Sofia Coppola arbeitet mit einer ähnlichen Geschwindigkeit wie Quentin Tarantino. 18 Jahre nach ihrem Debüt The Virgin Suicides stelle sie dieses Jahr in Cannes ihren gerade Mal sechsten Film, Die Verführten, dem strengen Festival-Publikum vor. Mutig, wenn man bedenkt, dass die Franzosen sie dort 2006 für ihre Darstellung von Marie Antoinette ausgebuht haben. In Coppolas Film portraitierte Kirsten Dunst die Hassfigur der französischen Revolution als unschuldigen Teenager, der kaum verstand was um ihn herum geschah. Nun war Coppola aber zurück, wieder mit Kirsten Dunst und wieder mit ihren Lieblngsthemen: Weibliche Sexualität, Isolation und Missverständnisse. Diesmal wurde sie aber mit der goldenen Palme als beste Regisseurin ausgezeichnet. Zurecht! Die Verführten ist einfach und effektiv.
Die Verführten spielt gegen Ende des amerikanischen Bürgerkrieges. Miss Martha (Nicole Kidman) betreibt eine Mädchenschule in einem Herrenhaus irgendwo am Rande eines Waldes in Virgina. Das Kanonenfeuer ist dort zwar zu hören, aber doch in sicherer Entfernung. Eines Tages findet eine der Schülerinnen beim Pilzesammeln einen Yankee, der wohl in einer Schlacht in der Nähe verwundet wurde. Das Mädchen nimmt den höflichen Iren mit zurück, wo Miss Martha beschließt, ihn gesund zu pflegen. Zwar herrscht unter den Frauen Unsicherheit über den potentiellen Feind in ihrem Haus, aber keine von ihnen kann verstecken, dass der attraktive Soldat ihre Hormone ein wenig verrückt spielen lässt. Selbst die strenge Miss Martha, die ihren Mann an die Nordstaaten verloren hat, kämpft mit ihren Gefühlen. Corporal McBurney bemerkt seinen Einfluß auf die Damen schnell und hat kein Problem damit diese Gelegenheit zu nutzen. Die Situation scheint darauf hin immer weiter zu eskalieren.
Die anfänglich bereits erwähnten Themen stehen mal wieder voll im Mittelpunkt und Coppola lässt ihnen jede Menge Zeit sich zu entfalten. Lange establishing shots fangen das schwüle Klima in Virgina ein, Immer wieder sehen wir den trägen Tagesablauf der jungen Schülerinnen, die nur darauf warten, dass endlich etwas Spannendes in ihrem Leben passiert. Auch ihre Abgeschiedenheit in den Wäldern ist ein wichtiges Element, welches Coppola ständig ins Bild rückt. Jeder dieser Aspekte ist wichtig für die leise und langsame Eskalation der Situation, eine Eskalation die vor allem im Inneren der Figuren statt findet.
Dass der Zuschauer diese dennoch deutlich mitverfolgen, kann liegt vor allem an dem Ensemble von großartigen Schauspielerinnen. Kirsten Dunst und Elle Fanning, die beide durch Coppolas Filme erst richtig bekannt geworden sind, gehören zu den besten ihrer jeweiligen Altersgruppe. Nicole Kidmans Talent zweifelt schon lange niemand mehr an. Auch Colin Farrell, der einzige Mann in der Geschichte, verdient Lob. Er spielt den Soldaten McBurney charmant aber zurückhaltend und überlässt den Frauen hier die Bühne.
Zwar bieten wir unseren Lesern am Ende des Artikel wie immer den Trailer zum Film an, aber die Empfehlung ist hier ganz klar: Nicht anschauen!
Die Verführten ist ein ruhiger Film, der streckenweise ganz von seiner Atmosphäre lebt. Wer Coppolas größten Hit Lost in Translation gesehen hat, weiß genau was gemeint ist. Allerdings ist Die Verführten konfliktreicher als Lost in Translation und diese Konflikte kommen im Film oft plötzlich und unerwartet. Wer den Trailer schaut, verdirbt sich vielleicht diese Momente ein wenig.
In jedem Fall ist Die Verführten aber ein einfach gestrickter Film mit großer Wirkung. Sofia Coppola ist eine Meisterin was Bildsprache betrifft und bringt zusammen mit den Darstellerinnen jede noch so kleine Facette die die Geschichte hergibt ans Tageslicht. Nächstes Jahr könnte die Academy ihr dafür auch dann endlich mal einen Oscar geben.
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