Von Niklas Stilz
Letzte Woche Montag ging für die B-Klasse-Fußballer der neu formierten SG Kylltal ein echter Traum in Erfüllung. Nachdem man sich in einem Facebook-Gewinnspiel gegen zahlreiche Mitbewerber durchgesetzt hatte, durfte der Kreisligist in Bitburg gegen Borussia Mönchengladbach zu einem Freundschaftsspiel antreten. Dabei war die Ausgangslage für beide Teams natürlich völlig verschieden. Wie geht man als Amateurfußballer in das Duell mit den Idolen? Und was bedeuten die Partien auf der „Fohlentour“ den Bundesliga-Stars? 5vier hat sowohl mit den Kylltalern, als auch mit den Gladbachern über die Partie gesprochen.
Die Ausgangslage könnte vor einem Testspiel zwischen Kreis- und Spitzenklasse wohl kaum größer sein. Während für die einen das wohl größte Highlight der sportlichen Laufbahn ansteht, geht es in Reihen der Profis wohl vornehmlich darum sich nicht zu verletzen und ein bisschen Spaß am kicken zu haben. Am Ende stand da ein 15:1 für den Bundesligisten auf der Anzeigetafel – gefeiert hat aber trotzdem die SG Kylltal. Eine merkwürdige Situation, geht es doch im Fußball eigentlich darum, wer denn das Leder am Ende häufiger ins gegnerischere Tor befördert hat. Für die Kylltalkicker war die Partie mit den „Fohlen“ aber mehr als nur ein Fußballspiel.
„Mein Puls ist gerade ungefähr bei 200. Viele von den Jungs haben die letzten Nächte wenig bis gar nicht geschlafen, die sind noch nervöser als ich“, sagte ein sichtlich aufgeregter Kylltal-Kapitän Patrick Burggraf schon auf der Pressekonferenz vor der Partie. Burggraf selbst ist Dauerkartenbesitzer und Vorsitzender eines Fanklubs der Borussia, der innerhalb des Teams noch einige weitere Mitglieder hat. Dass so eine Partie insbesondere für ihn und die Fankollegen etwas ganz besonderes gewesen sein muss, kann sich wohl jeder Fußballfan nur zur Genüge vorstellen. Deshalb bestand die Hauptaufgabe von Trainer Daniel Brandscheid auch weniger in der taktischen Ausrichtung, als eher in der Beruhigung der eigenen Truppe. „Meine primäre Aufgabe ist es, den Jungs jetzt die Angst zu nehmen. Der ein oder andere hat schon ein bisschen die Hosen voll“, machte Brandscheid vor der Partie keinen Hehl aus der Aufregung seiner Mannschaft.
„Das ist schon ein geiles Gefühl, wenn man so einen hält!“
Nach dem Spiel gab auch Keeper Benjamin Gleißner, der in der ersten Halbzeit das Tor der Kylltaler gehütet hatte, zu, dass er zu Beginn des Spiels doch „ultra nervös“ gewesen sei. „Die Nervosität kannte fast keine Grenzen. Manchmal musste man dann selbst schmunzeln, wenn man der Abwehr zuruft: Vorsicht, links der Herrmann!, Achtung Raffael!, oder Vorne der Kruse!“, ergänzte der Keeper lachend nach Spielende. Angesprochen auf die guten Paraden, die er immer wieder zeigen konnte, sagte er außerdem: „Es ist schon ein geiles Gefühl, wenn man so einen hält!“ Siegtorschütze Sebastian Becker, der nach der Partie wohl der begehrteste Akteur der Kreisligisten gewesen ist, konnte sein Glück ebenfalls kaum fassen: „Ich glaube man realisiert das alles erst in den nächsten Tagen so richtig. Das hier ist unglaublich, sowas erlebt man nur einmal.“ Insbesondere in der Schlussphase bekam die SG auch immer wieder lautstarke Unterstützung von der Tribüne. Abwechselnd wurden vorwiegend die Spieler minutenlang mit Sprechchören gefeiert, die der versammelten Presse Rede und Antwort stehen mussten. Angesprochen auf die mitgereisten Fans gab Becker deshalb zu Protokoll: „Die sind immer dabei! Wir können froh sein solch einen klasse Anhang zu haben.“
Vom Platzsturm nach Spielende nahmen die Amateurkicker deshalb dann auch wenig Notiz. Während die Mönchengladbacher innerhalb weniger Sekunden von Autogrammjägern umringt waren, tanzten und feierten die Kylltaler ihren ersten, und vielleicht auch letzten Auftritt auf der ganz großen Fußballbühne.
Bundesligist geht es vor allem um Spaß und Nähe zu den Fans
Für diejenigen, die sich dauerhaft im Rampenlicht des Fußballgeschäfts bewegen, hat die Auftaktpartie der „Fohlentour“ natürlich eine andere Bedeutung, als für die Kylltaler. Die Saison für den Bundesligisten ist beendet, die Kicker, die nicht für ihre Nationalmannschaften in Brasilien um den Titel spielen, könnten eigentlich in den Urlaub gehen. Gäbe es da nicht diese Tour durch die Eifel, das Saarland und den Odenwald. Drei Testspiele bestritt das Team in vier Tagen, neben der SG Kylltal ging es auch gegen Noch-Drittligist Elversberg und die SKG Roßdorf 1877. Was sich Sportdirektor Max Eberl und Kapitän Filip Daems schon auf der PK vor dem Spiel gewünscht hatten, nämlich, dass Spaß, Fairness und Fannähe im Vordergrund stehen sollten, ist wohl ein ideales Motto, um den Grundgedanken der Tour in Worte zu fassen.
„Solche Spiele sind ganz wichtig für die Fans. Das Stadion war heute randvoll, wir haben die Pflicht unseren Anhängern etwas zurückzugeben“, bilanzierte deshalb auch der schwedische Linksverteidiger der Borussia, Oscar Wendt. „Außerdem lieben wir alle Fußball. Partien wie heute machen da besonders viel Spaß“, ergänzte er. Wendt und der 18-malige U21-Nationalspieler Tony Jantschke waren noch lange nach Spielende von einer Horde Fans umringt, gaben fleißig Autogramme und standen für Fotos parat. Obwohl das Gedränge einen durchaus einschüchtern konnte, hoben beide Profis ganz klar die Vorzüge des Events hervor. „Klar sieht man das zwiespältig. Einerseits ist es arschkalt und ein ziemliches Gedränge. Gerade wenn Kinder dabei sind, macht man sich ein bisschen Sorgen. Gleichzeitig freuen sich die Leute natürlich auch wahnsinnig wenn wir kommen“, kommentierte Jantschke das Geschehen nach dem Schlusspfiff. Oscar Wendt fand indessen nur lobende Worte für das von Bitburger organisierte Match: „Es ist einfach toll hier zu sein und Freude zu den Fans zu bringen!“
Ein winziges Manko konnte Tony Jantschke mit einem Augenzwinkern zum Schluss doch noch feststellen: „Für mich war es heute nicht ganz so spaßig. Ich musste ja hinten spielen. Die Jungs in der Offensive hatten es da besser.“ Bitter für Jantschke: Als er sich dann doch einmal in einen Angriff einschaltete, wurde er von seinen Kollegen einfach ignoriert. Er wird es wohl verkraften.
Schreibe einen Kommentar