Von Florian Schlecht
Seit 1972 ist Christian Mergens Fan von Bayern München. Am Samstag war der Trainer daher vom Fußball-Bezirksligisten SV Leiwen freigestellt, weil er Tickets für das Champions-League-Finale hatte. Nach dem 2:1-Sieg im Wembley-Stadion freute sich der 47-Jährige über ein großes Ereignis. „Der Eintritt war jeden Cent wert.“
Der SMS-Kontakt von London nach Ralingen lief reibungslos. Via Handy stand Christian Mergens permanent mit Vereinsverantwortlichen des SV Leiwen in Kontakt, um die Zwischenstände des Bezirksliga-Spiels bei der SG Ralingen zu erfahren. Über Kurznachrichten erfuhr er so vom 3:1-Sieg seiner Mannschaft. Der Trainer, der zum Saisonende bei dem Vizemeister aufhört, hatte für den letzten Spieltag ausnahmsweise frei bekommen. Und das aus einem guten Grund: Der 47-Jährige war am Samstag im Wembley-Stadion beim Champions-League-Finale zwischen Bayern München und Borussia Dortmund. Mit dabei waren seine Freunde Martin Scherer, Marco Blau und Oliver Lauer, der Vorsitzender beim FSV Osburg ist.
Der Besuch lohnte sich besonders für Mergens, der eingefleischter Bayern-Fan ist. Im Fanblock hinter dem Tor drückte er Bastian Schweinsteiger, Philipp Lahm und Co. die Daumen. “Das war das größte Erlebnis für mich, wenn es um den Fußball geht”, strahlte er nach dem 2:1-Sieg seines Herzensvereins. Besonders die Stimmung unter den 90.000 Zuschauern versetzte Mergens in einen dauerhaften Gänsehaut-Zustand. „Wir waren alle außer Rand und Band. Die Atmosphäre war einmalig und von Anfang an sehr emotional. Auf der einen Seite im Stadion stand eine rote Wand, auf der anderen eine gelbe. Das war ein bombastisches Bild.”
284 Euro für die Karte – und ein neues Trikot
284 Euro hatte Mergens für die Karte gezahlt. “Ich bin seit 1996 Mitglied beim FC Bayern und hatte etwas Glück”, lächelte er. Zu den Kosten für die Anfahrt und die Fähre gesellte sich noch der Kauf eines neuen Trikots. „Da spielte ein wenig der Aberglaube mit rein.“ Denn vor einem Jahr, als der deutsche Rekordmeister in der Allianz-Arena das Endspiel gegen den FC Chelsea im Elfmeterschießen verlor, stand Mergens noch mit seinem alten Dress traurig beim Public-Viewing in München und war bitter enttäuscht. Sein Entschluss: “Noch einmal wollte ich mit dem Trikot kein Finale schauen.”
Der Aufwand hat sich gelohnt. Nach einer Tour zum Big Ben, der Tower Bridge und der mit Fußballfans gefluteten Innenstadt (“Alle waren total freundlich, wir haben keine Aggressionen mitbekommen”) folgte das Highlight im Stadion. “Das Erlebnis war jeden Cent wert, eine einmalige Geschichte.” In den ersten zwanzig Minuten, in denen Dortmund aber in Wembley dominierte, brachte das neue Trikot kein Glück. „Da haben wir uns nur gefragt: Was ist jetzt denn los?“, staunte er über die Anfangsphase, in der Robert Lewandowski und Jakub Blaczykowski die Führung für den BVB auf dem Fuß hatten. „Manuel Neuer hat uns im Spiel gehalten. Danach wurden vor allem Martinez und Müller stärker. Und in der zweiten Halbzeit hat nur noch Bayern gespielt“, so Mergens.
Als Arjen Robben den Ball in der 89. Minute an Roman Weidenfeller zum Siegtreffer vorbeispitzelte, konnte es der Bezirksliga-Trainer zunächst gar nicht glauben. „Ich habe geguckt, ob nicht irgendwo noch ein Gelber ist, der in letzter Sekunde doch retten kann. In der Nachspielzeit habe ich nur noch gedacht, dass die Bayern die Kugel bloß weit raushauen sollen. Nach drei, vier Minuten kam dann die Erlösung.” Der Schlusspfiff. Der Jubel. Und die Übergabe des silbernen Henkelpotts an die Bayern-Stars. „Die Stimmung war der Wahnsinn. Wir waren noch so im Stadion, bis der letzte Spieler in die Kabine gegangen war“, schwärmte Mergens, der danach mit seinen Kumpels noch in einer Kneipe den Titelgewinn feierte. Beeindruckt war er jedoch auch von den Dortmunder Fans. „Sie sind noch lange im Stadion geblieben und haben ihre Mannschaft gefeiert. Das war was Besonderes. Ich weiß nicht, ob die Bayern-Anhänger mit der Enttäuschung hätten umgehen können.“
Bayern-Fan seit 1972 – und eine Pause ab dem Sommer
Bereits seit 1972 ist Mergens Anhänger der Münchner. “Mein Vater hat mich damals mitgenommen, als der FC Bayern auf dem Betzenberg spielte. Er war für Kaiserslautern. Also war ich für die anderen”, schmunzelte er. Doch auch die Fohlenelf von Borussia Mönchengladbach begeisterte ihn. “Ich war Fan von Günter Netzer und hatte sogar ein Trikot von ihm.”
Die Bayern lagen Mergens aber immer mehr am Herzen. Wenn es der Terminkalender des Trainers und Lehrers zuließ, reiste er selber zu Spielen in der Bundesliga und dem Europapokal. Nicht immer liefen die Besuche so glücklich wie am Samstag. “In Frankfurt hat Bayern mal 5:2 gewonnen. Auf der Rückfahrt haben wir im Auto erfahren, dass Klaus Augenthaler vier Amateurspieler eingewechselt hat und das Spiel am ‚Grünen Tisch‘ umgewertet wird.” Für Tristesse sorgte auch das WM-Halbfinale zwischen Deutschland und Italien (0:2), das er sich 2006 in Dortmund ansah. In Wembley folgte dafür aber die große Entschädigung mit dem Triumph der Bayern.
Der einzige Wermutstropfen am Wochenende war allerdings der Absturz des SG Ralingen in die Kreisliga. Auch wenn ausgerechnet seine Leiwener Mannschaft dort 3:1 gewann, zeigte Mergens Mitglied. “Wir wollten sportlich fair bleiben. Auf der anderen Seite habe ich im Sauertal drei schöne Jahre verbracht. Daher tut mir der Abstieg in der Seele weh.”
Sich selber verordnet der Trainer nach der Vizemeisterschaft mit Leiwen erst einmal eine Fußballpause. Zum Saisonende hört er beim Fußball-Bezirksligisten auf. “Ich werde bestimmt noch das ein oder andere Spiel in der Region gucken”, sagt er. Zuvor schwebt er nach den ereignisreichen Tagen in Wembley noch für einige Zeit auf der (Fußball-)Wolke 7…
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