Nach mehreren Monaten Corona Pause rollt die Critical Mass wieder durch die Straßen Triers. Gemeinsam möchten die Teilnehmenden auf die Interessen der Radfahrenden in der Stadt aufmerksam machen.
Etwa 8 Monate lang war es in Trier still um die Critical Mass. Jetzt treffen sich Radbegeisterte wieder jeden letzten Freitag im Monat auf dem Viehmarkt in Trier, um gemeinsam quer durch die Stadt zu fahren. Critical Mass nennt sich die monatliche Ausfahrt. Das Ziel dahinter lautet: Platz schaffen und dabei auf die Interessen der Radfahrer aufmerksam machen.
Inspiriert von dem Dokumentarfilm „Return of the Scorcher“ (1992)
Die Macher des Dokumentarfilmes „Return of the Scorcher“ 1992 vergleichen die Fahrradkultur in China mit der in den Niederlanden und den USA. Ihnen fällt auf, dass Verkehrsteilnehmer wie Fahrrad- oder Motorradfahrer in China Kreuzungen teils ganz ohne Ampeln überqueren. Sie stauen sich so lange an einer Kreuzung bis sie eine „kritische Menge“ erreicht haben. Diese überquert dann die Straße und zwingt den Gegenverkehr zum Anhalten. Von diesem Phänomen inspiriert entsteht 1992 die erste Critical Mass in San Fransisco. Seitdem hat sich das Event auf dem gesamten Globus verbreitet. Weltweit versammeln sich regelmäßig Menschen mit ihrem Fahrrad und fahren gemeinsam durch die Straßen ihrer Stadt. Die größte Zahl an Teilnehmern wurde bisher in Budapest gezählt. 2013 fuhren dort 100.000 Menschen gemeinsam durch die ungarische Metropole.
Zur Freude der Radfahrer, Autoverkehr wird lahmgelegt
Autofahrer brauchen starke Nerven, wenn sie in eine Critical Mass geraten. Die Aktion ist jedoch vollkommen legal. Als rechtliche Grundlage dient den Radfahrern in Deutschland der §27 der StVO. Der Paragraph besagt, dass wenn mehr als 15 Radfahrer gemeinsam auf der Straße fahren, sie einen sogenannten „geschlossenen Verband“ bilden. Fährt die Spitze der Gruppe über eine Grüne Ampel, so darf die gesamte Gruppe die Kreuzung überqueren, auch wenn die Ampel bereits auf Rot geschalten ist. Verkehrsteilnehmer der anderen Straßenseite müssen dann erst einmal warten, bis die Kolonne vorbeigezogen ist. Bei einer entsprechenden Größe ist die Fahrradkolonne auch nicht mehr gezwungen auf Fahrradwegen zu fahren. Sie darf dann auch die gesamte Straße für sich in Anspruch nehmen.
Mit der Critical Mass sich „ein Stück Straße zurückholen
Seit 2007 findet die Aktion regelmäßig in Trier statt. Nach einer langen Corona Pause haben sich am vergangenen Freitag erstmals wieder 30 Radfahrer am Viehmarkt in Trier zusammengefunden und sind dabei 14 km einmal quer durch die Trierer Stadt gefahren. Mit dabei ein bunt gemischter Haufen. Von Jung bis Alt, alle wollen sie gemeinsam ein Zeichen für das Fahrradfahren in Trier setzen.
Für die Studentin Lisa Schieben war es die erste Critical Mass. Sie kritisiert, dass man mit dem Fahrrad auf der Straße immer wieder in gefährliche Situationen gerät. Die Autofahrer seien dabei oft sehr rücksichtslos. An der Aktion nimmt sie teil, um auf die Situation der Radfahrenden aufmerksam zu machen. Sie hofft, dass in Zukunft das Radfahren in Trier sicherer wird.
Der Fahrradmechaniker Christian Aschinger ist dagegen schon seit 9 Jahren mit dabei. Er betreut die Facebook Seite der Critical Mass. Einen Veranstalter gebe es allerdings nicht. Es wird lediglich über das Internet oder über Mund zu Mund Propaganda über Ort und Zeitpunkt der Aktion informiert. Auf verschiedenen Seiten lässt sich einsehen, in welchen Städten Critical Mass Aktionen stattfinden. Nach der Frage der Planung schreibt eine Website: „Organisation? Es gibt keine! Critical Mass organisiert sich von selbst“.
30 Teilnehmer waren bei der Critical Mass in Trier am Start
Die Begeisterung war jedoch nicht immer so hoch. Christian stand auch schon mit bloß 5 Teilnehmern hier. „Eine Critical Mass haben wir dann zwar nicht gebildet, zusammen Fahrrad gefahren sind wir aber trotzdem“. Bei der größten Critical Mass in Trier seien dagegen etwa 100 Menschen am Start gewesen. Ganz daran anknüpfen kann die vergangene Aktion nicht. Etwa 30 Teilnehmer haben sich auf dem Viehmarkt eingetroffen. Christian freut sich über deren Einsatz, denn, „jeder der in der Stadt unterwegs ist bemerkt, dass die Stadt auf den Autoverkehr ausgerichtet und nicht für die Radfahrer gebaut wurde.“ Christian sieht in der Critical Mass eine Möglichkeit damit möglichst viele Menschen mit dem Fahrrad auf die Straßen gebracht werden, damit deren Interessen stärker wahrgenommen werden.
Auch Stefan Bernschein freut sich, dass die Critical Mass wieder stattfindet. Er empfindet die Aggressionen auf der Straße als „unter aller Sau“ und verweist darauf, dass bei der aktuellen Stadtradel Aktion auch viele Verantwortliche der Stadt teilnehmen. Er hofft, dass diese die Stadt Fahrradfreundlicher gestalten. An der Critical Mass nimmt er Teil um zu zeigen, wie präsent das Fahrrad in der Stadt ist.
Klaus Ostermeier kann dagegen auch die Autofahrer gut verstehen. Er selbst war in Vergangenheit häufig auf das Auto angewiesen. Viele Radfahrer treten dabei häufig auch sehr aggressiv gegenüber den Autofahrern auf. Die schlechte Stimmung auf den Straßen sei somit auch häufig von den Radfahrenden provoziert. Bei Konflikten zwischen dem Auto und dem Fahrrad würde allerdings das Fahrrad meist den Kürzeren ziehen. Klaus wünscht sich daher mehr gegenseitiges Verständnis. Rücksicht müsse dabei von beiden Seiten füreinander aufgebracht werden. Das Wichtigste für ihn ist jedoch, das auch weiterhin die Freude am Fahrradfahren bestehen bleibt.
Darum soll es nämlich bei der Critical Mass gehen. Willkommen ist jeder, der Spaß am Radfahren hat. Gemeinsam möchte man sich ab sofort wieder regelmäßig treffen. Für eine kurze Zeit nimmt dann eine kritische Mass die Straße für sich in Anspruch.
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