Aus dem Moselstadion berichten
Martin Köbler und Anna Lena Bauer (Fotos)
Eintracht Trier hat am heutigen Nachmittag ein 1:1 (0:0) gegen die Sportfreunde Lotte erreicht. Vor 3.249 Zuschauern im Moselstadion war der SVE über neunzig Minuten die bessere Mannschaft, konnte aber nicht mehr als den Ausgleich durch Kuduzovic per Foulelfmeter erzielen (81.). Zuvor hatte Schlösser die Gäste aus dem Tecklenburger Land nach einem Konter in der 56. Minute in Führung gebracht.
Es ist selten zu sehen, dass zwei Mannschaften nach dem Schlusspfiff versammelt auf dem Rasen stehen und sich noch minutenlang fragend anschauen. Ein eben solchen Bild bot sich jedoch den Zuschauern im Moselstadion am Samstagnachmittag, als nach neunzig äußerst kurzweiligen Minuten Bundesliga-Schiedsrichter Christian Dingert das Spitzenspiel der Regionalliga West zwischen Eintracht Trier und den Sportfreunden Lotte abpfiff. Hüben die in knalligem Orange stehenden Gäste aus dem Tecklenburger Land um ihren Trainer Maik Walpurgis mit den ebenso leuchtenden roten Haaren, drüben die blau-schwarz-weißen Kicker von der Mosel. Beide Seiten quälte diese eine, entscheidende Frage: „Warum musste dieses Spiel 1:1 ausgehen?“ Während die Sportfreunde mit dem Elfmeterpfiff kurz vor Schluss haderten, der den verdienten Ausgleich für die Eintracht bedeutete, trauerte man auf der anderen Seite den hochkarätigen Chancen speziell in Halbzeit eins hinterher. Auch die beiden Trainer machten eben jene beiden Fragen zum Hauptthema auf der Pressekonferenz – während Walpurgis den „sicherlich fragwürdigen“ Pfiff des Unparteiischen beklagte, attestierte sein Gegenüber Roland Seitz den Moselanern ein „sehr gutes Spiel, das hätte besser belohnt werden müssen.“
Blauer Himmel, einige weiße Wolken über dem Trierer Norden, dazu die ausgezeichnete Ausgangslage beider Kontrahenten in der Tabelle – der würdige Rahmen war gegeben für das Spitzenspiel des Spieltages, da auch die in den vergangenen Wochen oft kritisierten Zuschauerzahlen endlich der Position des Gastgebers gerecht wurden. Exakt 3.249 Schaulustige fanden den Weg ins Moselstadion – so viele wie in dieser Saison noch nie und seit über einem Jahr damit Rekordkulisse bei einem Ligaspiel. Mit vier Siegen in Folge im Rücken und dem Sprung auf Tabellenplatz eins am Montagabend durch den Auswärtserfolg am Mainzer Bruchweg hatte Triers Chefcoach Roland Seitz keine Probleme, die richtige Startaufstellung zu finden, fanden sich doch exakt jene elf Mannen auf dem Spielberichtsbogen, die auch in der Landeshauptstadt den Anpfiff erlebten. Somit mit dabei auch wieder Kapitän Josef Cinar, den zwar nach wie vor die letzten Ausläufer des grippalen Infektes behindern, sein Engagement am heutigen Tage jedoch nicht schmälern sollte.
Die Sportfreunde aus Lotte boten mit ihrem klassischen 4-4-2-System ebenfalls keine Überraschungen in der taktischen Grundausrichtung und boten in der ersten Viertelstunde den Anhängern im Moselstadion eben das, was man im Fachjargon auf „den großen Respekt der beiden Seiten voreinander“ zurückführt – weder hüben noch drüben gab es nennenswerte Szenen rund um den Strafraum zu notieren. Doch mit einem langen Abschlag von Eintracht-Schlussmann André Poggenborg, der von Lukas Mößner in den Lauf von Ahmet Kulabas verlängert und von diesem direkt auf das Tor von Bastian Görrissen gebracht wurde, war die Zeit des Abtastens vorbei. Der starke Lotter Schlussmann musste sich mächtig strecken, um diesen platzierten Schuss zum Eckball zu entschärfen (15.). Nur Sekunden später behindern sich in der Mitte beide Protagonisten der vorangegangen Szene gegenseitig, als sie sich gegenseitig darauf verlassen, dass die scharfe Hereingabe von Fahrudin Kuduzovic vom anderen verwertet wird (16.) – Entsetzen auf den Tribünen ob dieser vergebenen hochkarätigen Chance. Drei Umdrehungen des Uhrenzeigers später bekam jedoch Lukas Mössner Szenenapplaus, als er per Fallrückzieher Kulabas auflegen konnte, dessen Kopfball für Görrissen jedoch kein Problem darstellen sollte.
Die Schilderungen zeigen: die Eintracht nun mit deutlich mehr Zug zum Tor, sie investierten deutlich mehr ins Spiel nach vorne als die Gäste aus dem Osnabrücker Vorland, die in dieser ersten Halbzeit nur gelegentlich vor das Trierer Tor kamen, dort aber weitgehend ungefährlich blieben. Ein Fernschuss von Tim Gorschlüter noch in der Anfangsphase war hierbei noch am erwähnenswertesten (10.). Doch die Eintracht verpasste es, ihre optische Überlegenheit in Tore umzumünzen und kam zudem mit der teilweise robusten Gangart der Gäste, die vier gelbe Karten erhielten, nur schwer zurecht. Wie auch immer – alleine Ahmet Kulabas hätte in diesem ersten Durchgang mindestens einen Treffer erzielen müssen – spätestens, als er in der 26. Minute auf halbrechts in den Lotter Strafraum eindringen konnte, der Winkel vor dem Torschuss dann aber zu spitz wurde. Auch Freistoß-Spezialist Alban Meha versuchte erneut sein Glück, hatte den Torschrei nach einem millimetergenauen Schuss in die linke obere Ecke schon auf den Lippen – musste aber mitansehen, wie Görrissen seine Mannen vor dem Rückstand bewahrte (22.).
Im zweiten Durchgang dann zunächst ein komplett anderes Bild. „Da haben wir einige Dinger besser gemacht als im ersten Durchgang“, bilanzierte Walpurgis nach der Partie, „endlich haben wir uns ein paar Chancen herausgespielt. Wir haben uns in der Kabine gesagt, dass wir mehr für das Spiel tun müssen und wurden dann auch recht früh dafür belohnt“, so die Worte des Trainers der Gäste zu dem, was in den ersten zehn Minuten der zweiten Hälfte passierte. Zunächst hatte die Eintracht noch Glück, als nach einer Flanke von der rechten Seite von Timo Kunert Sebastian Stachnik auf Höhe des Elfmeterpunktes etwas so frei stand wie das Marktkreuz am Trierer Hauptmarkt, diese Gelegenheit jedoch leichtfertig verschenkte und sein Kopfball direkt in den Armen von André Poggenborg landete. Doch die spielerische Klasse, die in der vergangenen Woche auch der Aufstiegsfavorit Nummer Eins aus Münster zu spüren bekam, sollte nur wenige Minuten später den Spielverlauf zwar nicht auf den Kopf stellen, aber doch die Effektivität dieser Lotter Mannschaft unter Beweis stellen. Blitzsauber wurde der Ball über die Stadionen David Czyszczon, Timo Kunert und Dalibor Gataric nach vorne getragen, ehe mit nur einem Pass Christian Schlösser völlig frei vor Poggenborg auftauchte und keine Mühe hatte, zum schmeichelhaften 0:1 einzuschieben.
Zehn Minuten vergingen, in denen sich die Eintracht einmal kräftig schüttelte, dann aber nach einem schönen Zuspiel vom mit aufgerückten Torge Hollmann den heute nicht überzeugenden Thomas Kraus in Szene setzte, der aber einmal mehr am Lotter Keeper scheitern sollte (67.). Bastian Görrissen brachte die Eintracht mit seiner hervorragenden Leistung die Mannen von Trainer Roland Seitz schier an den Rande der Verzweiflung – und dann, wenn er einmal nicht sicher hielt, stand das Glück Pate für die Nordrhein-Westfalen. Gemeint ist die 74. Minute, als ein Freistoß von Alban Meha durch die Handschuhe des Schlussmannes rutschte und von dort an das Aluminium sprang.
Walpurgis verstärkte mit Patrick Schnier die Defensive, Roland Seitz setzte alles auf eine Karte und brachte mit dem heute wieder einmal sehr agilen Olivier Mvondo seine einzige Offensiv-Alternative. Alles sah nach einem glücklichen Dreier für die Gäste aus – ehe zehn Minuten vor dem Schlusspfiff Schiedsrichter Christian Dingert einen Zweikampf zwischen Kulabas und Görrissen, als beide nach einem Steilpass zum Ball gingen, als elfmeterwürdiges Foul würdigte und ohne zu zögern auf den Punkt zeigte. Entsprechend verärgert war der Keeper nach dem Schlusspfiff: „Nie im Leben ein Elfmeter, da wir beide zum Ball gehen, ich habe ihn in der Hand und der Gegenspieler fällt. Das war ein normal Kampf um den Ball – für mich völlig unverständlich.“ Groß auch das Entsetzen auf der Lotter Trainerbank, ebenso riesig allerdings die Freude beim heimischen Anhang ob dieser größten sich bietenden Gelegenheit, die sich Fahrudin Kuduzovic wie bereits am Montag nicht nehmen ließ und sicher in die linke untere Ecke verwandelte (81.) – gleichbedeutend mit dem Endstand.
„Es ist schwer zu sagen, wie man das Spiel einordnen soll. Letzendlich kann man mit dem Punkt leben, aufgrund der ersten Halbzeit hätten wir aber das Spiel eigentlich gewinnen müssen. Wenn man dann in so einem Spiel in Rückstand gerät, verliert man in aller Regel das Spiel – von daher bin ich mit dem Punkt schon zufrieden“, war Triers Kapitän Josef Cinar nach dem Schlusspfiff ebenso hin- und hergerissen wie sein Abwehrkollege Thomas Drescher: „Auf der einen Seite muss man sagen, wenn man ein 0:1 aufholt gegen so eine starke Truppe, dann kann man natürlich von einem Punktgewinn reden. Auf der anderen Seite, wenn man unsere Chancen in der ersten Halbzeit sieht, muss man sagen, dass wir hier heute zwei Punkte verschenkt haben, weil es gibt nicht viele Tage, an denen man gegen Lotte so viele Torchancen bekommt wie wir heute und das ist natürlich schade. Dennoch ist alles eine Momentaufnahme. Die Mannschaften, die jetzt obenstehen, werden tendentiell bis zum Ende oben bleiben. An den letzten fünf, sechs Spieltagen wird es dann wohl um alles gehen.“ Sein Kapitän pflichtet ihm in diesem Punkt bei: „Wir müssen nach wie vor von Spiel zu Spiel schauen – und nichts anderes. Wenn wir vier Wochen vor dem Ende noch oben dabei sind, dürfte es allen klar sein, worum es geht.“
Das 1:1 ist der erste Punktgewinn gegen die Sportfreunde Lotte überhaupt – bisher setzte es in fünf Begegnungen zuvor fünf Niederlagen. Durch das Remis rutscht die Eintracht auf Tabellenplatz drei in der Liga ab, da sowohl Mönchengladbach II heute (1:0 gegen Elversberg) als auch Preußen Münster bereits gestern (3:0 gegen Schalke 04 II) ihre Partien für sich entscheiden konnten. Für die Mannschaft von Roland Seitz heißt es nun am nächsten Samstag, die nächste Runde im Rheinlandpokal zu erreichen. Gegner im Viertelfinale ist Oberligist SV Rossbach/Verscheid, ehe am übernächsten Sonntag in Wanne-Eickel der FC Schalke 04 II auf die Moselaner wartet.
STATISTIK
Eintracht Trier: André Poggenborg – Thomas Drescher, Torge Hollmann, Josef Cinar, Cataldo Cozza – Stefan Kohler, Alban Meha (ab 90. Fabian Zittlau), Fahrudin Kuduzovic (ab 84. Jeremy Oporu-Karikari), Thomas Kraus (ab 75. Olivier Mvondo) – Lukas Mößner, Ahmet Kulabas.
Sportfreunde Lotte: Bastian Görrissen – Timo Kunert, Andre Wiwerink, David Czyszczon, Tobias Willers – Tim Gorschlüter, Christian Schlösser, Dalibor Gataric (ab 85. Christian Erwig), Benjamin Wingerter – Fabian Liesenfeld (ab 79. Patrick Schnier), Sebastian Stachnik (ab 71. Simon Engelmann).
Tore: 0:1 Christian Schlösser (56.), 1:1 Fahrudin Kuduzovic (82./Foulelfmeter).
Zuschauer: 3.249
Schiedsrichter: Christian Dingert
Gelbe Karten: Fahrudin Kuduzovic – Tobias Willers, Sebastian Stachnik, Christian Schlösser, Dalibor Gataric.
Weitere Bilder:
VIDEO-Stimmen (Im Interview Roland Seitz, Thomas Kraus und Thomas Drescher):
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