten gegenueber unter beweis gestellt haben. vielleicht solltet ihr alle einmal nach chile kommen um festzustellen, wie freundlich, hilfsbreit und weltoffen die menschen hier sind. ihr „freundschaftsanwaerter“, gebt euch etwas muehe, dann werdet ihr feststellen, wie wertvoll die beiden fuer euch sein koennten.
ganz liebe greusse aus dem fernen chile senden
barbara + willi