Aus Wuppertal berichten Florian Schlecht (Text) und Anna Lena Grasmück (Fotos)
Die Titelträume sind endgültig geplatzt. Eintracht Trier unterlag in der Fußball-Regionalliga beim Wuppertaler SV mit 1:2. Jetzt richten sich die Blicke auf das Pokal-Viertelfinale gegen die TuS Koblenz am Mittwoch.
Oliver Stang war untröstlich, als er durch die Katakomben im Stadion „Am Zoo“ schritt. Die Maske, die der Innenverteidiger von Fußball-Regionalligist Eintracht Trier nach einem Nasenbeinbruch als Schutz trug, hatte er schon abgesetzt. Die roten Striemen in seinem Gesicht waren aber als Zeichen geblieben, als er mit leiser Stimme über die 1:2-Niederlage beim Wuppertaler SV sprach. „Die Mannschaft hat gut gespielt, leider habe ich zwei Fehler gemacht, die schwer auszubügeln waren“, gab der 1,94-Meter-Schrank unumwunden zu. Stang war in die Innenverteidigung gerückt, weil die beiden defensiven Mittelfeldspieler Jeremy Karikari (Gelbsperre) und Daniel Bauer (Mittelfußprellung) fehlten. Kapitän Torge Hollmann lief dafür vor der Abwehr auf. Und Stang, der in der Hinrunde einen großen Anteil zum Titel der besten „Abwehr der Liga stellte“, hatte die unangenehme Aufgabe, Christian Knappmann auszuschalten.
Der Torjäger der Regionalliga ist eine Klasse für sich – das bewies er auch gegen Trier. Nach 25 Minuten setzte sich Maciej Zieba über die rechte Seite durch, flankte den Ball in den Strafraum zu Knappmann. Der schirmte das Objekt seiner Begierde ganz cool vor Stang ab, drehte sich und traf zum 1:0. „Das war in Gerd-Müller-Manier“, jubelte Trainer Hans-Günter Bruns. Für den Angreifer war es der 27. Saisontreffer – damit stellte er den Vereinsrekord mit den meisten Toren in einer Spielzeit durch Mahir Saglik von 2007/08 ein. Sein Gegenspieler war bedient: „Ich wusste, dass Knappmann mit links schießt und habe ihn auf dem rechten Fuß gestellt“, bedauerte Stang. Beim 2:0 brillierte der Hüne im Wuppertaler Sturm dann mit Kreativität, als er sich mit einem Zuckerpass auf Zieba für die Vorlage zur Führung revanchierte. Sein Nebenmann nahm das Geschenk dankbar auf, verwirrte Stang mit einem Haken und vollendete zum 2:0 (65.). „Da habe ich mich schlecht angestellt“, haderte der enttäuschte Trierer, der aber in Schutz genommen wurde. „Oliver ist halt selbstkritisch. Man darf aber nicht vergessen, dass er ein sensationelles Jahr für uns gespielt hat. Wir gewinnen und verlieren zusammen“, meinte Thomas Kraus und fand darin Unterstützung in Roland Seitz.
„Nach dem 1:0 haben die Jungs die Köpfe hängen lassen“
Für den Trainer war der schwache Start eine Folge der vielen „englischen Wochen“. „Neun Spiele in 27 Tagen mit vielen weiten Anfahrten verkraftet man nicht so einfach.“ Noch in der ersten Halbzeit boten sich beide Mannschaften bei Regen, Hagel und Wind ein umkämpftes Duell mit wenigen Höhepunkten, wobei Wuppertal immer einen Tick näher an der Führung war. Marco Quotschalla verpasste es, eine Unachtsamkeit zu bestrafen, als Trier ausgekontert wurde. André Poggenborg stürmte aus seinem Gehäuse, der Wuppertaler Offensivspieler spitzelte den Ball an ihm vorbei – und auch am Tor (10.). Bei der Eintracht war es Chhunly Pagenburg, der die beste Möglichkeit vor der Pause vergab. „Nach dem 1:0 haben die Jungs etwas die Köpfe hängen lassen“, fand Seitz.
Erst nach dem zweiten Treffer vor 1086 Zuschauern kam seine Mannschaft wieder besser ins Spiel, bewies Moral. Thomas Drescher erlief sich mit viel Einsatz einen weiten Pass von Torge Hollmann und flankte in die Mitte, wo Ahmet Kulabas das Leder unter die Latte wuchtete (69.). „Danach war es nur noch ein Spiel auf ein Tor“, meinte Stang. Doch der Ausgleich bleib der Eintracht verwehrt. Thomas Kraus scheiterte nach einer Einzelaktion von Alon Abelski an den Fäusten von WSV-Torwart Christoph Semmler (75.), nach einer Kopfball-Verlängerung von Chhunly Pagenburg fehlte ihm die Kontrolle, nach einem abgewehrten Schuss von Pagenburg traf er den Abpraller nicht entscheidend (90.). „Wir hätten ein Unentschieden verdient gehabt“, meinte Seitz, der aber Widerspruch von WSV-Coach Bruns fand: „Ich fand, dass wir das eine Tor besser waren, hier aber zwei echte Spitzenteams der Regionalliga zu sehen waren.“
Ein 140.000-Euro-Spiel
Ein Trostpflaster, das für Trier keines war. Zumal die letzten, zarten Titelhoffnungen damit kein Thema mehr sind. Durch den 1:0-Sieg der Sportfreunde Lotte bei Kaiserslautern II beträgt der Rückstand auf den ersten Platz ganze neun Punkte. „Das ist traurig, aber wir haben den Aufstieg nicht heute vergeigt, sondern im Februar und April“, sagte Chhunly Pagenburg. „Da haben wir zu viel liegen lassen. Darüber trauern würde jetzt keinen Sinn machen.“ Denn am Mittwoch wartet ein 140.000-Euro-Spiel auf Eintracht Trier im Viertelfinale des Rheinlandpokals. Nur mit einem Sieg gegen die TuS Koblenz hat das Team von Roland Seitz eine Chance auf die Titelverteidigung im Mai, die begehrte Qualifikationsprämie für den DFB-Pokal und ein attraktives Los mit guten Zuschauereinnahmen. „Wir müssen uns jetzt schnell schütteln, das ist ein ganz wichtiges Spiel“, fand Kraus. „Wir wollen jetzt die Kräfte bündeln, um fit und frisch zu gewinnen“, betonte Seitz.
Statistik
Wuppertaler SV – Eintracht Trier 2:1 (1:0)
Wuppertal: Semmler – El-Hammouchi, Schlieter, Flottmann, Herzenbruch – Fleßers, Moosmayer (83. Baltes) – Landers, Zieba, Quotschalla (76. Meier) – Knappmann (89. B. Abelski).
Trier: Poggenborg – Cozza, Stang, Zittlau, Drescher – Hollmann – Kraus, A. Abelski, Kuduzovic (52. Pintol) – Pagenburg, Kulabas.
Schiedsrichter: Dr. Manuel Kunzmann (Bad Hersfeld).
Tore: 1:0 Knappmann (28.), 2:0 Zieba (65.), 2:1 Kulabas (69.).
Zuschauer: 1086.
Die VIDEO-Stimmen zum Spiel
[yframe url=’http://www.youtube.com/watch?v=jTfJZDR1Fmg‘]
E. meint
Was sich die vermeitlichen Fans auf der Heimreise geleistet haben ist einfach nur noch beschämend für den ganzen Verein.
Sievo meint
Hut ab vor Oliver Stang. Wo gibt es heute noch Fußballer, die so selbstkritisch sind und sich nicht in irgendwelche Ausreden flüchten. Das zeugt von Charakterstärke. Gott sei Dank hat er bei uns ja noch einen Vertrag bis 2013, solche Spieler brauchen wir.
klaus-peter meint
@klaus:
toll, oder nicht? wieder das gleiche schema, man hat eine chance auf den titel, eine negativ-serie wird gestartet bis zu dem zeitpunkt, an dem man vermeintlich keine chance mehr hat. dann wird auf einmal wieder gewonnen, fünf mal am stück. und da die anderen vornedran so dumm sind, und auf einmal schwächen zeigen und punkte liegen lassen hat man sogar wieder die chance, oben anzugreifen. doch, oh wunder, genau in dem moment verliert man wieder und spielt wieder bescheidenen fußball. der trainer wieder hilflos und ohne erklärungen – oder nur fadenscheinige wie die englischen wochen (die die anderen mannschaften ja nicht haben).
aber klaus findet die runde bestimmt noch immer gelungen. ich bin mal gespannt, wie der kader in der nächsten saison aussieht. kann man wieder so ein finanzielles risiko eingehen wie zu beginn dieser saison und wenn die chancen dann schlecht stehen, dann muss wieder gespart werden (leute in der winterpause wegschicken und punkteprämien)?