Text: Stefanie Braun
Am Samstag, den 3. Mai, wird das Schauspielstück „Glaube, Liebe, Hoffnung“ von Ödön von Horváth Premiere im Theater Trier haben. 5vier.de Redakteurin Stefanie Braun sprach vorab mit Regisseur Charles Muller, Kostümbildnerin Kathelijne Schaaphok und Hauptdarstellerin Fabienne Elaine Hollwege.
Es wird ein sehr modernes Bühnenbild sein, in dem sich das düstere Geschehen des Stückes „Glaube, Liebe, Hoffnung“ abspielen soll. Sehr klinisch, sehr ästhetisch, geometrisch und modern, wie Kostümbildnerin Kathelijne Schaaphok es im Interview beschreibt. Es wurde dabei an ein Aquarium gedacht: „Man kann die einzelnen Figuren dabei beobachten, wie sie sich über die Bühne bewegen, wie Fische in einem Aquarium, die mal gemeinsam schwimmen, dann wieder alleine, aber immer ziellos, hoffnungslos.“ Die Kostüme sollen dabei einen Kontrast bilden zum sehr modernen Bühnenbild. Zeitgenössisch, ganz im Stile der 30er Jahre, ebenso die Requisiten. Auch von den Stoffen her blieb man zeitgemäß: „Wir haben ganz viele natürliche Stoffe verwendet, wie Baumwolle, Leinen oder ähnliches. Lycra und andere synthetische Stoffe gab es zu dem Zeitpunkt ja noch nicht.“ Bei einzelnen Figuren blieb man nicht ganz im zeitlichen Rahmen, einige sind in den Kostümen wesentlich früher angesiedelt, in den 20ern, was ihnen wiederum einen noch verklemmteren, ein bisschen zurückgebliebenen Charme verleiht. Farblich folgte man einer klaren Richtung: „Alle Farben sind gut, solange sie grau sind, das war die Anweisung vom Regisseur.“, lacht Schaaphok. „Auf diese Weise erscheint alles ein bisschen veraltet, als wäre ein Grauschleier darüber. Aber jede Figur hat ihre persönliche Farbe, auch wenn es im Grauen bleibt. Jeder hat seinen eigenen Ton.“
Grau in Grau
Für die Kostüme hat sie viele Recherchen betrieben; zu den 30er Jahren, der Weimarer Republik, der Zwischenkriegszeit und dem Börsencrash, der Arbeitslosigkeit. „Eine ganz arme Zeit, in der Frauen viel mitarbeiten mussten, um ihren Männern unter die Arme zu greifen. Was sich auch auf die Kleidung ausgewirkt hat: Kleidung für Frauen wurde viel bequemer, das Korsett fiel ganz weg, die Schnitte wurden einfacher. Frauen mussten beweglicher sein.“
Um eine Frau, die Arbeit sucht, geht es auch in dem Stück von Horváth und in der Inszenierung von Charles Muller. Elisabeth will ein Gewerbe anmelden; eine Notlüge, um den nötigen Schein zu bekommen, wird ihr im Laufe des Stückes zum Verhängnis. Dennoch geht sie unbeirrbar ihren Weg. „Es gab eine große Anzahl von Frauen, die sich prostituierten und eine hohe Zahl von Selbstmorden. Elisabeth will diesen Weg nicht gehen, sie will arbeiten, geht allerdings im Heer der Arbeitslosen unter. Es ist also auch ein Stück über Frauen.“, so Muller im Interview. Aber es ist auch ein Stück über die Moralvorstellungen der Zeit. Das hat nicht so zu sein, das tut man nicht, das sagt man nicht. Ein Stück über Moral, Menschen und Kommunikation. Oder eben auch Nicht-Kommunikation.
„Die Figuren leiden alle an Kommunikationsproblematiken, sie möchten mehr ausdrücken, als sie gerade in Worte fassen können. Das ist die Geburtsstunde des Missverständnisses.“ Doch statt mehr zu reden, wenn man mehr ausdrücken möchte, ziehen die Figuren es vor, zu schweigen. Muller bezeichnet es als einen „Zug der Zeit“, nicht direkt zu reden. An Mut fehlt es laut ihm nicht, die Menschen dieser Zeit machten andere mutige, vielleicht verrückte Sachen. Für ihn ist es mehr ein Stand der Bildung, einer gewissen Verklemmung. „Die Figuren sind sprachlos. Aber keinesfalls gefühllos. Gefühle sind da, allerdings entladen die sich erst ganz am Schluss, wenn’s schon zu spät ist.“
Die Farbe im Herzen
Gibt es Wege aus dieser Kommunikationslosigkeit, kann man fragen. Ja, aber dort wo man sie nicht vermuten würde: „Das Stück ist voller Stillen, die wiederrum eine Wende beinhalten könnten, dass der Dialog anders weitergeht. Eine Stille, die man ganz unterschiedlich füllen könnte, von Dialog zu Dialog anders: „Mal mit einem „Ich liebe Dich“ oder mit einem „Ich liebe Dich nicht.“ Manchmal auch mit einem „Ich liebe Dich nicht, aber ich brauche dich.““
Wie geht nun aber ein Schauspieler und vor allem eine Hauptdarstellerin mit Schweigen um? „Indem man ganz viel denkt.“, so Fabienne Elaine Hollwege: „Die Stillen sind gefüllt mit Dingen, die man tun möchte, aber nicht rausbringt. Oder man hat eben nur zwei Wörter im Textbuch vorgemerkt und möchte aber eine ganze Welt erzählen. Die eigene Welt erzählen.“ Vom Erzählen, dem Text her, gingen Muller und seine Schauspieler auch an Horváths Stück heran: „Man redet ja gerne von einer Kunstsprache bei Horvárth, die funktioniert aber nur, wenn sie mit Inhalt gefüllt ist und mit klaren Emotionspunkten.“, so Muller. Für ihre Figur Elisabeth gibt es aus dem Strudel der Sprachlosigkeit und Missverständnisse keine Lösung in dem Sinne. „Sie hat ihren Weg, ihr eigenes Verhalten und trägt so eine große Gradlinigkeit in sich. Dadurch fast eine Weltfremdheit.“, so Hollwege. Und somit eine Fremdheit zu der Gesellschaft, in der sie lebt. „Das Hauptthema des Stückes ist der Mensch in der Gesellschaft, wie wird das Individuum von den anderen behandelt und wie behandelt es andere. Wie ist der Umgang miteinander? All dies kann zu Fehlinterpretationen und Missverständnissen führen.“, erklärt Regisseur Muller. Missverständnisse, die das Bühnenbild bloßlegt, es ermöglicht eine freie, eine pure Sicht auf das Geschehen. „Es ist trotzdem visuell sehr ansprechend: Durch Licht und Dunkel, durch helle Strukturen und Schatten und den Grautönen. So wie das Leben auch ein bisschen ist.“ Farben wird es auf der Bühne angedeutet auch geben: In den Kostümen und in den Herzen der Schauspieler, nach Muller: „In den Herzen ist das große Bedürfnis nach Anerkennung, nach Liebe, nach Zärtlichkeit. Es wird aber in keinster Weise vorgetragen, nur als Illusion.“
Fotos: Marco Piecuch
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