Michael Gubenko, Jung-Regisseur von Bühne 1, traf sich zu einem Interview mit 5vier.de und sprach nicht nur über die Zukunft von Bühne 1, sondern auch über das herannahende erste Kleinkunstfestival „Ars ante Portas“ und die Zukunft der Kulturszene in Deutschlands ältester Stadt.
Man kennt ihn bereits als Regisseur der letzten Produktionen der Bühne 1, jener studentischen Vereinigung, die seit einigen Jahren mit ihren Produktionen im Studio des Theaters Trier zu begeistern weiß. Vor seiner Tätigkeit als Regisseur war er selbst Schauspieler der studentischen Truppe. Nun probt er mit anderen jungen Kunst- und Kulturbegeisterten Talenten ihren Beitrag für das erste Trierer Kleinkunstfestival „Ars ante Porta“ ein. Bis zum 28. September wird das Ensemble also viermal die Woche zusammen proben, eine sehr intensive Zeit, vor allem wenn man bedenkt, dass jeder der jungen Kulturschaffenden dies eigentlich nur „nebenberuflich“ macht. „Mehr geht nicht, wir würden gerne mehr probieren, aber es geht eben nicht,“ muss Gubenko zugeben. Ein „Casting“ gab es genau wie bei den Profis, allerdings gestaltet sich dieses oft mehr als Kennenlernprobe, wer kann mit wem, wer passt optisch zueinander, wer kann was? All dies wird in den ersten wenigen Proben herausgefunden, danach geht’s ans Eingemachte.
Ans Eingemachte gehen
„Wir werden mit Text-Collagen arbeiten, mit Fangesängen, unterschiedlichen Textsorten und Genres, aber auch mit Tanzaufforderungen. Dabei wollen wir auch schauspielerisch ein möglichst breites Spektrum aufmachen. Es wird in dem Sinne keine Figuren geben, sondern jeder Schauspieler muss in bis zu drei „Darstellerkörper“ schlüpfen können.“ Es geht nicht darum in einem klassischen Sinne Figuren und Charaktere zu entwerfen, diese mit einer persönlichen Tiefe und einem menschlichen Schicksal zu füllen, sondern darum Stimmungen zu erzeugen und Themen so aufzugreifen, dass sie so mannigfaltig wie möglich zur Geltung kommen. Der Text wurde eigens für dieses Event entworfen und greift natürlich auch die Themen der letzten Monate auf: eine Stadt – Land – Fluß – Geschichte, verflochten mit den Werten, auf die die Trierer sich (wieder) besinnen sollten. „Es geht uns auch darum Solidarität und Einigkeit darzustellen, wie sie beispielsweise auch zwischen Fußballfans bestehen kann oder im Privaten zwischen zwei Menschen oder in den vielen sanften Tönen dazwischen“, so Gubenko. Das ganze Paket soll allerdings nicht schwer und belehrend daherkommen, sondern „frisch und workshopartig“. Eine kurze intensive Probenzeit, aus der mittels eingebrachter Arbeitstechniken aus Bühne 1-Erfahrungen, eine gebündelte halbe Stunde Theater-hautnah werden soll.
Frisch und hautnah
Künstlerisch steht Gubenko nicht alleine, Bühne 1-Kollegin und Leiterin des Jugendclubs im Theater Trier, Nadine Velten, die hier die Dramaturgie übernimmt und zudem Moritz Rehfeld, Regisseur vom „Neuen Theater Trier“ , sitzen ebenfalls mit im Boot. Eine spannende Sache, wie Gubenko findet. Eine intensivere Zusammenarbeit auf der Kulturebene kann er nur befürworten. „Keine andere, vergleichbare Stadt hat so eine reichhaltige, facettenreiche Theaterszene,“ weiß er. Was oft vergessen oder kaum beachtet wird. „Ich glaube, das liegt daran, dass sobald sich ein „kleines Projekt“ mal etabliert hat, behält es ein gewisses Stammpublikum, gewinnt aber kein neues dazu. So bleibt alles sehr unter sich. Es hapert oft an realexistentem Austausch.“
Mal ein gemeinsames Projekt machen, statt immer nur das eigene Süppchen kochen. Das wünscht sich nicht nur Michael Gubenko. „So einen Austausch gibt es immer mal wieder und natürlich klappt das mal besser und mal schlechter.“ Dabei liegen die Vorteile doch auf der Hand: Transparenz. Selbst etwas gesunde Konkurrenz kann ja das Geschäft beleben. „Man kann sich aneinander hocharbeiten, ohne sich gegenseitig zu schaden. Im Gegenteil, man verbessert sich und den anderen gleichzeitig.“ Zusammenarbeit ist wichtig, vor wenigen Jahren gab es bereits die Idee der Uni für Bühne 1 eine engere Kooperation mit einer seiner beiden wichtigsten Institutionen anzustreben: dem Theater Trier. Damals konnten diese Pläne aufgrund der starken Sparmaßnahmen und der damit verbundenen Sorgen nicht weiter angedacht werden. Dabei hätte Trier damals eine der ersten Städte in einem bundesweiten Trend sein können. Jetzt muss es aufpassen den Startschuss nicht zu verpennen. In ganz Deutschland gibt es mittlerweile Förderprogramme und kreative Projekte, die professionelle Theater mit semiprofessionellen Gruppen oder sogar Laien verbinden wollen. Die Institutionen öffnen sich.
Professionell und offen
Dabei muss vor allem eines neu bedacht werden: der Begriff der Professionalität. „Seit langem wird Professionalität gleichgesetzt mit einem gewissen Ausbildungsweg, den man durchgehen muss. Dieser Weg hat auch seine Berechtigung, aber er darf kein Ausschlusskriterium sein für eine übergreifende Zusammenarbeit. Professionelle Arbeitet bedeutet gute Arbeit – das heißt durchkonzipierte, klar strukturierte und ergebnisorientierte Arbeit. In künstlerischem Sinne professionell arbeitet man, wenn man weiß, wohin man will und wie dies zu erreichen ist. Natürlich geht damit einher, dass alle an einem Projekt beteiligten Künstler selbst eine Entwicklung durchmachen und an ihrer Arbeit wachsen und dadurch nur besser werden – vorausgesetzt, sie sind bereit, die dafür notwendige Zeit und Kraft in ihre Arbeit zu investieren. Es muss immer der Gegenstand ihrer Arbeit, die Sache selbst, und niemals das eigene Ego im Mittelpunkt stehen!“ Bühne 1 beweist mit ihren durchweg erfolgreichen Produktionen, dass sie zu einer solchen professionellen Arbeitsweise in der Lage ist. „Die Öffnung des Theaters für „Laien“ bedeutet nicht, dass man nur noch massentaugliche Popcornunterhaltung produziert. Es bedeutet nicht, mehr Menschen „gefällig“ sein zu wollen. Sondern hellhörig zu werden für die Entwicklungen unserer Zeit.“
Konkret geht es in den gerade zu führenden Gesprächen zwischen Bühne 1, dem Theater Trier und Universitätsschaltstelle Frau Prof.Dr. Franziska Schößler darum „unter Interessenwahrung jeder Institution einen Plan zu entwickeln, auf den sich alle freuen und auf den alle stolz sein können. Wichtig ist die Bereitschaft auf Augenhöhe miteinander zu reden.“ Das Ergebnis soll eine wirkliche Zusammenarbeit sein, die Einbindung der studentischen Talente in den Theaterapparat. Konkret: In Vorstellungen. Das Theater zierte sich hier zunächst: „Das Theater fürchtet nicht mal die „Unprofessionalität“, sondern vielmehr das Risiko von Mitwirkenden, die nicht vertraglich gebunden sind. Wir mussten unsere Vertrauenswürdigkeit erst unter Beweis stellen.“ Aktuell arbeitet man an einem Zwei-Jahresplan, an einer Idee, wie man die Studenten mehr einbauen könnte. Besonders sensibel dabei, die auslaufende Amtszeit Gerhard Webers; wie es mit dem Wechsel des Intendanten weitergehen wird, kann man noch nicht abschätzen. „Es ist ein sehr sensibler Moment, in dem es komplex ist Verbindlichkeiten einzugehen, die über mehrere Jahre hinausgehen sollen.“
Doch angesichts der Wandelzeit, der Krisen, der Kämpfe und Wechsel erscheint die Bühne 1 mit ihren durchweg gelungenen, gut besuchten Inszenierungen geradezu wie eine solide „Institution“. Das Verlassen eines alten Pfades und ein Aufbruch zu neuen Ufern muss nicht zwangsläufig eine Verschlechterung bedeuten.
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