Von Florian Schlecht
Bei Rot-Weiss Essen will Eintracht Trier erstmals in dieser Saison ein drittes Spiel in Folge gewinnen (Mittwoch, 19.30 Uhr). Auch Fabian Zittlau soll dazu einen Beitrag leisten – der Defensivallrounder verlängerte an der Mosel um ein Jahr. Jeremy Karikari könnte bald folgen.
Wenn Experten in TV-Talkshows über den modernen Fußball sprechen, streiten sich Traditionalisten und Modernisten nicht selten über so weltbewegende Fragen, ob Gummibänder wirklich bessere Trainingsgeräte als Medizinbälle sind oder ob mit schwarzen Stollenschuhen wirklich besser gespielt wird als mit gelben Tretern. Einigkeit haben die Vertreter der alten und neuen Schule aber erzielt, wenn es um den Wert von vielseitigen Spielern geht. Und Fabian Zittlau hat in der Regionalliga-Mannschaft von Eintracht Trier zuletzt bewiesen, ein besonders wandlungsfähiger Vertreter seiner Zunft zu sein. Der 21-Jährige trat in den letzten Monaten schon als linker Mittelfeldspieler in Erscheinung, als linker Außenverteidiger und nun als Innenverteidiger. Auch am Mittwoch darf Zittlau diese Rolle wieder ausfüllen, wenn er mit Eintracht Trier an der Hafenstraße bei Rot-Weiss Essen antritt (19.30 Uhr).
An der Mosel bleibt das Talent auch der Mann für die Spezialaufträge. Zittlau verlängerte seinen Vertrag in Trier bis zum 30. Juni 2013 und geht in seine dritte Saison beim Regionalligisten. Im Juni 2010 war er von Hansa Rostock II zur Eintracht gewechselt, wo er es auf insgesamt 33 Spiele bringt. „Fabian ist ein Muster an Zuverlässigkeit auf dem Feld und zeigt immer Einsatz“, lobt Trainer Roland Seitz. „Wenn er in der Vergangenheit mal nicht unter der ersten Elf war, hat er sich in Geduld geübt und weiter hart an sich gearbeitet. Gemurrt hat er nie.“ Auch Vorstandsmitglied Ernst Wilhelmi ist angetan. „Er hat uns das Signal gegeben zur Verlängerung, wir haben uns darüber riesig gefreut.“ Das nächste Ziel von Zittlau: „Ich will mich auf Dauer als Stammspieler und Leistungsträger etablieren.“
Mit Karikari „auf einem guten Weg“
Derzeit ist der Allrounder auf einem guten Weg dazu. Mit Torge Hollmann bildete er gegen Fortuna Köln (1:0) und Borussia Mönchengladbach II (3:0) die Innenverteidigung. Zwei Siege, 180 Minuten ohne Gegentor – die Bilanz könnte schlechter sein. So will Trainer Seitz auch im „Stahlbad“ Hafenstraße weiter der Mannschaft vertrauen, die einen großen Schritt aus der fürchterlichen März-Krise bewältigte. „Es wäre allen Beteiligten gegenüber nicht fair, wenn ich etwas ändern würde.“ So hat der Fußballlehrer nach vielen Verletzungen plötzlich reihenweise Luxusprobleme – auf der Bank nehmen mit Denny Herzig, Oliver Stang und Thomas Kraus Spieler Platz, die vor geraumer Zeit noch unverzichtbare Stammkräfte waren. „Natürlich sind sie darüber nicht glücklich, aber bei den ganzen Spielen jetzt geht es Schlag auf Schlag“, vertröstet er die zweite Reihe.
Anders stellt sich die Lage bei Alon Abelski dar, der nach überstandener Reha in Düsseldorf behutsam herangeführt werden soll. Ob er erste Minuten in Essen sammeln darf, lässt Seitz offen. Ein Einsatz von Beginn an scheint unrealistisch, obwohl der Einsatz von Jeremy Karikari auf der Kippe steht. Der Stratege im defensiven Mittelfeld hat sich eine Blessur an der Hüfte zugezogen und hat sich zusätzlich eine Grippe eingefangen. Auf „50:50“ beziffert der Trainer die Chancen, auf Karikari bauen zu können. Höher scheint die Wahrscheinlichkeit eines Verbleibs des Hamburgers über den Sommer hinaus zu sein. „Wir sind auf einem guten Weg“, bestätigte Berater Dr. Heiko Hofstätter. „Ich hoffe, dass sich da in den nächsten Tagen was tut“, meint Wilhelmi.
Hingabe, Nostalgie und Bratwurst
Vorher will Eintracht Trier in Essen die Statistik besiegen. „Wir haben fünfmal in dieser Saison zwei Spiele in Folge gewonnen, aber noch nie drei am Stück“, weiß Seitz um Nachholbedarf. Im Ruhrpott soll endlich der Hattrick gelingen. Doch das wird schwer. Rot-Weiss Essen ist seit sieben Partien ungeschlagen und hat in der Phase 17 Punkte eingefahren. In Lotte kassierte der Revierklub erst in der 92. Minute das 1:1. Die Euphorie an der Hafenstraße ist wieder gewachsen nach dem überstandenen Insolvenzverfahren und dem Aufstieg aus der Oberliga. Der Traditionsverein, der 1955 Deutscher Meister wurde, wird in der kommenden Saison in einem neugebauten Stadion auflaufen. 28 Millionen Euro kostete das Projekt. Sportlich setzt der RWE auf Kontinuität. Mit Erfolgstrainer und Polizist Waldemar Wrobel wurde frühzeitig verlängert, der Ex-Trierer Holger Lemke gehört zu den Leistungsträgern an der Hafenstraße.
„Das Kollektiv macht es aus bei Essen“, betont Seitz. „Und natürlich das Publikum.“ Auch gegen Trier werden wieder über 6.000 Zuschauer ins Stadion strömen. Es ist in dieser Liga mit so vielen Zweitvertretungen das seltene Gefühl von echter Fußball-Atmosphäre mit leidenschaftlichen Gesängen, Hingabe, Bratwurstgeruch, Nostalgie und Flutlicht. Eine Stimmung, die Trier gerne für sich nutzen würde. „Wir haben in dieser Saison schon häufiger den Serienbrecher gespielt, warum nicht auch in Essen?“, fragt Seitz, der im Fachmagazin „Reviersport“ einen 1:0-Erfolg für seine Jungs tippte. Es wäre ein Ergebnis nach dem Geschmack des Trainers – und ganz sicher ein weiterer Beleg für das Allround-Talent von Fabian Zittlau.
+++++Eintracht in Kürze+++++
Finanzielle Unsicherheit bestimmt Personalplanungen – Mit Fabian Zittlau, Christopher Spang und Burak Sözen haben nun drei Spieler ihren Vertrag für die Saison 2012/13 unterschrieben. Dazu haben Oliver Stang, Alon Abelski und Wojciech Pollok ein gültiges Arbeitspapier ab dem 1. Juli. Bei weiteren Vertragsverlängerungen erwartet Seitz aber nicht das Tempo eines ICE-Zugs. „Wir können nicht so einfach zwölf Verträge in acht Tagen verlängern“, weiß er um die Lücke von 250.000 Euro in der Regionalliga Südwest mit den wegfallenden Fernsehgeldern (100.000 Euro) und der fraglichen Qualifikation für den DFB-Pokal (100.000 Euro Antrittsprämie und knapp 50.000 Euro Zuschauereinnahmen). „Wenn wir jetzt direkt sechs Hochkaräter weiter verpflichten, besteht das Risiko, dass wir nur mit zehn Leuten in die neue Saison gehen können, weil keine Kohle mehr da ist.“
Pintol unter Beobachtung – Benjamin Pintol gelang mit der Leistung und dem Tor gegen Mönchengladbach II nach langer Verletzungspause wieder ein Erfolgserlebnis. Trainer Roland Seitz hofft nun auf eine Bestätigung der Vorstellung. „Er soll mir weiter zeigen, dass er mal im Zweitligakader des FSV Frankfurt stand. Der Treffer war eine Befreiung für ihn, danach haben wir Dinge gesehen, die wir von ihm auch noch nicht kannten.“ Was die Zukunft des Außenbahnspielers angeht, hält sich Seitz bedeckt. „Bei ihm könnte ich noch nicht sicher sagen, in welche Richtung es zum 1. Juli geht. Aber wenn er seine Form von Samstag bestätigt, werden wir alles dafür tun, ihn zu halten.“
Asma, Pollok und Dingels fallen aus – Tolgay Asma (Mittelfußanbruch), Wojciech Pollok (Innenbandanriss) und Michael Dingels (Hüftprobleme) treten die Reise nach Essen nicht mit an.
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