Von Florian Schlecht
Aufstiegsträume bis zum Frühjahr, Sensationen im DFB-Pokal und eine bittere Niederlage in Mayen. Im zweiten Teil des Saisonrückblicks schaut 5vier auf die turbulenten Monate von Eintracht Trier zurück.
5vier schaut in drei Teilen auf die Saison 2011/12 von Eintracht Trier zurück. Nach einem Überblick über die wichtigsten Zahlen und Statistiken des Jahres folgt heute die große Saisonrückschau. Am Mittwoch wird die Serie abgeschlossen mit einer Einzelbewertung der Spieler.
Ein verheißungsvoller Start und der „rote Faden“ der Saison
Die Euphorie nach dem Pokalsieg gegen die TuS Koblenz war noch nicht verflogen, als die Regionalliga-Saison startete. Nach der Vizemeisterschaft im Vorjahr hofften viele Fans im Umfeld von Eintracht Trier darauf, ein gewichtiges Wort im Aufstiegsrennen mitsprechen zu dürfen. Personell gab es einen kleinen Umbruch. Die Abgänge von Freistoßkünstler Alban Meha (Paderborn), Kapitän Josef Cinar und dem wuchtigen Sympathieträger Lukas Mössner (TSV Hartberg) fielen ins Gewicht. Neuzugänge wie Alon Abelski, Oliver Stang und Denny Herzig etablierten sich aber in der Hinrunde als Leistungsträger. Chhunly Pagenburg empfahl sich als torgefährlicher Angreifer, der sein Potenzial aufgrund von Muskelbeschwerden nicht regelmäßig ausschöpfen konnte.
Die Saison begann zunächst verheißungsvoll mit einer Vorbereitung ohne Niederlage und 38:4-Toren. Mit Erfolgen gegen Wiedenbrück (2:0) und Idar-Oberstein (3:0) setzte sich die Mannschaft früh in der Spitzengruppe fest, zeigte in der Folge aber zu wenig Konstanz. Das Phänomen zog sich wie ein roter Faden durch die Saison. Drei Heimpleiten setzte es am Stück, nach dem 0:3-Debakel gegen Mainz II beorderte Trainer Seitz seine Jungs zum Straftraining. „Wir wurden von Schuljungen vorgeführt“, grantelte Kapitän Torge Hollmann, der nach einem Innenbandriss verletzt auf der Tribüne saß.
Ein Erfolgslauf, ein Knick im Pokal und eine Suspendierung

Martin Hauswald wurde nach dem 2:1 gegen St. Pauli gefeiert. Monate später wurde er suspendiert. Foto: Anna Lena Grasmück
Doch der vorläufige Tiefpunkt war zugleich die Wende zu einem kleinen Erfolgslauf mit 18 Punkten aus acht Spielen. Besonders auf die Defensive war in der Phase mit 613 Minuten ohne Gegentor Verlass. Einen Knick versetzte das bittere Pokal-Aus gegen den Hamburger SV vor 10.500 Zuschauern. In der Verlängerung traf Dennis Aogo für den enttäuschenden Bundesliga-Dinosaurier per Freistoß in der 110. Minute zum 2:1-Sieg. Wenige Tage später wurde Martin Hauswald suspendiert. Der Mittelfeldspieler, im DFB-Pokal in der ersten Runde gegen den FC St. Pauli noch der Matchwinner mit seinem umjubelten 2:1-Siegtreffer, verweigerte Roland Seitz im Heimspiel gegen Rot-Weiss Essen (0:0) den Handschlag. Für den Trainer war das nach einigen vorausgegangenen Konflikten genug. Hauswald, der sich persönlich entschuldigte, durfte nicht mehr in den Kader zurückkehren. Seit Ende Oktober spielte er keine Minute Fußball mehr.
Eine Kabinenflucht, ein historischer Sieg und eine bittere Sperre
In der Regionalliga eilten derweil die Sportfreunde Lotte von Sieg zu Sieg. Nach der 2:4-Niederlage in Kaiserslautern stand Trier unter Druck. „Wenn alle Spieler die Einstellung des Trainers hätten, wären ein paar Punkte mehr auf unserem Konto“, machte Seitz vor dem Heimspiel gegen Leverkusen deutlich, mit der Mentalität in seinen Reihen nicht zufrieden zu sein.
Ein Satz, der in der Mannschaft zu großen Teilen nicht gut ankam und dort wie die Vorverlegung des Wiedenbrück-Spiels und die kurze Wintervorbereitung auf Kritik stieß. Nach dem 1:0-Erfolg durch ein Herzig-Tor gab es die Retourkutsche vom Team, das geschlossen in die Kabine flüchtete.
Trotz des Konfliktpotenzials wurde Lotte, das zuvor 25 Begegnungen in Folge nicht verloren hatte, eine Woche später mit 3:2 bezwungen. „Wir haben Geschichte geschrieben“, strahlte Seitz. Doch es gab ein Nachspiel, das Trier im Titelrennen noch zum Verhängnis werden sollte. Jeremy Karikari wurde mit einer „diskriminierenden Äußerung“ beleidigt, wie das DFB-Sportgericht später in seinem Urteil feststellte. Im Kabinentrakt schlug er daraufhin Hess „mit der flachen Hand gegen dessen Wange“. Das Duo wurde daraufhin jeweils für drei Spiele gesperrt. Bitterer war die Sperre für die Eintracht, die einen zentralen Leistungsträger verlor.
Verletzungspech, ein bitter Einbruch und eine späte Serie
Das Fehlen von Karikari machte sich schon im ersten Heimspiel 2012 gegen den SC Idar-Oberstein bemerkbar. Nur einen Tag nach der Vertragsverlängerung von Trainer Seitz um zwei Jahre setzte es eine 0:1-Blamage. „Es brodelt in mir“, schimpfte der Oberpfälzer, der sich in den Wochen danach noch häufiger ärgern sollte. Wegen des Wintereinbruchs pausierte die Eintracht anschließend vier Wochen und verlor noch Kreativspieler Alon Abelski (Teileinriss des Syndesmosebandes), der mit seinen Ideen nicht zu ersetzen war. Im Frühjahr verspielte Trier seine Ausgangsposition, verlor daheim gegen Köln II (1:3), Dortmund II (2:4) und auch in Verl (0:1).
Zur Unzufriedenheit im Umfeld gesellte sich innerer Unfriede, weil Gerüchte über eine Gruppe von Spielern auftauchten, die als Unruhestifter dargestellt wurden. Die betreffenden Akteure wurden im Stadion angepöbelt und wehrten sich gegen die Vorwürfe durch Gespräche mit Trainer, Vorstand und Fans.
Als der Titelzug abgefahren war, blühte die Mannschaft ohne Druck wieder auf. Fünf Siege feierte sie in Folge und lief am Ende mit 64 Zählern auf dem vierten Tabellenplatz ein.
Das Ende einer Serie und ein Saisonabschluss im Streit
Dennoch endete das Ende der Saison im großen Streit. Der Grund dafür war die 2:3-Blamage im Rheinlandpokal bei der TuS Mayen. Nach 28 Cup-Begegnungen ohne Niederlage riss beim zwei Klassen tiefer spielenden Außenseiter die Serie, was die Emotionen im letzten Heimspiel gegen die Sportfreunde Lotte hochkochen ließ. Spruchbänder, tätliche Angriffe, Beleidigungen – er war ein Abschluss im Frust über den enttäuschenden Auftritt. Zugleich stellten die Verantwortlichen am Tag zuvor in einer Pressekonferenz noch die goldenen Momente im DFB-Pokal und die „126 Punkte in zwei Jahren“ heraus, die in der Regionalliga eingefahren wurden.
Das gelang auch den Spielern, von denen es viele im Sommer 2010 nach Trier zog, als der Verein nach einem sportlichen Abstieg am Boden lag und die Ungewissheit groß war. Die Rückkehr in ruhigeres Fahrwasser ist seitdem geglückt. Doch die Erfolge haben Begehrlichkeiten geweckt, mit der die Eintracht sportlich nicht immer Schritt halten konnte. So beklagte Trainer Seitz vor Wochen die hohe Erwartungshaltung, als er auf die sinkenden Zuschauerzahlen angesprochen wurde: „Es gibt ja den alten Spruch, wonach es in Trier nur Schwarz oder Weiß gibt.“
Ein Umbruch in einer neuen Liga

Thomas Drescher gehört zu den zahlreichen Spielern, die Eintracht Trier verlassen. Foto: Anna Lena Grasmück
Auch in Zukunft wollen Trainer und Vorstand wieder Erfolge an der Mosel feiern, obwohl durch den Wegfall der Fernsehgelder und die verpasste Cup-Qualifikation über 200.000 Euro wegbrechen. „Wir werden in den nächsten Monaten richtig Gas geben. Wir haben mit Roland Seitz nicht um zwei Jahre verlängert, um Feierabendfußball zu bieten“, so Vorstandmitglied Ernst Wilhelmi. Mit Schwung will Eintracht Trier die neue Saison angehen, in der es eine neue Liga (Südwest), neue Gegner (Waldhof Mannheim, Hessen Kassel, Wormatia Worms) und auch viele neue Gesichter geben wird.
Die Mannschaft steht vor dem Umbruch. Bislang bleiben nur Torge Hollmann, Fabian Zittlau, Chhunly Pagenburg, Alon Abelski, Christoph Anton, Christopher Spang und Burak Sözen. Auch Michael Dingels soll weiter für die Eintracht spielen. Als sichere Abgänge stehen Thomas Drescher, Denny Herzig, Tolgay Asma, Benjamin Pintol, Olivier Mvondo, Martin Hauswald (Ziel unbekannt), Thomas Kraus (Fortuna Köln), Oliver Stang (Mönchengladbach II), Wojciech Pollok (Siegen) und Ahmet Kulabas (Burghausen) fest. Jeremy Karikari und Cataldo Cozza haben unterschriftsreife Verträge vorliegen, zögern aber aus familiären Gründen mit der Unterschrift. Offen ist die Zukunft von André Poggenborg, Andreas Lengsfeld, Holger Knartz und Fahrudin Kuduzovic. Bei Daniel Bauer bahnt sich ein Wechsel zum VfB Oldenburg an.
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