Für viele verkörpert Elizabeth Taylor jene Katze auf dem heißen Blechdach. Für den Film aus dem Jahr 1958 lieh sie der Maggie ihren Körper, ihre Stimme und ihren traurigen Sex-Appeal. Im Theater Trier ist es Sabine Brandauer, die die Rolle der verzweifelten Ehefrau spielt. Mit sichtlichem Erfolg.
Maggie liebt Brick. Doch Brick liebt seinen Schnaps wesentlich mehr und auch öfter als seine Gattin. Seit sein bester Freund sich zu Tode gesoffen hat, versucht er alles, um ihm nachzueifern. Mit wenig Erfolg. Dafür liegt sein Vater, der schwerreiche Großgrundbesitzer „Big Daddy“ nun im Sterben. Seine beiden Söhne, Brick und Bruder Gooper, versammeln sich zusammen mit Anhang um Big Daddy, um seinen 65. Geburtstag mit ihm zu feiern. Ein letztes Mal, wie alle wissen und manche hoffen. Denn Gooper, der sich zeit seines Lebens als ungeliebter Sohn fühlte, und seine biestige wie ehrgeizige Ehefrau Mae, sind scharf auf Daddys Millionen. Brick ist das alles herzlich egal, solange sein Schnapsglas gut gefüllt ist. Doch seine Frau Maggie will noch kämpfen. Nicht so sehr um das Geld, sondern um ihre Ehe und eine menschengerechte Behandlung. Und um ihren Wunsch nach Kindern.
Kampf um Achtung und Liebe
Tenessee Williams‘ Stück ist ein beliebter Klassiker – in seiner zuschauerfreundlichen Filmversion und in seiner Herzschmerz verursachenden Bühnenfassung. Regisseur Werner Tritschler, der schon so manche Erfolge in Trier feiern durfte, wie Publikumsliebling „Gut gegen Nordwind“ (5vier berichtete), um nur einen zu nennen, inszenierte das traurig-verzweifelte Beziehungsdilemma rund um Brick und Maggie, aber auch um Big Daddy und Big Mama.
Seine Inszenierungen sind oft bewegungslastig und auch dieses Mal arbeitete Tritschler wieder mit seinem Lieblingswerkzeug, den Körpern seiner Schauspieler. In den ersten paar Minuten vielleicht ein bisschen zu viel des Guten. Maggie sprintet ein paar Mal über die Bühne, hetzt zwischen Bügeleisen und Schrank hin und her, springt auf Bänke. Das wirkte zunächst etwas übermotiviert, fand aber im Laufe der Inszenierung seine Berechtigung. Eben eine Katze auf dem heißen Blechdach. Die ihre Krallen ausfährt, um den allzu uninteressierten Gatten aus der Reserve zu locken oder auf die Gemeinheiten ihrer Schwägerin und Schwiegermutter mit der sprichwörtlichen kalten Schulter reagiert. Diese Maggie ist kein Kätzchen; Großkatze trifft es da schon eher.
Eine tolle Leistung von Brandauer, die mal umgarnend und sanft, dann wieder fauchend und kratzbürstig daher kommt. Die mit ihrer knallharten Wahrheit versucht, das Netz aus Lügen und Heucheleien zu zerreißen, aber letztendlich doch auf die Lüge als letzte große Rettung zurückgreifen muss. „Und heute Nacht machen wir die Lüge zur Wahrheit, Brick“, versucht sie ihren Säufer-Gatten noch ins gemeinschaftliche Eheboot zu ziehen, doch der kann auf ihre Liebesbekundung nur mit wohlwollend versoffenem Blick antworten, dass es schon komisch wäre, wenn’s wahr wäre. Ein Open-End, kein Happy End, ganz wie Williams es gewollt hätte.
Open End und Standing Ovations
Die Leistungen der Schauspieler und des Regisseurs wurden vom Publikum mit begeistertem Applaus und Standing Ovations gewürdigt.
Allen voran: Hauptdarsteller Jan Brunhoeber, als grober, verbitterter, ständig betrunkener oder trinkender Brick, allerdings mit gekonnt feinem, facettenreichen Spiel. Kein fremdschämen, wegen übertriebener Trunkenheit, sondern großes Gefühl. Brunhoebers Brick trinkt nicht seinen Alkohol, sondern ertrinkt in seiner Trauer und seiner Lebensverzweiflung.
Mit seiner Kollegin Sabine Brandauer legt Brunhoeber ein spannendes Tänzchen der Emotionen aufs Parkett: Sie liebt, er hasst, sie hält fest, er ekelt sich in ihrer Umarmung.
Ein großes Lob muss auch an die anderen Paare der Inszenierung gehen: Vanessa Daun, die ihre Vorzeige-Ehefrau und Horror-Schwägerin mal wieder auf den Punkt getroffen hat: Ewig lächelnd und dabei zum Würgen unsympathisch. Christian Miedreich als ihr stocksteifer, charakterloser Ehemann. Fantastisch, Angelika Schmid, als beschönigende Gattin und Manfred-Paul Hänig als grantiger Big Daddy.
Das Bühnenbild stammt von Gerd Hoffmann sowie Arlette Schwanenberg und erinnert an jenen modernen, neureichen Stil vergangener Jahrzehnte, wo strenges Biedermanndasein hinter hellen, geometrischen Formen versteckt ist. Die Kostüme von Alexandra Bentele führen gedanklich auf Partys der Country-Club-Mitglieder, mit bodenlangen Abendkleidern und hochtoupierten Haaren. Schöner Schein, um verlogenes Sein zu verdecken.
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Fazit
Wer Beziehungsprobleme hat, sollte dieses Stück lieber meiden. Zu oft muss man sich doch die Frage stellen, ab wann man das „Glück“ zu zweit lieber fallen lassen sollte, zugunsten eines einsamen Neuanfangs. Wer über eine stabile Beziehung und stabile Nerven verfügt, der kann sich dem Konstrukt aus Bosheiten, Lügen und Intrigen stellen, das ihn hier erwarten wird. 5vier.de kann’s nur empfehlen.
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Fotos: Theater Trier
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