Aus Kassel berichtet Florian Schlecht
Sieben Tore, ein Platzverweis, zwei Elfmeter und ein verspäteter Fanbus. Das letzte Spiel von Eintracht Trier im Jahr 2013 hatte es in sich. Am Ende gelang ein 6:1-Erfolg bei Hessen Kassel. Während das Team von Roland Seitz somit ganz engen Draht zu den Relegationsplätzen hält, bangt der amtierende Meister um den Klassenerhalt und steht vor einer neuen Trainer-Diskussion.
Was mit einer 1:6-Klatsche bei Eintracht Frankfurt II begann, endete mit einem 6:1-Triumph bei Hessen Kassel. Das Jahr 2013 hat fußballerisch für Eintracht Trier ein mehr als versöhnliches Ende genommen. Der abschließende, deutliche Sieg beim Meister hat die Karten im Kampf um die beiden Relegationsplätze noch einmal deutlich verbessert. Da Mainz II gegen Hoffenheim II mit 0:3 unterlag, ist Trier als Tabellendritter nun punktgleich mit der Bundesliga-Reserve, die bei gleicher Tordifferenz mehr Treffer erzielt hat.
Die Mannschaft, die in Kassel auf dem Platz stand, demonstrierte zum Abschluss erneut, dass sie ein ernstzunehmender Kandidat in der Spitzengruppe ist. Allerdings war es ein Spiel mit vielen Geschichten.
Das fing schon vor dem Anpfiff an. Wegen einer Umleitung und eines damit verbundenen Staus kam ein Fanbus erst um die Halbzeit rum in Kassel an. Da stand es bereits 2:0 für ihre Mannschaft – und der Gegner spielte schon lange in Unterzahl. Nach einem Gerangel in der Luft sah Morike Sako wegen eines groben Foulspiels die Rote Karte, weil sein Ellbogen auf der Nase von Michael Dingels landete. Der Trierer musste blutüberströmt ausgewechselt werden. Der erste Verdacht lautete auf Nasenbeinbruch. Dingels wurde direkt zu Untersuchungen ins Krankenhaus gebracht.
Ersetzt wurde er durch Christopher Spang. Torge Hollmann rückte so vom defensiven Mittelfeld zurück in die Verteidigung. Auf dem Platz stand nach Ablauf seiner Sperre wieder Marco Quotschalla, der für Lars Bender ins Team gerückt war.
Doppelpack von Abelski und Cuntz
Die zahlenmäßige Überlegenheit nutzte Trier erst vor der Pause durch einen Doppelpack konsequent aus. Matthias Cuntz krönte eine Freistoß-Finte von Alon Abelski, der von der linken Strafraumgrenze auf seinen Mitspieler zurücklegte. Kassel war düpiert, Cuntz hämmerte den Ball unter die Latte (43.). „Was danach abgegangen ist, war der Wahnsinn“, schwärmte Trainer Roland Seitz. Kurz danach erhöhte Abelski in Eigenregie. Der Regisseur wuselte sich durch und spitzelte aus zehn Metern ins lange Eck.
Marco Quotschalla hatte im zweiten Durchgang die frühzeitige Chance zur Entscheidung. Doch der Flügelspieler scheiterte mit einem Elfmeter – dem ersten in dieser Saison nach einem Foul gegen Cuntz – an KSV-Torwart Carsten Nulle. Das sorgte für Diskussionen. Sylvano Comvalius hatte sich den Ball zuerst geschnappt. „Ich habe ihm auf Englisch erklärt, dass ich der Schütze bin“, erläuterte Quotschalla das Gespräch der beiden Offensivspieler.
Ganz kurz durfte Kassel sogar noch von der Wende träumen, als Matthias Rahn einen Freistoß von Tobias Becker zum 1:2 einköpfte (58.). Doch danach riss Trier alle Dämme ein. Alon Abelski verwandelte einen wunderbaren, weiten Pass von Cuntz zum 1:3 und seinem siebten Saisontreffer. Einen weiteren Strafstoß nach einem dummen Einsteigen von Marco Dawid gegen Christoph Anton haute Quotschalla diesmal rein (70.). Matthias Cuntz hämmerte einen Freistoß aus 25 Metern in das Tor (78.). Lars Bender setzte den Schlusspunkt (86.). „Eine Überzahl so auszuspielen, ist keine Selbstverständlichkeit“, lobte Seitz. „In dieser Woche wurde in der Kabine ja mehr über einen Ausfall als über das Spiel gesprochen.“
Während Trier jubilierte und die Fans noch eine Zugabe forderten, lagen danach bei Kassel die Nerven blank. Die Fans zündeten bengalische Feuer, der Stadionsprecher war sauer („Unmöglich, was hier passiert“) – und wahrscheinlich gibt es bald schon eine neue Trainerdiskussion beim Traditionsverein nach einem 0:6 in Kaiserslautern und dem 1:6 gegen Trier am Stück. Auf der Tribüne saß neben Berater André Schubert bereits Marc Fascher, der zuvor bei Hansa Rostock und Preußen Münster tätig war. Interimscoach Sven Hoffmeister warnte davor, den Abstiegskampf zu unterschätzen, in dem Kassel nun festhängt: „In die Hessenliga abzustürzen, hat diese Region nicht verdient. Jeder im Verein und der Mannschaft muss nun alles an Einsatz geben, damit wir uns in drei, vier Monaten nicht verwundert umsehen.“
Statistik und Noten
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Statistik
KSV Hessen Kassel – Eintracht Trier 1:6 (0:2)
Kassel: Nulle – Dawid, Rahn, Wachowski, Schmeer – Marz, Becker – Damm, Gallus (46. Andrijanic), Mayer – Sako.
Trier: Keilmann (3) – Brighache (2,5), Dingels (ab 14. Spang 2,5), Buchner (2,5), Zittlau (2,5) – Hollmann (2,5), Cuntz (1, ab 80. Kuduzovic) – Quotschalla (2), Abelski (1), Anton (2) – Comvalius (3,5, ab 68. Bender).
Schiedsrichter: Tobias Endreß (Bad Ditzenbach).
Tore: 0:1 Cuntz (42.), 0:2 Abelski (45.), 1:2 Matthias Rahn (57.), 1:3 Abelski (63.), 1:4 Quotschalla (70., Foulelfmeter), 1:5 Cuntz (78.), 1:6 Bender (86.).
Spieler des Spiels: Matthias Cuntz. Was der zweifache Torschütze, Vorlagengeber zum 1:3 und gefoulte Spieler vor dem ersten Strafstoß in Kombination mit Alon Abelski zauberte, war grandios. Das Sahnehäubchen: Ein traumhafter Freistoß in den Winkel.
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