Sie ist die einzige Künstlerin, die bereits zum dritten Mal bei einer Elephant Parade teilnimmt. Ihr „Fragile Family“ ist zweifellos eines der aufwendigsten Ausstellungsstücke der Elephant Parade Trier-Luxemburg 2013. Mehr als 20.000 von Hand geschnittene und geschliffene Glasteilchen hat Glaskünstlerin Sé van Weert auf dem Körper ihres Elefanten zu einem Kunstwerk verarbeitet.
Mehr als 20.000 von Hand geschnittene und geschliffene Glasteilchen hat Glaskünstlerin Sé van Weert auf dem Körper ihres Elefanten zu einem Kunstwerk verarbeitet. Auf dem Place des Martyrs in Luxemburg können Passanten Bekanntschaft mit dem außergewöhnlich hübschen und sympathischen Gefährten machen. Dabei erfahren sie, dass es eine ganze Menge weiterer Wesen aus der Tier- und Pflanzenwelt gibt, die einen Elefanten in ihrem Namen tragen.
„Fragile“
Das Interesse für die Rüsseltiere und die tiefe Sorge um ihren und um den Fortbestand weiterer Tier- und Pflanzenarten spielt im Leben und in der Kunst Sé van Weerts eine zentrale Rolle. Auslöser ist ein Erlebnis, das zwar schon 35 Jahre zurückliegt, Sé van Weert aber für lange Zeit gedanklich begleitet hat und sie noch heute schaudern lässt, wenn sie daran denkt. „Als ich 16 war, bin ich von zuhause weg und für viele Jahre in Asien gereist“, erzählt die 52-jährige Niederländerin. In Indien musste sie 1978 als junge Frau miterleben, wie eine Herde Elefanten erschossen wurde. Hintergrund sei gewesen, dass sich die Elefanten auf der Suche nach Nahrung eine Schneise durch ein Dorf geschlagen und die Menschen aus Angst vor ihnen auf sie gezielt hätten. „Dazu muss man wissen, dass Elefanten riesige Mengen Land brauchen und sie ihre Gebiete über viele Jahre systematisch abgrasen. Ist das geschehen, ziehen sie weiter. Hier ergab sich der typische Konflikt zwischen dem von Tieren und Menschen gleichermaßen beanspruchten Lebensraum.“
Die Schüsse auf die Tiere hätten sie über viele Jahre begleitet, erzählt Sé van Weert. „Dieses Erlebnis war richtig schlimm und prägend. Seither beschäftigt mich dieser Gedanke, dass die Menschen sich so ausbreiten, dass für andere Lebewesen kein Platz mehr ist und wir die Natur nach und nach zerstören.“ Aus diesen Überlegungen heraus entstand „Fragile“, das Kunstwerk, das Sé van Weert für ihre erste Elephant Parade 2010 in Emmen (Niederlande) schuf. Die Häute zahlreicher Tiere – dargestellt über unzählige miteinander verklebte Glasstückchen – schmückten seinen Körper. Fragile begeisterte nicht nur die Besucher, sondern überzeugte auch bei der traditionellen Auktion zum Ende jeder Elephant Parade. Die stolze Summe von 25.000 Euro – und damit damals das zweithöchste Gebot – war dem Käufer van Weerts Arbeit wert.
„Fragile Beauty“
Ein Jahr später, bei der Elephant Parade 2011 in Kopenhagen, bewunderten Besucher die konsequente künstlerische Weiterentwicklung: „Fragile Beauty“. Auch er komplett aus Tausenden von Glas-Mosaiksteinchen zusammengesetzt, dieses Mal die in Dänemark beheimateten Tier- und Pflanzenarten wie Schwäne, Bienen, Schmetterlinge, Vögel und Rosen auf seinem Körper tragend.
Für „Fragile Family“, Sé van Weerts Beitrag für die Elephant Parade Trier-Luxemburg 2013, beschäftigte sich die Vollblut-Glaskünstlerin mit der Frage, welche Pflanzen und Tiere außer Elefanten diesen Begriff in ihrem Namen tragen. Das Ergebnis ihrer Recherche verblüffte auch die Künstlerin: vom Elefantenblümchen über den Elefantenbaum, den Elefantenkäfer, -vogel, -fisch, -seehund, -moskito, die -maus und -schlange wurde sie fündig. Sie alle, plus einen Koala („Das ist der Freund, denn ohne Freund ist eine Familie nicht komplett“), gestaltete die Künstlerin aus mehr als 20.000 von ihr per Hand geschnittenen, geschliffenen und geklebten Glasteilchen auf Rücken, Bauch, Rüssel und Füßen von „Fragile Family“.
Drei Monate habe sie wie besessen an dem Kunstwerk gearbeitet. „Bis auf einen freien Tag war ich damit sieben Tage die Woche, zwölf Stunden am Tag beschäftigt. Um Essen und den Haushalt hat sich in dieser Zeit mein Mann gekümmert“, sagt Sé van Weert schmunzelnd. Besonders hart sei die Anfangszeit gewesen. „Weil der Rohling nicht in mein Atelier passte, haben wir ihn unter unseren Carport gestellt. Als ich mit Fragile Family begonnen habe, war es draußen noch tierisch kalt. Nach ein paar Stunden Arbeit musste ich immer drinnen meine Hände wieder aufwärmen.“
„Fragile Family“
Trotz Aufwärm- und Verschnaufpausen erwies sich Sé van Weerts Timing als Punktlandung: Einen Tag vor Ablauf der von der Elephant Expo Trier-Luxemburg GmbH gesetzten Frist hat „Fragile Family“ den sprichwörtlich letzten Schliff von seiner „Elefanten-Mutter“ erhalten. Die ist nach eigener Aussage „richtig stolz“ auf ihr Werk und begeistert von der Idee der Elephant Parade. „Ich mache das für die Elefanten. Denn über das Geld, was durch den Verkauf der Ausstellungsstücke für die Stiftung (The Asian Elephant Foundation) zusammenkommt, kann ich konkret etwas für den Schutz dieser wunderbaren Tiere tun. Und die Kunstaktion im öffentlichen Raum ist eine sehr, sehr sympathische Idee.“
Wie bereits in Emmen und Kopenhagen wird sich Sé van Weert auch dieses Mal das Feedback auf ihre Arbeit aus erster Quelle einholen: „Ich habe ein paar Tage eingeplant, an denen ich mich neben meinen Elefanten setze und die Kommentare aufschnappe. Das ist fantastisch. Am meisten freue ich mich auf die Reaktionen der Kinder. Denn die entdecken viel mehr als die Erwachsenen.“
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