2020 war und ist für Tourismus-Hochburgen ein schwieriges Jahr. So auch für die Moselmetropole Trier. 5VIER.de fragte bei der Trier Tourismus & Marketing GmbH nach, wie sich das touristische Angebot entwickelt hat. Der Leiter der ttm, Norbert Käthler, seit 2017 im Amt, äußerte sich zu Belegungszahlen, neuen Schwerpunkten und den anstehenden Weihnachtsmarkt.

5VIER.de: Herr Käthler, Trier gilt als Touristen-Stadt. Aufgrund der coronabedingten Schließungen im Frühjahr gab es zwischenzeitlich quasi keinen Tourismusbetrieb mehr. Können Sie uns berichten, wie sich die Zahlen mittlerweile entwickelt haben?
Norbert Käthler (ttm): 2020 ist kein normales Jahr. In der Regel haben wir in Trier etwa 850.000 Übernachtungen und 5 Millionen Tagesgäste pro Jahr, somit ist der Tourismus ein ganz wichtiger Wirtschaftsfaktor für die Stadt. In diesem Jahr hatten wir zwei Monate keine Möglichkeit Tourismus anzubieten und mussten auch die Tourist-Information von März bis Mai schließen.
Auch aufgrund umfangreicher Marketingaktivitäten haben sich die Tourismuszahlen in Trier nun schnell erholt. Bei den Stadtführungen für Individualgäste sind wir im Juli und August in etwa bei den Teilnehmerzahlen wie im vergangenen Jahr. Allerdings bleiben die Gruppenreisen, die traditionell für Trier eine große Rolle spielen, bei einem niedrigen Niveau von 20 bis 30 Prozent im Vergleich zu den Vorjahren.
Erklären Sie uns bitte kurz, wie überhaupt die Zahlen erhoben werden.
Die Übernachtungszahlen werden über das statistische Landesamt erhoben. Dort gibt es ein verpflichtendes Meldesystem für Hotels. Die Anzahl der Tagestourist*innen basiert auf einer Untersuchung, die von der ttm vor einigen Jahren erstellt wurde und bis heute fortgeschrieben wird.
ttm zufrieden mit innerdeutschem Tourismus
Sie sagten, dass sich Gruppenreisen noch lange nicht auf dem alten Niveau befinden. Fallen ausbleibende asiatische Reisegruppen, die sonst gerade im Sommer zum Stadtbild gehören, dabei besonders ins Gewicht?
Tatsächlich machen die asiatischen Reisegruppen nicht so einen großen Anteil der Tourist*innen in Trier aus, wie es scheint. Wir liegen da beim chinesischen Markt bei ca. 1,5 Prozent aller Tourist*innen. Derzeit kommen kaum Reisende aus asiatischen Ländern und Übersee, also auch nicht aus Amerika oder Australien. Gerade letztere sind aufgrund der Flusskreuzfahrten sehr relevant für Trier.
Im Gegenzug hat sich der innerdeutsche Tourismus sehr positiv entwickelt. Außerdem konnten wir viele Gäste aus den Nachbarländern Niederlande, Dänemark, Schweiz und Österreich begrüßen.

Welche Gruppen sind sonst noch besonders relevant für die Stadt?
Schulgruppen machen mit 20 bis 25 Prozent einen sehr hohen Anteil des Gesamtumsatzes aus. Da besteht gegenwärtig das Problem, dass es in den einzelnen Bundesländern ganz unterschiedliche Vorgaben für Klassenfahrten gibt. Es ist derzeit noch völlig unklar, wann es in diesem Bereich wieder losgeht.
Insgesamt sind die Touristen in diesem Jahr deutlich jünger. Wir haben auch viel mehr Familien, weil Trier und die Mosel auch als attraktives Urlaubsziel zum Wandern und Radfahren besucht wird. Gerade in diesem Segment war es wichtig, dass wir unsere Angebote für Kinder und Familien ausgebaut haben.
Trier kam vergleichsweise gut aus der Krise
Wie hat die Wiederaufnahme der touristischen Aktivitäten nach dem sogenannten Lockdown funktioniert?
Wichtig für die Erholung war, dass die ttm zusammen mit den Gästeführer*innen und Hotels sehr flexibel auf die Situation reagiert hat. In Trier war jedes zweite Hotel durchgehend geöffnet, sodass sie sich gut auf die Hygienebestimmungen vorbereiten konnten. In anderen Städten war häufig alles geschlossen. Seit Juni sind bei uns alle Hotels wieder geöffnet, anders als beispielsweise in Hamburg, München oder Frankfurt. Der starke Anteil der Freizeitreisende hat dazu geführt, dass in Trier die Erholung schneller stattfand als anderswo.
Mitte Mai haben wir eine neue Stadtführung angeboten unter dem Titel „Trier Individuell“. Man konnte sich seine private Stadtführung buchen, was insbesondere für Einzelpersonen, Paare oder kleine Gruppen interessant war. Das lief sehr erfolgreich an mit insgesamt über 100 Kleingruppen. Dieses Format bieten wir auch weiterhin für Gäste aus dem Ausland an, da die Nachfrage nach fremdsprachlichen Gruppenangeboten noch zu gering ist. Das Angebot gibt es bei uns 18 Sprachen.
Wie stark sind eigentlich die Gästeführer*innen von der Krise betroffen?
Gästeführerinnen und Gästeführer sind grundsätzlich selbständig. Zu ihnen gehören Historiker*innen und Kulturschaffende. Sie waren massiv betroffen von der Krise, merken aber jetzt auch, dass es erste positive Signale gibt. Wichtig war dabei, dass wir in enger Abstimmung mit den Gesundheitsbehörden die Gruppengröße auf maximal 15 Personen reduziert haben.
ttm will eingeschlagenen Weg weiter gehen
Wie sieht die nähere Zukunft für die ttm aus? Soll das Programm wie es aktuell aussieht bleiben oder planen Sie noch Veränderungen?
Uns war vor allem wichtig, alle Veranstaltungen umzusetzen, die trotz Corona möglich waren. Wir haben Jazz im Brunnenhof und den WUNSCHbrunnenhof veranstaltet, zudem gab es erstmals Theatervorstellungen im Brunnenhof. Der Platz wurde dazu völlig neu gestaltet und hat sich als hervorragender Standort bewiesen, um alle Auflagen einzuhalten. Des Weiteren wurde der Kulturhafen Zurlauben mit bis zu 250 Besuchern pro Veranstaltungstag realisiert. Den Moselstrand hat der Hotel-Arbeitskreis ins Spiel gebracht. Auch das Riesenrad ist eine Attraktion, die wir ohne Corona nicht nach Trier geholt hätten. Damit rückte die „Stadt am Fluss“ noch stärker ins Bewusstsein.
Das ist der Ansatz unserer Arbeit in Corona-Zeiten: Wir schauen, welche Themen demnächst anliegen und was umgesetzt werden kann. Dazu gehört beispielsweise der Weihnachtsmarkt. Wir führen zwar nicht jede Veranstaltung selbst durch, aber wir unterstützen gerne die privaten Veranstalter*innen und die Kulturschaffenden.
Ob der Weihnachtsmarkt stattfinden kann?
Halten Sie es für realistisch, dass der Weihnachtsmarkt stattfinden wird?
Grundsätzlich ja, wenn auch in anderer Form. Wir unterstützen da durch Gespräche, müssen aber erstmal abwarten, welche Entscheidungen auf Landes- und Bundesebene getroffen werden. Je nachdem, was die Gesundheitsbehörden vorgeben, müssen die Veranstalter dann reagieren. Mehr kann ich aktuell dazu noch nicht sagen.
Vieles wird aufgrund des Infektionsgeschehens wohl noch eine ganze Weile unsicher bleiben. Sehen Sie optimistisch oder pessimistisch in die Zukunft?
(lächelt) Wir sind im Marketing, wir sind immer optimistisch!
Ich finde es wichtig, nicht nur die Probleme zu sehen, sondern auch die Chancen. Wir haben neue Zielgruppen erreicht, die wir sonst in dieser Form nicht angesprochen hätten. 75 Prozent der Gäste waren zum ersten Mal in Trier. Und die waren unseren Befragungen nach sehr zufrieden. Es wird spannend sein, inwieweit diese Gäste in ihrer Heimat über ihren Besuch berichten und damit auch andere von Trier begeistern.
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