Am Sonntag, den 29. September gibt es im Theater Trier direkt die zweite Premiere dieses Wochenendes: Im Studio sieht man das Stück „Theo Lingen – Komiker aus Versehen“, in einer Inszenierung von Erfolgs-Regisseur Werner Tritschler.
Zum fünften Mal inszeniert Werner Tritschler nun in Trier, dieses Mal noch einmal im Studio: „Theo Lingen – Komiker aus Versehen“. Dabei ist er nur als „zweites Standbein“ Regisseur, denn eigentlich hat er Schauspiel studiert. Doch die Arbeit als Regisseur hat ihn während seiner Ausbildung schon immer begleitet: „Im Studium lernt man anhand von einzelnen Szenen zusammen mit Lehrern. Ein- bis zweimal im Jahr studiert man dann selbst eine Rolle ein und zeigt so sein Können, seinen Ausbildungsstand.“ Er hat das schon immer gerne gemacht, auch mit anderen Studenten zusammen; als seine Diplomarbeit gab er dann gleich eine Inszenierung ab.
Nach fünf Inszenierungen in Trier bringt man ihm nun schon einiges an Vertrauen und Wissen entgegen: „Die Schauspieler kennen mich und wissen, wie ich arbeite. Es geht mir darum, eine Vertrauensbasis zu schaffen, Spaß zu haben auf der Arbeit, was sich über die Schauspieler auch auf das Publikum überträgt.“
Seine Inszenierungen faszinieren durch ihre Bewegungsfreude, ihre Schnelligkeit, ihre Details; unter diesen Prämissen kann man auf das bewegte Leben von Theo Lingen durchaus gespannt sein. Das Leben des Komikers, der besonders mit seinen Schulhof-Lümmel-von-der-letzten-Bank-Filmen Berühmtheit erlangte, birgt allerdings ein Inszenierungsproblem in sich: „Die Zuschauer über 40 Jahren kennen ihn nur als den berühmten Komiker, die Zuschauer unter 40 Jahren kennen ihn wahrscheinlich kaum bis gar nicht und finden seine Art der Komik wahrscheinlich unzeitgemäß.“ Die Inszenierung soll aber für beide Zuschauergruppen geeignet sein. Ein kleiner Spagat.
Ein Inszenierungs-Spagat
„Wir müssen die Lebensgeschichte Lingens so erzählen, dass sich die „Fans“ wiederfinden, aber auch diejenigen, die ihn nicht kennen, alles verstehen. Dabei bringen wir keine Biographie auf die Bühne.“ Damit die Gefahr der Biographie umschifft wird, wählte man ein einfaches Mittel: „Wir erzählen seine Lebensgeschichte in Rückblicken, ausgehend von seinen größten Erfolgen Mitte der 60er Jahre.“ Dabei darf man ein besonders dunkles Kapitel natürlich nicht vergessen: Lingens Arbeiten zu Zeiten des Nationalsozialismus. Für andere Künstler schlimmer als ein dunkler Fleck im Lebenslauf, für Lingen eine Rechnung aus Liebe: „Seine Frau, die große Liebe seines Lebens, war Halbjüdin, seine Schwiegermutter Jüdin. Die Arbeit, die er gemacht hat, musste er tun, um die beiden zu schützen.“ Ein Schauspieler, der sich mit einer Diktatur gut stellen musste, aber sich nichts zu schulden kommen lassen wollte. „Er hat niemals jemanden verraten oder ausgeliefert.“
Auch Lingen dachte, wie viele Künstler damals, darüber nach Deutschland zu verlassen. Er tat es ganz bewusst nicht. „Er war ein deutscher Schauspieler, der die eigene Sprache brauchte, um sich ausdrücken und spielen zu können. Generell schafften es ja nur wenige Künstler in einem fremden Land Fuß zu fassen.“
Die Vergangenheit im Nationalsozialismus ist natürlich auch in der Inszenierung ein schwieriges Thema: „Für Lingen war dies eine schreckliche, schwierige Zeit; das kann man sich kaum vorstellen. Jeder kennt das Gefühl, wenn man sich an eine Person erinnert, unter der man gelitten hat, aber gegen die man nichts machen konnte: Diese Person bekommt oft etwas Monströses, aber darüber gleichzeitig etwas skurilles. Sie ist eben kein Mensch mehr, sondern fast ein kleines Monster in der Erinnerung.“ Ähnlich will man sich an Lingens Vergangenheit im Naziregime heranpirschen. Dem Schrecken kein Gesicht geben, sondern die Maske auflassen, die er durch den Schleier der Erinnerungen bekommt.
Masken aufsetzen
Die Maske aufgelassen hat auch Lingen Zeit seines Lebens. Zumindest im Beruf. Über sein Privatleben weiß man wenig. „Man kennt nur den Komiker „Theo Lingen“ aber nicht den Menschen Franz Theodor Schmitz, wie er eigentlich hieß.“ Zudem wollte Lingen zeit seines großen Erfolges als Komiker auch als „ernsthafter“ Schauspieler erfolgreich sein. Man ließ ihn nicht. „Er war für alle der Komiker, diese typischen Bewegungen und Gesichtsausdrücke waren wie Masken, die er sich selbst angelegt hat.“ Theo Lingen, wie er spielt, jemanden zu spielen, der so spielt, wie er spielte. Eine Maske, eine Rolle, die ihn und seine Liebsten schützte, die ihn zum Erfolg führte, aber irgendwann vom Schutzwall zur Mauer wurde. Einer Mauer, über deren Rand man kaum noch schauen, geschweige denn springen konnte.
Wer nun Lust bekommen hat sich das bewegte Leben dieses Komikers wider Willen anzuschauen, kann dies ab Sonntag, den 29. September im Theater ihres Vertrauens tun.
Kommentar verfassen