Von Florian Schlecht (Text) und Anna Lena Grasmück (Fotos)
Was für ein Auf und Ab: Eintracht Trier behauptete sich beim 3:3 in Mainz nicht nur gegen eine Spitzenmannschaft, sondern auch gegen Bundesligaprofis. „Für die Moral war das ein wichtiger Punkt“, fasste Michael Dingels so die verteidigte Tabellenführung in der Regionalliga Südwest zusammen.
Das Interview mit Thomas Tuchel in der „Süddeutschen Zeitung“ musste am Samstag gegen 13 Uhr wie pure Ironie wirken, als die DIN-A4-Zettel mit den Aufstellungen des Regionalliga-Spitzenspiels zwischen dem FSV Mainz II und Eintracht Trier vereilt wurden. Denn der Name „Sebastian Polter“, der da hinter der Nummer 11 stand, wurde von dem Bundesligatrainer am selben Tag noch in den überregionalen Medien gelobt. „…nein stopp. Ich bin mit unseren Transfers sehr zufrieden. Die Jungs haben alle eine klare Idee, warum sie zu uns wollten“, sagte Tuchel auch über den 1,92-Meter-Angreifer.
Ob es aber die Idee des Ex-Nürnbergers war, gegen Trier aufzulaufen, während die Profis beim FC Bayern antraten? Schwer zu sagen. Jedenfalls hieß der Gegenspieler von Polter diesmal nicht Dante, sondern in der ersten Halbzeit Christoph Buchner – und in der zweiten Hälfte Michael Dingels. Das Urgestein aus Bitburg ging nach dem 3:3 im Gipfeltreffen, in dem Eintracht Trier die Tabellenführung verteidigen konnte, wie seine Mannschaftskollegen völlig erschöpft vom Feld. „Ich kann kaum mehr ein Wort sprechen“, lächelte Dingels, der keinen Zweikampf scheute und sichtlich Spaß an der Aufgabe hatte. „Aber es war richtig anstrengend, gegen die Offensive zu spielen.“
Manndeckung, Laufbereitschaft, Konzentration
Tatsächlich war es in erster Linie ein mentaler Kraftakt, den die Trierer in Mainz leisten mussten. Immerhin spielten neben dem „magischen Dreieck“ um Vorlagenkönig Steven Lewerenz, Allrounder Nejmeddin Daghfous und 14-Tore-Mann Petar Sliskovic noch überraschend zwei Bundesligaprofis: U21-Nationalspieler Yunus Malli als Regisseur sowie der wuchtige Angreifer Polter. „Wir wussten gar nicht genau, in welchem System die mit all den Leuten spielen. Erst beim Anpfiff haben wir gesehen, in welcher Grundformation sie standen und uns darauf eingestellt“, erzählte Matthias Cuntz.
„Dafür haben wir die Sache hier gut gemacht“, fasste Dingels die Leistung am Bruchweg zusammen. Über enge Manndeckung, hohe Laufbereitschaft und große Konzentration hielt Trier dagegen. Ein Beleg dafür war Christopher Spang, der Daghfous wie ein Kettenhund diszipliniert auf Schritt und Tritt folgte. Seinem entnervten Gegenspieler konnte das aufstrebende Talent in der 41. Minute im Mittelfeld den Ball abluchsen – und den Angriff einleiten, der zum zwischenzeitlichen 1:2 durch Lars Bender führte.
Völlig auszuschalten war das Mainzer Starensemble aber nicht. Nur in wenigen Situationen konnte sich der FSV-Angriff lösen – und dann klingelte es gleich. Polter bereitete ein Tor von Sliskovic vor und erzielte eins selbst nach einem Lewerenz-Freistoß. Malli legte Daghfous einen Treffer vor. Die Profi-Verstärkungen leisteten so einen entscheidenden Anteil zu dem Unentschieden. „Mit der Offensive braucht Mainz II keinen Neuzugang holen, falls sie in die 3. Liga aufsteigen sollten. Die Jungs sind besser als alle, die da rumlaufen“, staunte Seitz.
„Ein tolles Match mit Aufs und Abs“
Doch Trier wurde von dem Mainzer Sturm nicht weggepustet, sondern hielt das Gesicht mutig in den Wind. „Wir haben selber ein hohes Tempo an den Tag gelegt und hätten mit einem Quäntchen Glück sogar das 4:3 machen können“, so Dingels. Sylvano Comvalius verpasste die Chance, als ihm ein Mainzer Verteidiger den Ball in der 90. Minute förmlich auflegte.
Es wäre das Happy-End einer unglaublichen Achterbahnfahrt in einem hochklassigen Spitzenspiel gewesen. „Heute haben die Zuschauer ein tolles Match mit Aufs und Abs gesehen“, lobte Seitz. „Es ging hin und her. Das war eine packende Partie mit hohem Tempo und viel Aggressivität“, schwärmte Matthias Cuntz.
Unschlüssig war der Mittelfeldspieler, ob er mit der Ausbeute zufrieden war. Drei Mal lag Trier vorne – ohne als Sieger vom Platz zu gehen. Zugleich brach das Team nicht ein, als Mainz drei Mal antwortete. „Oft verliert man so ein Spiel noch. Man darf nicht vergessen, dass wir gegen Top-Qualität geführt haben. Gegen jede andere Mannschaft hätte diese Leistung zu einem Sieg gereicht“, meinte Seitz. „Für die Moral war das ein wichtiger Punkt. Seit dem ersten Spiel gegen Kassel haben wir nicht verloren. Die Serie hält weiter“, bilanzierte Dingels.
Der Lauf soll nach dem Wunsch des Trainers noch länger Bestand haben. Nach der guten Figur, die Trier zuletzt gegen Großaspach und Mainz abgab, kommt am Freitag Eintracht Frankfurt II ins Moselstadion. „Wenn wir es nach den Spitzenspielen schaffen, unsere Leistung auch gegen die anderen Mannschaften weiterzubringen, sind wir auf einem guten Weg.“ Das ist die Hausaufgabe, die Seitz seinen Spielern für die nächsten Wochen stellt.
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+++Eintracht in Kürze+++
Besuch in Mainz, Teil 1 – Ein ehemaliger Torjäger guckte beim Spitzenspiel seines Ex-Klubs in Mainz vorbei: Najeh Braham (36), der für Eintracht Trier in der Zweitliga-Saison 2002/03 auf 13 Treffer kam, saß auf der Tribüne des Bruchwegstadions.
Besuch in Mainz, Teil 2 – 840 Kilometer für 90 Minuten Fußball: Um seinen Sohnemann Fabian im Spitzenspiel zu unterstützen, fuhr Kersten Zittlau am Samstag von Neuferchau in Sachsen-Anhalt nach Mainz. Die weite Strecke hatte sich für den Vater gelohnt. „Mit etwas Glück nimmt Trier sogar alle drei Punkte mit“, fasste er zusammen.
Besuch in Mainz, Teil 3 – Mit Jens Todt vom Karlsruher SC schaute sich auch ein Sportdirektor aus der 2. Bundesliga das Spiel an. Nicht ausgeschlossen ist, dass er besonders wegen des Mainzer Torjägers Petar Sliskovic im Bruchwegstadion war.
Pokalspiel am Dienstag – Am Dienstag ist Eintracht Trier in der dritten Runde des Rheinlandpokals gefordert. Gegner ist der Bezirksligist SG Binsfeld. Anpfiff ist um 19.30 Uhr in Niederkail (Börnersportanlage).
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