Hässliche Graffitis, grenzend an lieblose Schmierereien. Beißender Geruch von Erbrochenem und Urin. Das gehört der Vergangenheit an. Zumindest in der Passage des Karl-Marx-Viertels, die zum Theater führt.
Trier. Nicht selten ging man durch diese schmale und praktische Passage mit ihren Plakatkästen und erwischte jemanden beim urinieren. Gerade wochenends war die Gefahr groß, da die Karl-Marx-Straße ja mit einigen Kneipen aufwarten kann. Doch jetzt sind sie weg. Keine Urinflecken, keine Graffitis. Baumarkt-Sprühlackfarbe weicht einem sauberen weiß und der beißende Gestank verschwindet hinter dem neuen Anstrich.
Das Karl-Marx-Viertel ist jetzt Triers erstes offizielles Viertel und das wird auch kommuniziert. Ein Schild mit der Bezeichnung Karl-Marx-Viertel ziert jetzt den Anfang der Straße.
Ein altes Wandrelief von Walter Burgermeister aus dem Jahr 1962-63 wurde restauriert und mit Farbe versehen. Das Bild zeigt den Umzug des Theaters ins neue Haus. Sehr schön und filigran mit Anspielungen auf diverse Theaterstücke und unsere Region. Mit seinem Anekdotenreichtum eine Huldigung an die Kunst und Trier.
Faust, Macbeth und einige andere Stücke sind aus dem Bild herauszulesen. Noch witziger ist eine Figur, die ganz klar die Bitburger Brauerei symbolisiert. Der Mann nimmt dieselbe Haltung wie Herr Simon von der Bitburger Flasche ein. Das Kunstwerk ist sehr schön von Hand koloriert worden mit Gold, Grau und Schwarz.
Vollendet wurde die Restauration mit einem kalligrafischen Schriftzug, der den Namen des Künstlers nun festhält. Vor erneuten Schmierereien wird das Werk nun durch eine Glasscheibe geschützt.
Nun aber genug von der „alten“ Kunst. Hin zu moderneren Werken. Es werden nämlich aktuell auch grafische Drucke von Trierer Sehenswürdigkeiten in der Passage ausgestellt. Während Burgermeisters Relief subtile Andeutungen an unsere Region macht, sind die großen bedruckten Tafeln etwas direkter. Eine blaue Porta, eine blaue Römerbrücke, eine blaue St. Matthias usw..
Eine schöne Idee alle Sehenswürdigkeiten in eine kleine Passage zu quetschen, allerdings werden diese Bilder sicher nicht bei jedem Anklang finden. Zu sehr erinnern sie an eine Stadtwerke Werbung. Wer sich die Zeit nimmt die Bilder einmal genauer zu betrachten, wird auch feststellen, dass die Porta stark verzogen ist. Schade um unser Wahrzeichen. Nun, Kunst ist Kunst und letztendlich ist es Geschmackssache.
Doch was ist jetzt mit den armen Sprayern? Keine Sorge, denn auch an die Sprayer wurde gedacht. So soll eine Fläche der Wand extra für Graffitis freigehalten werden. Eine weitere Wand ist als Plakatwand gedacht, wo jeder frei seine Plakate aufhängen darf.
Schließlich bleibt zu hoffen, dass die neue Passage im sich stetig wandelnden Karl-Marx-Viertel möglichst lange sauber und schön erhalten bleibt. Sie wertet das ohnehin schon interessante Viertel nämlich noch einmal ein ganzes Stück auf.
Zum Schluss noch ein paar Worte an die Wochendbesucher der Passage: Liebe Pinkler, bitte geht doch noch in den Kneipen auf die Toilette oder sucht euch einen Baum im Park, damit der Durchgang so schön bleibt wie er nun ist.
Fotos: Raphael Wlotzki
Anita Gattinger meint
Mit Ihrer „Aufforderung“ an einen Baum, im Park, zu pinkeln finde ich umöglich. Das öffentliche urinieren ist eine Ordnungswidrigkeit…
Die „Herren der Schöpfung“ sollen da pinkeln, wo auch getrunken wird.