von Stephen Weber
Es gibt Trends, die treiben seit Jahrzehnten unangefochten durch das digitalisierte Kielwasser. Auch in Zeiten von e-Books, Mikrowellencurrywurst und 3D-Blockbustern haben die unter den Fußballfans allseits beliebten Panini-Stickeralben jahrein jahraus Hochkonjunktur. 5vier.de stellt ihnen die Geschichte und so manche Kuriosität rund um die bunten Klebebildchen vor.
Sparschweine werden in den Kinderzimmern geschlachtet, der Schulpausenhof gleicht einem orientalischen Basar, gestandene Männer entdecken ihre bisher ungeahnte Liebe zur Sorgfältigkeit: Seit nunmehr 40 Jahren stillt Panini den Jagdtrieb fußballverrückter Stickerfantasten und lässt so manches Sammlerherz höher schlagen. Doch wo liegen die Wurzeln dieser Erfolgsstory? Die Geschichte beginnt bei zwei italienischen Brüdern, die aus einem einfachen Zeitungsstand in Modena ein Unternehmen formten, das viele Jahre später zum globalen Marktführer im Bereich selbstklebender Sticker geworden ist.
1961, noch vor der Einführung des Farbfernsehens, erschien in Italien das erste Aufkleberalbum zur Serie A, mit den Spieler-Portraits des hießigen Calcio. Und wie wir sehen, hat sich seitdem die Optik und das Grundprinzip nur geringfügig verändert:
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Es war der Anfang eines Virus, dem jung und alt in gleichem Maße erlagen. Aber erst 13 Jahre später griff die Epidemie auch auf Deutschland über. Pünktlich zur WM 1974 im eigenem Land kam das erste Sammelheft auf den Markt und fand zunächst großen Anklang in den Kinderzimmern. Kaufen, Zittern, Kleben, Tauschen – es wurde gefeilscht, geflucht, gejubelt und manche Freundschaft stand auf der Kippe, wenn der angeblich beste Kumpel einen bestimmten Spieler nicht herausrücken wollte. Das Sammeln war ebenso emotionsgeladen, wie der Fußball an sich.
Hier die Ausgabe zur Weltmeisterschaft 1974:
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Das erste Bundesligaalbum erschien dann 1979 und Panini ist von diesem Zeitpunkt an nicht mehr aus der deutschen Fußballlandschaft wegzudenken. Alle Profis sämtlicher Mannschaften ließen sich für die jährliche Ausgabe ablichten und offenbarten hierbei haarige Entgleisungen, unfotogene Adern und manche Trends aus früheren Jahrzehnten, die man inzwischen aus gutem Grund aus dem Gedächtnis verdrängt hat. Auf Welt Online wurden 15 Portraits mit besonderem Kultfaktor vorgestellt.
Bei der WM 2006 in Deutschland verkaufte Panini sagenhafte 800 Millionen Bildchen. Global betrachtet erwirtschaftet das Unternehmen jährlich einen Umsatz von geschätzten 95 Millionen Euro. Das Geschäft mit den Stickern macht hierbei ein Drittel aus. Wohl auch deshalb, weil die Konkurrenz rar gesät ist. Einzig die Tschuttiheftli aus der Schweiz haben dem Aufklebermonopol den Kampf angesagt und ihr Motto ist hierbei „Kunst statt Kommerz“. Mit künstlerischen Ambitionen, die das Auge ansprechen sollen, versuchen sie die starren Strukturen des altbewährten Panini-Systems zu durchbrechen. Interessierte können auf ihrer Homepage www.tschuttiheft.li mehr erfahren.
Für die EM 2012 in der Ukraine und Polen hat Panini selbstverständlich ein neues Album veröffentlicht. 539 Europameisterschafts-Aufkleber warten darauf, gesammelt, getauscht und eingeklebt zu werden. Die Palette reicht von verschiedenen Logos, über Stadien, Portraits, Action-Fotos bis hin zu historischen EM-Momenten. 60 Cent kostet in deutschen Schreibwarenläden und Co. ein Stickerpack, das fünf zufällig zusammengewürfelte Bilder beinhaltet. Aber was tun, wenn einem trotz vieler ausgegebener Euro einfach ein verflixter Spieler oder das bestimmte Glitzerwappen nicht in die Finger geraten will? Zum einem finden sich im Internet diverse Tauschbörsen, die entweder einen direkten Kauf oder ein Austausch ermöglichen. Wer es zum anderen persönlicher mag, ist in Trier gut aufgehoben. Das Internetportal www.staatsfunk.de und die Trierer Kunstakademie veranstalten am Sonntag, den 10. Juni um 14 Uhr eine große Tauschbörse für jedermann.
Hier ein bereits gefülltes Album zur EM 2012:
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Schnappt euch eure Aufkleber und euer Album und los geht’s! Beim eintrittsfreien Event gilt es, mit Gleichgesinnten zu handeln, zu fachsimpeln und um die Wette zu kleben. Wer nicht an Panini, aber an Fußball interessiert ist, kommt bei der Ausstellung “Atempause” der Fotografen Harald Mante und Eva Witter auf seine Kosten. Also, auf die Sticker, fertig, los!
Der 5vier.de Euro-Countdown:
1. Der Countdown beginnt – 5vier.de macht euch EM-Ready!
2. Sind Polen und die Ukraine reif für die EM?
3. Geheimtipps unter sich – Die Gruppe A
4. Big Macs, Münzwürfe und Ottokratie
5. Die Deutschen in der “Todesgruppe” B unter Druck
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