Die reguläre Saison ist vorüber, die Playoffs stehen vor der Tür. Es lief nicht immer geradlinig, nicht immer wie erwünscht. Doch zum Ende stand wieder einmal ein 6. Tabellenplatz, der viele Gemüter beruhigte und Lust auf die Endrunde versprüht. 5vier.de sprach mit Christian Held über seine erste Saison als Headcoach der Gladiators Trier, über die Nürnberg Falcons und was er im vergangenen Jahr gelernt hat.
Hallo Christian, wie geht es dir, jetzt, wo deine erste Hauptrunde als Cheftrainer vorbei ist?
Mir geht es gut, ich kann mich nicht beklagen. Die Saison ist ja noch nicht vorbei und jetzt beginnt die Zeit, wofür man das ganze Jahr für gearbeitet hat. Ab jetzt ändert sich einiges, die Trainingstage werden weniger, die Vorbereitungszeiten sinken. Das macht aber Spaß. Die Vorfreude ist groß.
Ihr wurdet wieder Tabellensechster. Bist du mit dem Ergebnis zufrieden oder hast du dir ein besseres Ergebnis gewünscht?
Wenn man sieht, wie sich die Liga entwickelt hat – auch durch die Anhebung des Mindestetats der BBL – können wir extrem zufrieden sein. Die Auf- und Absteiger bringen immer höhere Qualität in die Liga. Ich habe den Eindruck, dass durch unseren Saisonstart die Erwartungen in extrem hohe Sphären gestiegen sind. Das konnten wir nicht erfüllen.
Christian Held ist zufrieden
Nach den Verletzungen von Simon Schmitz und Kyle Dranginis sind zwei wichtige Aufbauspieler ausgefallen. Wie ist es euch aus deiner Sicht bislang gelungen das zu kompensieren und was bedeuten die Ausfälle für die Playoffs?
Ich finde es ist uns sehr gut gelungen das zu kompensieren. Wir verlieren zunächst unseren Kapitän und Starter auf der Point Guard Position, und dann auch noch den Mann, der bei solch einem Szenario eigentlich einspringen sollte. Dann muss man mal sehen, wie viele Teams so etwas kompensieren können. Da gibt es nicht viele. Von daher bin ich sehr zufrieden. Wir sind als Mannschaft sehr eng beieinander, das hilft uns dabei.
Es kann immer ein anderer in die Presche springen. Wir wollen den Raum schaffen, dass sich der Spieler zeigen kann, der den besten Tag hat. Es muss nicht immer derselbe sein, der seinen Schnitt halten will. Wir wollen gewinnen, da kommt es nicht auf die Zahlen des Einzelnen an.
Nürnberg als Playoffgegner
Mit den Nürnberg Falcons trefft ihr auf eine Mannschaft, die einen unglaublichen 10:0-Lauf hingelegt hat. Wie wollt ihr sie knacken?
Zu allererst müssen wir sehr gut verteidigen. Sie versuchen immer wieder einfache Punkte nach Fastbreaks zu erzielen, da müssen wir sie langsamer machen. Die Werfer dürfen keinen Rhythmus kriegen. Mit Nils Haßfurther und Jackson Kent haben sie zwei unglaublich gute Schützen. Im Pick’n’Roll haben sie drei Spieler die gefährlich sind. Sie haben viele Waffen. Wir müssen an vielen Punkten ansetzen.
Offensiv wollen wir unser Spiel spielen, das was uns stark macht. Wir wollen attackieren und unsere Schützen finden, da wird es keine Überraschungen geben (grinst). Ich erwarte eine lange Serie.
Zur guten Verteidigung gehört auch das Rebounding. Das war über die Saison nicht gerade eure Stärke.
Wir haben zuletzt einen Schritt nach vorne gemacht. Gegen Heidelberg und Ehingen haben wir gut gereboundet, gegen Karlsruhe gab es einen Schritt zurück. Es ist immer noch ein Auf und Ab. Wir müssen gerade gegen Nürnberg definitiv stärker werden. Mit Robert Oehle und Ishmail Wainwright haben sie zwei extrem starke Rebounder und können somit vielen Mannschaften wehtun.
Der beste Basketball
Es gehört zu eurer Philosophie, den besten Basketball am Ende der Saison zu spielen. Ist das aus deiner Sicht gelungen?
Ja, wir spielen im Moment unseren besten Basketball. Wir sind trotz der Ausfälle offensiv sehr gefestigt. Wir finden gute Lösungen auf dem Feld, können uns gut an neue Situationen anpassen. Defensiv sind wir deutlich gefestigter als über die Saison verteilt. Wir schaffen es uns gegenseitig zu helfen, rotieren und kommunizieren immer besser. Wir sehen die Entwicklung, was wir über die letzten Monate trainiert haben. Das kommt jetzt zusammen, daher denke ich, dass wir derzeit den besten Basketball spielen.
Du hast nun die erste Hauptrunde als Cheftrainer in der ProA hinter dir. In welchen Bereichen hast du für dich neue Lernerfahrungen gemacht?
Ich glaube, dass man immer lernt, gerade sportlich. Ich schaue sehr viele Spieleaufzeichnungen, sowohl von dieser Liga als auch anderen Ligen. Das ist aber eher ein kontinuierlicher Prozess, der nie aufhört. Wo ich vor allem dazu gelernt habe, was ich anfangs anders eingeschätzt hätte, war die Öffentlichkeit. Die hohe Erwartungshaltung der Fans, die schon recht früh kam, haben wir als immer noch junge Organisation ein Stück weit unterschätzt. Das haben wir im Nachhinein betrachtet ein bisschen zu lange laufen lassen. Wie zu Beginn gesagt, die Erwartungen konnten fast nur enttäuscht werden. Im Team wussten wir immer ganz gut, wo wir stehen.
Christian Held als Lernender
Was ich auf jeden Fall gelernt habe, war, dass man Situationen lösen kann. Als Headcoach kannte ich längere Niederlagenserien so nicht. Und als Co-Trainer hat man nicht so hohen Druck. Das war also neu für mich. Oft werden Coaches entlassen oder der Kader verändert, damit es eine Änderung gibt. Das haben wir nicht gemacht. Trotzdem haben wir es gemeinsam geschafft, uns aus der Situation zu befreien. Dabei lernt man sehr viel, auch über einen persönlich. Wir sind alle sehr stolz drauf, das uns das gelungen ist.
Es gab nicht nur hohe Erwartungshaltungen, sondern auch öffentliche Kritik. Zum Beispiel wurde das Ende des „Experiment Christian Held“ gefordert. Bekommst du das mit und was macht das mit dir?
Wenn ich sowas mitbekomme, dann meistens dadurch, dass mir das zugetragen wird. Unsere Presseabteilung muss sowas registrieren und mir wichtige Dinge mitteilen. Ich selber lese sowas nur selten, weil es oft von den wesentlichen Punkten ablenkt. Aber ich bekomme Stimmungen auch in Gesprächen mit Fans oder Sponsoren mit.
Christian Held über öffentliche Kritik
Fans sind sehr emotional – was gut ist! Sie zeigen dadurch, dass sie verbunden sind, dass ihnen der Verein am Herzen liegt. Das ist elementar wichtig. Emotionalität kann aber den Blick auf die wesentlichen Dinge verzerren. Man muss nüchtern analysieren, wo Schwachpunkte liegen und diese kontinuierlich verringern. Da hilft es nicht, wenn man sich damit beschäftigt, dass Leute einen nicht mögen oder ob der Job auf dem Spiel steht. Als Hauptverdiener in der Familie wäre das natürlich nicht schön. Aber wie gesagt, das sind nicht die Punkte, an denen man etwas verändern kann. Man muss sich fokussieren, um was zu ändern.
Was waren denn genau die Schwachstellen, die ihr abgestellt habt?
Ein Großteil der Probleme hängt aus meiner Sicht mit den Verletzungen zusammen. Das ist von außen nicht so sichtbar. Jeder Spieler hat seine Aufgaben im Team. Wenn jemand ausfällt, müssen andere das Puzzlestück ersetzen. Somit haben Spieler neue Aufgabenbereiche. Wenn dann aber der Verletzte zurückkehrt, verändert sich das Aufgabenprofil schon wieder. Das sind ganz spezielle Dynamiken.
Weniger ist manchmal mehr
Dadurch, dass immer wieder Jungs da waren, weg waren, wieder da waren, wieder weg waren – da hingen Manche im luftleeren Raum. Das kann zu Irritationen führen, wenn man immer wieder etwas Neues trainieren muss. Das Spezielle daran ist, dass Spieler es manchmal „zu gut“ meinen. Sie versuchen Aufgaben zu übernehmen, weil sie es zwischenzeitlich mussten, aber so das große Ganze nicht mehr im Blick haben.
In unserer Schwächephase wollte jeder noch besser, noch härter arbeiten. Das kann dazu führen, dass man sich weniger aushilft, die besten Lösungen nicht mehr findet. Jeder bleibt dann auf seiner „Insel“. Das ist auch ein Stück weit normal. Manchmal muss man Dinge nicht ganz so intensiv machen, damit das Gesamte besser funktioniert. Das ist gerade für junge Spieler eine Herausforderung, das zu verinnerlichen. Da haben auch die Spieler viel gelernt.
Problem Aufstieg?
Jedes Jahr muss die gleiche Frage gestellt werden: Was passiert, wenn ihr es ins Finale schafft und somit Aufstiegsrecht habt?
Da bin ich der falsche Ansprechpartner. Meine Aufgabe ist der sportliche Bereich, hier das Maximum rauszuholen. Ich traue unserer Truppe einen weiten Lauf in den Playoffs zu, da muss aber auch viel zusammenkommen. Was außerhalb des sportlichen Bereichs liegt, kann ich mich nicht zu äußern, das ist auch nicht meine Aufgabe.
Aber es gibt doch bestimmt viele Gespräche in der Geschäftsstelle mit Geschäftsführer Andre Ewertz (über das Thema sprachen wir vergangenes Jahr mit Ewertz).
Natürlich spricht man darüber, das geht ja alles Hand in Hand. Aber so wie Andre sich nicht über die sportlichen Belange äußert, spreche ich nicht über die wirtschaftliche Seite.
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