22% beträgt die sogenannte „Gender Pay Gap“ in Deutschland, das heißt Frauen verdienen in Deutschland immer noch durchschnittlich 22% weniger als Männer. Damit liegen wir deutlich unter dem EU-Durchschnitt von 16,2%. Um auf diesen Unterschied aufmerksam zu machen, fand am 21. März der Equal Pay Day statt. In Trier konnte man sich an einem Stand in der Neustraße über die Aktion informieren und in vielen Geschäften gab es zwischen 12 und 14 Uhr 22% Rabatt für Frauen.
Der Equal Pay Day findet aus gutem Grund am 21. März statt. Ein Vierteljahr oder ziemlich genau 80 Tage brauchen Frauen nämlich länger, um das gleiche Geld zu verdienen wie ein Mann. Durchschnittlich hat eine Frau also vom 1. Januar 2013 bis zu diesem Datum genauso viel Geld verdient, wie es ein Mann bereits bis zum Jahreswechsel getan hat. Politische Vertreter fast aller Parteien sind bei der Aktion dabei, die es dieses Jahr in Trier bereits zum sechsten Mal gibt, aber auch der katholische Frauenbund und der ver.di Bezirksfrauenrat. Ziel ist es, das komplexe Thema der Entgelt-Ungleichheit zwischen Männern und Frauen in der Politik aber auch bei den Menschen in den Vordergrund zu rücken.
Frauenberufe, Männerberufe?
Für die „Gender Pay Gap“ gibt es verschiedene Gründe, die sich aber in drei große Gruppen einteilen lassen. Erstens unterscheiden sich Frauen und Männer in der Wahl der Berufe. Es gibt immer noch typische Frauen- und typische Männertätigkeiten. Frauen arbeiten oft in Berufen, die traditionell schlechter bezahlt werden, wie zum Beispiel in der Kindererziehung, der Altenpflege oder auch in Heilberufen. „Klassisch ist der Vergleich zwischen einer Krankenschwester und einem Bauarbeiter“, erklärt Petra Erbarth von der katholischen Frauengemeinschaft, „Beide verrichten schwere körperliche Arbeit, aber die Krankenschwester verdient noch immer weniger.“ Die Anerkennung für diese „Frauenberufe“ sei zwar hoch, aber leider schlüge sich das nicht in der Bezahlung nieder. Zweitens macht sich der Unterschied vor allem ab einem bestimmten Alter bemerkbar. Ab dem 29. Lebensjahr stagnieren die Gehälter von Frauen, während die von Männern im gleichen Alter weiter ansteigen. Der Grund hierfür ist, dass Frauen zu diesem Zeitpunkt oft eine Kinderpause einlegen und anschließend oft nur noch mit reduzierter Stundenzahl weiterarbeiten. Diese Entscheidung wirkt sich nachhaltig auf den Lebenslauf aus und macht es später schwerer, wieder Vollzeit in den Beruf einzusteigen. Der dritte Punkt folgt aus dem Zweiten: Zwei Drittel der Teilzeittätigkeiten in Deutschland werden von Frauen ausgeübt und wer in Teilzeit arbeitet, hat weniger Chancen, in eine Führungsposition aufzusteigen.
Kein „Gedöns“ mehr
Zentral in der Debatte sei die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, erläutert die Trierer Frauenbeauftragte Angelika Winter. Für beide Elternteile sei es wichtig, sich darüber Gedanken zu machen. Heute sei das Thema zwar kein „Gedöns“ mehr, wie Gerhard Schröder 1998 sagte, so die Frauenbeauftragte weiter, und es habe sich einiges bewegt in der Politik, aber trotzdem gebe es noch viel zu tun auf diesem Gebiet. „Deutschland hinkt hinterher in Europa“, stellt sie fest, „vor allem im Westen Deutschlands, also gerade hier, herrschen noch immer traditionelle Rollenbilder vor.“ Der Ausbau von Kitaplätzen ist dabei natürlich ein großes Thema, ohne gute Betreuung ist es kaum möglich, Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen. Vor allem für Menschen, die im Schichtbetrieb arbeiten oder lange Arbeitszeiten haben, muss die Betreuung in den Randzeiten noch besser werden.
Auch Unternehmen können sich für das Thema starkmachen, indem sie eine aufgeschlossene Informationspolitik betreiben und Mitarbeitern die Möglichkeit geben, flexibler arbeiten zu können. „Es gibt ja nicht nur Voll- und Teilzeit, 70%-Stellen sind zum Beispiel ein Modell, das zu selten genutzt wird“, erklärt die Frauenbeauftragte. In Trier haben Unternehmen außerdem die Möglichkeit zur Kinderbetreuung beispielsweise mit Palais e.V. oder dem Treffpunkt am Weidengraben zusammenzuarbeiten.
Kritik an Minijobs
In diesem Jahr hat der Equal Pay Day den Schwerpunkt auf Minijobs gelegt. Was für Studenten als eine einfache Möglichkeit etwas Geld dazu zu verdienen erscheint, kann auch deutliche Nachteile mit sich bringen, gerade für Mütter. Minijobs bergen die Gefahr „kleben zu bleiben“, das heißt nur selten ist es später möglich, in eine sozialversicherte Vollzeittätigkeit aufzusteigen. Eine berufliche Weiterentwicklung ist nur schwer möglich und sie festigen die Abhängigkeit vom Lohn des Partners. “ Frauen, die lange in Minijobs arbeiten, schaffen es außerdem niemals, die erforderlichen Beitragsjahre für die Rente mit 63 zu erreichen.“ so Petra Erbarth vom katholischen Frauenbund. „Oft sagen sie: „Ich habe mein Leben lang gearbeitet und bekomme trotzdem weniger Rente.““
Bessere Rahmenbedingungen schaffen
Es sei außerdem erstaunlich, dass der Unterschied noch so groß sei, wenn man bedenke, dass die Ausgangssituation in Sachen Bildung für Männer und Frauen mittlerweile so ausgeglichen sei. „Es muss ein Umdenken stattfinden, gerade bei denen, die Personalentscheidungen treffen und Männern womöglich den Vorzug geben, weil bei ihnen eine Kinderpause unwahrscheinlicher ist.“ Für Männer müsse es außerdem möglich sein, eine Auszeit zur Kindererziehung zu nehmen, ohne belächelt zu werden.
Eines der Geschäfte, die an der Aktion teilnehmen, ist Flax Naturtextil. „Die Politik müsste bessere Rahmenbedingungen schaffen, um es möglich zu machen, Kinder zu erziehen und gleichzeitig zu arbeiten“, sagt Inhaberin Anke Glatt. „Es kann nicht sein, dass Kindererziehung die Chancengleichheit stoppt.“
[statistik]Der Wert von 22% errechnet sich, indem man vom Bruttogehalt der Männer das der Frauen abzieht. Diese Lohnlücke beträgt 22% und ist ein unbereinigter Wert, der Ursachen wie die Berufswahl und Kinderpausen mit einbezieht. [/statistik]
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