Die Medienlandschaft in der Region ist überschaubar. Ein neues Online-Magazin mit dem traditionell erscheinenden Namen „Moselkurier“ wirbelt anstelle von regionalen Meldungen ausschließlich mit reißerischen, Ausländer-feindlichen Nachrichten eine Menge Staub auf.
Trier. Seit dem Beginn der Flüchtlingskrise im Jahr 2015 hat sich die Atmosphäre in den sozialen Netzwerken spürbar gewandelt. Die vermeintliche Anonymität des Internets (die insbesondere in den sozialen Netzwerken ein völliger Trugschluss ist) motiviert zur Verbreitung rechten Gedankenguts. Das hat die rechte Szene längst erkannt. Populistische Memes werden ebenso wie scheinbar seriöse Nachrichten-Artikel von einer breiten Masse geteilt, die weder den Ursprung der Informationen noch deren Wahrheitsgehalt hinterfragt. Die Kommentar-Funktionen werden darüberhinaus fleißig genutzt, um mit vereinten Kräften in den populistischen Chorus einzustimmen.
Als im August des vergangenen Jahres über 70 Flüchtlinge in einem LKW in Österreich erstickten, wurden wenig später menschenverachtende Kommentare bei Facebook & Co erstellt und munter geteilt. Von „Natürliche Selektion…“ bis „Gammelfleischproblem“ war damals die ganze Palette an ungezügeltem Fremdenhass vertreten. Facebook bietet zwar die Funktion derartige Kommentare zu melden, verhält sich beim Thema Zensur aber oft sehr zurückhaltend. Kritiker werfen dem führenden sozialen Netzwerk vor, dass man sich mehr um entblößte Nippel als um derartige Hassbotschaften kümmere, die oft unter scheinbar seriösen Meldungen über die Flüchtlingsthematik auftauchen.
Der Moselkurier greift genau diese Mentalität des unreflektierten Teilens und Verbreitens von fragwürdigen Inhalten auf und platziert ausschließlich derartige Falschmeldungen in den sozialen Netzwerken. Boris Habicht, der grüne Bürgermeister, der dem Artikel zufolge Steinigungen in der Fussgängerzone genehmigt, ist eigentlich Skateboard-Profi Tony Hawk. In der Aufmachung wirkt die auf Boulevard-Medium getrimmte, überspitzte Meldung dennoch erstaunlich stimmig. Die besorgten Bürger, die auf die oft extrem überspitzten Falschmeldungen reinfallen, werden erst nach dem Klick auf den Artikel aufgeklärt:
„REINGEFALLEN!!!!!!
Tjaha, so schnell kann’s gehen. Da biegt man einmal auf Facebook falsch ab und fällt auf eine Fake News Seite rein. Das ist nicht schlimm und Du bist nicht dumm. Aber es gibt da draußen wahnsinnig viele Leute, die Dich dafür instrumentalisieren wollen, dass Du ihre Botschaften verbreitest. Das können die gerne machen, aber dann sollen sie Dich auch dafür bezahlen.
Du warst gerade kurz davor, gratis für andere Interessengruppen zu arbeiten. Oft genug steckt dahinter nicht mal Politik, sondern ganz schnöde Betrüger-Maschen. Je öfter ein Artikel geteilt wird, desto mehr Geld verdient der Betreiber – logisch. Es wurden 2016 schon Unsummen mit journalistisch aussehenden Angeboten verdient, die einzig und allein darauf abzielen, ihre Leser möglichst wütend zu machen. Denn dann wird wie verrückt geteilt und wie verrückt verdient.“
Jeder Facebook-Post des Moselkuriers führt zu diesem Text und entlarvt die blinde Medienrezeption unserer modernen Gesellschaft, was auch das erklärte Ziel der Ein-Mann-Redaktion von Alfonso Mbambe ist, der vor zwei Jahren von Ruanda nach Deutschland kam und die vermeintlich lokale Zeitung nun aus dem fernen Berlin betreibt.
So originell das Konzept auch ist, überschätzt der Moselkurier doch tatsächlich den ein oder anderen Leser. Ein Blick auf die Kommentare und geteilten Artikel zeigt, dass es tatsächlich Leser gibt, die die geposteten Artikel nicht einmal anklicken sondern sie sofort schockiert weiter verbreiten. Durch die Vernetzung bei Facebook und Twitter ergibt sich daraus eine nicht zu unterschätzende Dunkelziffer an Menschen, die selbst diese extrem überspitzten Falschmeldungen für bare Münze nehmen. In solchen Fällen ist aber wohl auch nicht davon auszugehen, dass die Fähigkeit zur Reflexion über den eigenen Medienkonsum vorhanden gewesen wäre.
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