Von Alexander Heinen und Florian Schlecht
Im Sommer kürzte Eintracht Trier seinen Jugend-Etat drastisch. 5vier bietet einen Überblick über die Entwicklung in den letzten Monaten – und wie der Fußball-Regionalligist im Nachwuchsbereich für die Saison 2012/13 plant.
Im Sommer kürzte Eintracht Trier seinen Jugend-Etat drastisch von 270.000 auf 180.000 Euro. Reinhold Breu, der 2008 die Aufgabe des Nachwuchskoordinators beim Regionalligisten übernommen hatte, wechselte zum luxemburgischen Fußballverband. Über Jahre war er damit beschäftigt, professionelle Strukturen an der Mosel aufzubauen und träumte von einem Leistungszentrum an der Mosel. Doch die Hürden waren nicht zu erfüllen. Wirtschaftlich musste der Verein kleinere Brötchen backen. Seit acht Monaten koordiniert Michael Ziegler als Nachwuchsleiter die Jugendarbeit bei der Eintracht. 5vier bietet einen Überblick, wie die erste Zeit gelaufen ist und welche Planungen es für die Saison 2012/13 gibt.
Drei Talente erhalten einen Regionalliga-Vertrag
“Das Ziel, das oben steht? Jemanden in die Spitze in unsere Regionalliga-Mannschaft bekommen. Deswegen sitze ich hier.” Michael Ziegler hat den Leistungsgedanken im Blick, auch wenn finanziell abgespeckt wurde. Mit den Vertragsverlängerungen der Hoffnungsträger Christoph Anton, Burak Sözen und Christopher Spang, die ab Sommer zum Kader von Roland Seitz gehören, sind die ersten Hausaufgaben erledigt. “Die Jungs haben sich diese Chance durch ihre Leistungen verdient und können den Sprung schaffen”, meint Herbert Herres, Trainer der U23.
Der Verbleib der umworbenen Talente ist keine Selbstverständlichkeit. “Früher wurde den Spielern eher empfohlen, bei Angeboten aus Mainz und Kaiserslautern lieber zu wechseln. Das ist aber nicht mein Ansatz”, meint Ziegler. Hoffnungsträger wie Jonas Ralitschitsch und Robin Mertinitz (Mainz) haben Trier in der Vergangenheit verlassen. Christopher Theisen aus der A-Jugend wechselt zur neuen Saison zum 1. FC Nürnberg. “Das tut weh. Die Jungs werden schon mit 15, 16 Jahren geködert. Da ist es nicht leicht, jeden Einzelnen zu halten”, gibt sich der Jugendkoordinator angesichts der bundesweiten Suche nach neuen Stars keinen Illusionen hin. Doch der Grundschullehrer will den Eltern die Perspektive aufzeigen, die junge Fußballer auch in Trier haben.
“Es ist nicht der Weisheit letzter Schluss, zu einem Bundesligaklub zu gehen. Nur ein kleiner Anteil von den Spielern in Nachwuchsleistungszentren schafft es nach ganz oben. Wir sind selbstbewusst genug, dass wir auch gute Arbeit leisten und gute Trainingsqualität anbieten.” Eine Bindung an die erste Mannschaft hört aber auch in Trier nicht mit der Vertragsunterschrift auf. Dazu gehören letztlich auch Einsätze in der Regionalliga – und das Vertrauen in die jungen Spieler.
“Jugendarbeit nicht nur eine Sache des Geldes”
Von 270.000 auf 180.000 Euro wurde der Etat vor der Saison gekürzt – ein erheblicher Batzen. Der Großteil des Geldes fiel durch die Entscheidung weg, auf einen hauptberuflichen Nachwuchskoordinator zu verzichten, betont Ziegler. Eine Minderung der sportlichen Qualität sieht er nicht. Die U19, U17 und U15 stehen in ihren Spielklassen im Mittelfeld. “Wir haben ein starkes Fundament übernommen, leisten aber auch weiter gute Arbeit. Für einen Regionalligisten erreichen wir ein hohes Niveau.” Die Aufgaben wurden auf mehrere Schultern verteilt, bis zu seinem Rücktritt im Februar war Christian Mergens für die Oberliga-Reserve zuständig. Der ambitionierte Traum von einem Nachwuchsleistungszentrum ist aktuell nicht erfüllbar.
Der Vergleich mit Bundesligisten verbietet sich für Herres: “Ein Verein wie Mainz 05 hat einen Etat von bestimmt 50 Millionen Euro, von dem sie locker drei Millionen in den Nachwuchs investieren können. Das ist für Eintracht Trier unmöglich, das in der nächsten Saison keinen Cent an Fernsehgeldern erhält”, hat er Verständnis für finanzielle Engpässe. So vertraut Ziegler in der Ausbildung der Talente auf Trainer, “die auch für weniger Geld Engagement und Fachkenntnis einbringen”. Alleine drei A-Lizenz-Inhaber arbeiten mit dem Nachwuchs. Ebenso ein Mental- (Holger Jungandreas) und Torwarttrainer (Knut Budzisch) und Koordinationstrainerin Johanna Homburg.
Intern soll weiter an der Ausbildung der Übungsleiter gearbeitet werden. In den Geschäftsstellenräumen ist die Einrichtung einer Bibliothek mit Fachbüchern und DVDs geplant. “Wir müssen von innen heraus noch stärker werden. Jugendarbeit ist nicht nur eine Sache von Geld, sondern auch von Idealismus.” Der Etat soll dazu zur Saison 2012/13 nur unwesentlich gesenkt werden – angepasst an die Gesamteinsparungen des Vereins bedingt durch den Wegfall von Fernsehgeldern in der Regionalliga Südwest. „Wir versuchen, die Lücke über neue Sponsoren zu schließen“, so Ziegler.
U23 plant für die Rheinlandliga
Die Oberliga war für die zweite Mannschaft von Eintracht Trier eine Nummer zu groß. “Es war schwer, mit dem Etat ein konkurrenzfähiges Team zusammenzustellen”, gesteht Michael Ziegler ehrlich. Viele Spieler verließen den Verein vor Rundenbeginn – dafür kamen unerfahrene Kräfte. Einem Großteil der Mannschaft soll weiter vertraut werden, Führungsspieler David Thieser hat bereits seine Zusage gegeben. Das gilt auch für Tim Hartmann, Fabian und Rene Mohsmann. Von der A-Jugend werden Carsten Cordier und Meliani Saim sicher gebunden. Herres: “Mit Daniel Braun befinden wir uns in Gesprächen, Nicolas Jakob hat sich Bedenkzeit erbeten.” Den Abstieg in die Rheinlandliga findet der Übungsleiter nicht dramatisch: “Dort müssen sich die Jungs erstmal behaupten und können mehr Selbstvertrauen entwickeln.”
Finanziell gibt es bei der Zusammenstellung des Kaders die alten Grenzen. “Wer mit 18 Jahren lieber für 100 Euro mehr zu einem anderen Rheinlandligisten geht, ist für uns der falsche Mann”, betont Ziegler. Trainer der Reserve soll weiter Herres bleiben. “Wenn wir alles so hinkriegen wie geplant, würde ich es machen”, bestätigt der Coach. Ein heißer Kandidat für seine Nachfolge bei der U19 ist Niki Wagner. “Er nimmt schon am Trainingsbetrieb teil, hilft mit und soll sich ein Bild verschaffen.”
Kooperation mit Luxemburg geplatzt
Die Kooperation mit dem luxemburgischen Fußballverband, von dem viele Talente in Nachwuchsmannschaften der Eintracht spielten, ist seit Januar aufgelöst (5vier berichtete ausführlich). Die Verantwortlichen in Trier kündigten die Vereinbarung, weil die Jugendspieler in der Woche die Fußballschule in Luxemburg besuchten und oft nur zum Abschlusstraining bei ihrer Mannschaft waren. “Es wären da aber keine drei, vier Leute für die Regionalliga rausgekommen”, glaubt Ziegler. “Die Qualität findet man auch bei uns in der Region.” Derzeit sichten “auf Herz und Nieren geprüfte” Scouts in der Eifel, Bitburg, Wittlich, Saarburg, Tawern, Konz und auch Luxemburg weiter nach Talenten. “Wir haben weiterhin gute Kontakte”, so Herres.
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