Von Florian Schlecht
Mit einem Schnitt von 1.442 Zuschauern bei den Heimspielen schließt Eintracht Trier die erste Saison in der Regionalliga Südwest ab. Bedenklich ist der Trend, der den Traditionsverein zwingt, den Gürtel wirtschaftlich enger zu schnallen: In den letzten Jahren sind viele Besucher verloren gegangen. Für den Negativtrend gibt es mehrere Ursachen.
In der Kalkulation des Zuschauerschnitts waren die Verantwortlichen von Eintracht Trier im Sommer zurückhaltend. Eine neue Liga, ein abnehmendes Interesse und eine unklare sportliche Perspektive nach der verpassten Qualifikation für den DFB-Pokal trugen dazu bei, nur mit rund 1.500 Besuchern pro Spiel zu rechnen. Das vorsichtige Gedankenspiel zahlte sich aus: Das 1:1 gegen den 1. FC Eschborn war das letzte Heimspiel der Saison, in der durchschnittlich lediglich 1.442 Zuschauer pro Partie ins Moselstadion strömten. Vor genau drei Jahren konnte der Traditionsverein noch auf über 2.400 Fans pro Heimspiel bauen. Dabei gilt es aber zu bedenken, dass es damals Aktionen gab, bei denen die Karten zu DFB-Pokalspielen im Paket mit Eintrittstickets für die Liga verkauft wurden. Ansonsten wäre der Schnitt damals schon geringer ausgefallen.
Dennoch ist der Trend bedenklich, auch wenn Trier deutschlandweit unter allen 93 Regionalligisten noch den 16. Tabellenplatz in der Zuschauertabelle einnimmt. Ganz vorne stehen unangefochten Vereine, die allesamt aus einer großen Metropole kommen, in modernen Multifunktionsarenen spielen und mit Ausnahme des Brause-Giganten aus Leipzig eine lange, erfolgreiche Geschichte hinter sich haben. Spitzenreiter ist Rot-Weiss Essen mit 8.061 Fans pro Spiel, obwohl der Deutsche Meister von 1955 meilenweit dem Aufstiegsrennen hinterher hinkt. Die Begeisterung der Anhänger ist dennoch grenzenlos, das neue Stadion hat für einen weiteren Schub gesorgt. Dahinter liegen die Größen aus dem Osten. Bei RB Leipzig (7.563) lechzt eine ganze Stadt offenbar nach Profifußball. Der erste Klub aus dem Norden ist Holstein Kiel (3.596), im Südwesten liegt Hessen Kassel vorne (3.489). In der Regionalliga Bayern, in der viele Mannschaften gar nur drei Mal in der Woche trainieren, hat der TSV Buchbach (1.023) als einziger Klub einen vierstelligen Zuschauerschnitt.
Hohes Anspruchsdenken und verkorkste Jahre
Im oberen Bereich des Gesamtrankings liegt Eintracht Trier, das mit seiner Entwicklung jedoch nicht zufrieden ist. Immerhin sind Zuschauerzahlen in der Regionalliga, wo es keinen Cent an TV-Geldern gibt, ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Gehen sie zurück, fehlen wichtige Einnahmen. „Wir laufen dem Trend nicht blind entgegen, sondern nehmen ihn an. Für uns bedeutet das, den Gürtel noch enger schnallen zu müssen“, sagt Wilhelmi, der sich auch Gedanken über die Gründe des sinkenden Besucher-Aufkommens im Moselstadion macht.
Dabei führt er das hohe Anspruchsdenken an, das er in Trier schon in der Vergangenheit wahrnahm. „Hier zählt nur der Erfolg. Wenn wir in der Historie in die achtziger und neunziger Jahre zurückgehen, erinnere ich mich in der alten drittklassigen Oberliga Südwest an Heimspiele gegen Saarwellingen, zu denen nur 600 bis 800 Zuschauer kamen. Ausnahmen bildeten nur die Derbys gegen Salmrohr und Leiwen.“
Daniel Emanuel vom Supporters Club Trier hat eine weitere Erklärung. „Für mich liegen die sinkenden Zuschauerzahlen an den verkorksten Jahren nach dem Abstieg aus der 2. Bundesliga.“ Besonders die Saison 2009/10, nach der ein massiver Besucherschwund einsetzte, ist dem SCT-Sprecher nachhaltig im Gedächtnis. „Das war das Jahr unter Mario Basler, in dem wir auf dem letzten Platz standen und es viel Unruhe gab.“ Obwohl sich Trier danach mit Trainer Roland Seitz wieder in der Spitzengruppe etablierte, kosteten einige schwache Heimauftritte weitere Zuschauer. „Es ist verdammt schwer, verloren gegangenes Vertrauen bei Fans zurück zu gewinnen“, sagt Emanuel. „Im letzten Saisondrittel haben wir durchweg gute Spiele gesehen – aber es kamen kaum Zuschauer.“
Eine gescheiterte Spielklassenreform
Ein weiterer Grund für mangelndes Interesse: Die Spielklassenreform mit fünf Regionalligen scheint bereits nach einem Jahr gescheitert. Fehlendes mediale Interesse, ausbleibende Fernsehgelder, die ersten Pleiten (VfB Lübeck, FC Oberneuland) und die mageren Zuschauerzahlen sind Belege für eine deutschlandweite Krise im Amateurfußball. Auch bei Waldhof Mannheim (3.065), der TuS Koblenz (1.961) dem VfB Oldenburg (1.554) und dem SV Meppen (1.408) war die Begeisterung schon deutlich größer. „Es gibt viele unattraktive Gegner, die keine Massen anziehen“, findet Emanuel. Der Minus-Rekord in der laufenden Saison wurde in Trier im Heimspiel gegen Hoffenheim II verbucht (1.011). „Die Zweitvertretungen der Bundesligisten müssten in einer eigenen Klasse spielen. Aber das ist vom DFB und von den Vereinen nicht gewollt“, ärgert sich Wilhelmi.
Viel störender sind für das Vorstandsmitglied aber die Relegationsspiele, die für die Meister ein Hindernis auf dem Weg in die 3. Liga sind. Nur drei von 93 Team steigen auf – 3,2 Prozent aller Regionalligisten. Viele Fußballfans sehen in dieser „Mission impossible“ keinen Reiz – und bleiben so lange zu Hause, bis wirklich bewegende Entscheidungen anstehen. „Das ist eine katastrophale Entwicklung und ein unhaltbarer Zustand“, schimpft Wilhelmi. „Wo gibt es das auf der ganzen Welt, dass der Meister nicht aufsteigt?“ Eine erneute Reform scheint für das Vorstandsmitglied von Eintracht Trier unvermeidlich. Ein Beleg dafür ist der Zuschauerschnitt in der gesamten Südwest-Staffel, der nur bei 943 liegt. Noch schlechter sieht es im Norden (805) und in Bayern (590) aus. Erfreulicher ist dagegen die Lage im Nordosten (1.865) und Westen (1.138), wo die Vielzahl an Traditionsvereinen für größeren Andrang in den Stadien sorgt.
Infrastruktur und Parkproblem
Auch die Infrastruktur spielt eine Rolle bei den Zuschauerzahlen. In Essen, Leipzig und Magdeburg stehen bundesligareife Arenen, die Komfort bieten. „Wenn es in Trier regnet, bleiben vielleicht schon eher einige Zuschauer zu Hause“, so Emanuel. Hier warten die Fans seit Jahren auf die Befestigung der Wege auf den Rängen. Das Verbot der Stadt, an Spieltagen auf Fahrradwegen der Zurmaiener Straße das Auto abzustellen, ist für den SCT-Sprecher angesichts der unbefriedigenden Parkplatzsituation rund ums Moselstadion ebenfalls nicht von Vorteil. „Wenn einem 70-jährigen Rentner aus Zewen vorgeschlagen wird, dass er mit dem Bus fahren soll, habe ich dafür kein Verständnis. Dann fährt man bis zur Hauptstelle zur Porta Nigra und muss dann noch den Weg zum Stadion gehen.“
Anders sieht die Situation dagegen bei der Arena aus, wo es ein großes Parkdeck gibt und umliegende Geschäfte ihre Parkflächen an Spieltagen der TBB Trier für ein Entgelt zur Verfügung stellen. Kritik an den Eintrittspreisen im Stadion, die mit 8,50 Euro für Stehplätze und 22 Euro für die Haupttribüne angesetzt sind, lässt Ernst Wilhelmi nicht gelten. „Für einen Fan machen zehn Euro im Jahr nicht den Unterschied, zu Hause zu bleiben.“
Einig sind sich die Verantwortlichen und die Fans, dass Erfolg die Zahlen aber wieder nach oben treiben würde. „Wenn wir den Sprung in den DFB-Pokal schaffen, kommen wir aus dem Drucken der Eintrittskarten nicht mehr raus“, lächelt Wilhelmi. Auch Emanuel stimmt da zu. Wobei er unter Erfolg nicht gleich den Aufstieg versteht. „Wenn über eine Saison hinweg attraktiver Fußball gezeigt wird, macht es Spaß, ins Stadion zu kommen.“
[statistik]
Der „Tausender-Klub“ in der Regionalliga-Saison 2012/13:
1. Rot-Weiss Essen 8.061
2. RB Leipzig 7.563
3. 1. FC Magdeburg 5.268
4. Lokomotive Leipzig 4.196
5. Holstein Kiel 3.596
6. Hessen Kassel 3.489
7. Carl Zeiss Jena 3.444
8. Waldhof Mannheim 3.065
9. Rot-Weiß Oberhausen 2.719
10. TuS Koblenz 1.961
11. Sportfreunde Siegen 1.662
12. VfB Oldenburg 1.554
13. FSV Zwickau 1.505
14. Viktoria Köln 1.502
15. Wuppertaler SV 1.486
16. Eintracht Trier 1.442
17. SV Meppen 1.408
18. VfB Lübeck 1.250
19. VFC Plauen 1.227
20. Fortuna Köln 1.226
21. Wormatia Worms 1.178
22. FC Homburg 1.086
23. TSV Buchbach 1.023
24. ZFC Meuselwitz 1.021
25. VfR Neumünster 1.003
Quelle der Zuschauerzahlen: www.weltfußball.de
[/statistik]
Paul meint
@Bernd: War bei jedem Heimspiel dieses Jahr! Wenn es regnet ist es schon nicht so gut über den unbefestigten Boden zu gehen, aber die Toiletten sind i.O. Bei den neuen Verkaufshäuschen git es ganz neue Toiletten. Bier- oder Urinpfützen gibt es aber wirklich nirgendwo! Wenn die Gehwege noch befestigt werden (soll ja gemacht werden!)dann kann man sich da nicht beschweren.
proSVE meint
Für mich persönlich war tatsächlich das Jahr unter dem schlechtesten Trainer der Welt (M. Basler) der Knackpunkt. Vorher war ich bei jedem Spiel dabei (zu Hause wie auswärts).
Und das waren gar nicht mal die Leistungen, sondern die Art und Weise, wie niveaulos Basler mit einigen Spielern umging (Wittek, Müller etc). Übrigens: Der Vorstand (in meiner Wahrnehmung E Wilhelmi) hat sich gerne und bereitwillig vor den Karren spannen lassen und sich an diesem niveaulosen Spieler-Rausekeln beteiligt. Erschwerend kam hinzu, dass unglaublich viel Geld für abgehalfterte Wunschspieler von M. Basler rausgeschmissen wurde.
Bernd meint
Ich gehe nun schon seit einiger Zeit nicht mehr ins Stadion, das hat mehrere Gründe:
1. Der Fußball ist – um es mal deutlich zu sagen – langweilig geworden. Da ist kein Spaß mehrb bei, Spieler sind farblos und haben kein Feuer, die Stimmung im Stadion ist entsprechend.
2. Das Stadion ist zunehmend unattraktiver geworden. Wenn ich durch Bier und Urinpfützen waten muss, um auf Klo gehen zu können ist das einfach nicht schön.
3. Ohne das Ultra-Gerede wieder anzuheizen: Ich habe einen siebenjährigen Sohn. Das Verhalten der Fans hat ihm (und mir auch) zunehmend Angst gemacht, so dass ich mich oft nicht mehr sicher gefühlt habe.
Mit anderen Worten: Mir macht das keinen Spaß mehr. Wenn endlich keine große Reden mehr geschwungen werden und alle auf dem Teppich bleiben, das Stadion fertig renoviert ist und Fans und Spieler wieder mit Spaß dabei sind, dann komme ich gerne wieder – mit der ganzen Familie.
Alzenau meint
Wurde gegen den Tabellenletzten nicht 5:0 gewonnen?
gerd meint
die gesellschaft hat sich verändert nur die eintracht nicht, für einige ist das ok, für die meisten nicht,
es hat auch nichts damit zu tun ob region oder nicht ob alt oder jung– anton ist aus der region, spang auch und das urgestein dingels aus der eifel,klar wunderte ich mich , wenn man die aufstellung von salmrohr liest, warum spielt ein mertinitz nicht bei der eintracht?-
wie dem auch sei, die eintracht ist nach außen nicht sehr glaubhaft -irgendwie leicht miefig–aber wer sollte und könnte das ändern?
treverer meint
Noch schlimmer ist der Angsthasen Fussball unseres Trainers.
Wer selbst gegen den Tabellenletzten Muffe hat offensiv zu spielen, hat nicht mehr Zuschauer verdient. Als alter Eintracht Fan höre ich immer wieder in der Stadt: „solange dieser Trainer da ist gehe ich nicht mehr gucken“.
Leider ist der Vorstand auf diesem Ohr taub und zu selbstherrlich.
Nur der SVE
macianer05 meint
So ein Quatsch, wer nur regionale Spieler sehen will muss zur DJK St. Matthias gehen. Regionale Spieler wird immer gleich mit erfolgreichem Fußball gesetzt, das dem nicht so ist wissen wir aus eigener Erfahrung. Das Jahr unter M. Prus z.B. Zuschauer kommen wenn die Eintracht erfolgreich ist, ob alle Spieler aus Trier oder Berlin, Kroatien oder Afrika kommen ist völlig egal. Als ob in Essen nur Essener, in Leipzig nur Leipziger spielen würden. Mich freut es für jeden der es aus der Jugend schafft, wir bauen ja auch immer welche ein, Anton und Dingels z.B. Aber nur mit Jugendspielern würden wir höchstens Oberliga spielen. Wieviel Zuschauer würden da wohl kommen? Außerdem fallen mir die letzten 20 Jahre mehr Spieler ein die nicht aus Trier kamen und hier die Helden waren. Meha, Ischdonat, Milosevic, Latinovic usw. Auf der anderen Seite habe ich die Schnauze voll von Schulz, Fleck und Co.
Peter Meyer meint
Wie wäre es denn wenn mehr auf regionale Talente gesetzt würde, mit denen sich die Zuschauer identifizieren können. Ich glaube das viel mehr Leute kommen würden um diese Jungs aus der Umgebung spielen zu sehen. Aber es werden ja lieber Spieler teuer eingekauft die aus den hintersten Ecken Deutschlands kommen. In so ländlichen Gegenden wie hier kann sich doch mit solchen Teams niemand mehr identifizieren.