5vier Redakteur Lars Eggers hat das Journalistendasein zu Hause gelassen und sich bei der langen Trierer Museumsnacht unter die Leute gemischt – ein Erfahrungsbericht.
Es ist die einzige Nacht im Jahr, in der man nachts ins Museum gehen kann, ohne gleich abgeführt zu werden – das kann ich mir nicht entgehen lassen. Gemütlich mit einer Gruppe von Freunden treffe ich mich also am frühen Abend im Foyer des Landesmuseums. Mein erster Gedanke: So voll sollten Museen immer sein, dafür sind sie gemacht. Was ist es, das die Menschen ausgerechnet in dieser Nacht ins Museum treibt? Eine schnelle Umfrage bei meinen Begleitern und einigen umstehenden Gästen ergibt: viele wollten immer mal wieder, hatten nie die Zeit, aber so seinen Samstagabend zu verbringen ist ja auch mal was anderes. Wer hätte das gedacht – Eventkultur funktioniert also wirklich.
Zwischen laut und leise
Mein Plan: erstmal die Sonderausstellung „Tatort Archäologie“ durchwandern, dann die Dauerausstellung, später ein Glas Wein und eine Führung durch den Trierer Goldschatz. In der Sonderausstellung ist es voll und ich kann einen Blick auf die Zusammensetzung des Publikums werfen. Die Altersbandbreite ist groß, von Jugendlichen über Familien mit Kindern bis hin zu Renterehepaaren ist alles dabei – eine dominante Gruppe kann ich nicht ausmachen. Bei den Exponaten zum Mitmachen geschieht etwas, das mir seit langem nicht mehr passiert ist – ich komme mit anderen Museumsbesuchern ins Gespräch. Dies ist vielleicht auch der durch die Besucherströme auferlegten Nähe geschuldet, aber nett ist es trotzdem.
Die Dauerausstellung präsentiert sich als ein wunderbarer Mix aus laut und leise. Einige Teile der Ausstellung sind als wir dort hindurch wandern fast leer, so dass ich die nächtliche Atmosphäre in ihrer vollen Ruhe genießen kann, andere so voll, dass ich mich automatisch frage, ob es da römische Goldmünzen umsonst gibt. Vor allem das Café Zeitsprung, dessen Außenbereich von lila illuminierten Schirmen beleuchtet wird, ist ein Brennpunkt der Aktivität. Von dort hallen ungewohnte Töne durch das Museum und ich finde es überraschend, wie gut die rockige Musik der Liveband und die Exponate harmonieren. Was wohl der Constantin dazu gesagt hätte?
Museen sind für die Nacht gemacht
Neben dem bunten Rahmenprogramm und den freundlichen Besuchern fällt mir vor allem eines auf: Die Wirkung der hervorragenden Ausleuchtung im Landesmuseum wird durch die Dunkelheit draußen deutlich verstärkt. Die hellen Spots, welche die Ausstellungsstücke hervorheben erreichen gegen den Kontrast der großen dunklen Scheibenwände eine fast magische Qualität. Mir fallen Exponate ins Auge, die ich bis dato übersehen habe und andere erscheinen – wortwörtlich – in einem ganz anderen Licht. Ich komme nicht umhin mir zu wünschen, dass Museen immer nachts offen hätten – scheint der Blick in die Vergangenheit bei Dunkelheit doch deutlich klarer und weitreichender.
Gold, Wein und der SWR
Die Führung durch den Goldschatz lassen wir aus unserer Planung fallen, denn sie sind gut besucht – so gut, dass zu Beginn das gesamte Foyer mit Menschen gefüllt ist. Eine kurze Überschlagsrechnung, Menschenmasse gegen Größe des Goldschatzraumes, und wir beschließen uns die neue Präsentation allein anzusehen. Die Information rund um den Fund und die Herkunft des Goldschatzes setzen einen angemessenen Rahmen für die Größe und die Bedeutung des großen Münzenhaufens im zentralen Raum. Die Rechnung von Museumsdirektor Marcus Reuter und seinem Team, den Goldschatz endlich zu seinem rechtmäßigen Platz zu verhelfen, scheint zumindest heute Abend aufzugehen, muss man doch tatsächlich auch außerhalb der Führung ein wenig anstehen, um das Gold ins Auge fassen zu können.
Am Ende des Rundganges steht ein gutes Glas Wein und ein wenig „einfach da sein“ – das Landesmuseum ist nachts ein Ort, an dem man einfach die Atmosphäre genießen darf und kann. Erst als dann der SWR auftaucht und die vielfach gestellte Frage „Verstehen Sie Spaß?“ in Form eines als Museumswächters verkleideten Ingolf Lücks in den Raum wirft, ist es Zeit für mich zu gehen, lautet meine Antwort auf diese Frage doch: „Wenn ich daran denke, dass ich dafür GEZ zahlen muss – nein.“
Als ich wieder draußen in der kühlen Nachtluft stehe folgen mir die Geräusche der Menschen und das Licht, das aus den Fenstern fällt noch für einige Meter, bevor die Stadt mich einholt und es wieder ein ganz normaler Samstagabend ist. Der Rundgang bei Nacht durch das Landesmuseum hat meine Wahrnehmung der Exponate und der gesamten Institution Museum in ein neues Licht gerückt. Für mich ist sicher: Wenn das Museum das nächste Mal nachts seine Tore offen hält, werde ich wieder mit dabei sein.
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